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Copyright Reform – Warum EU Ländern ein ärmeres Internet bevorsteht

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Copyright Reform – Warum EU Ländern ein ärmeres Internet bevorsteht

Die EU Copyright Reform soll Urhebern von Inhalten mehr Schutz gegen Copyright-Verstöße im Internet einräumen. Das klingt erst mal gut. Der Haken? Das Ganze könnte unter merklichen Einbußen von Internetfreiheiten für europäische Nutzer geschehen.

Seit Juni werden die neuen Richtlinien diskutiert. Dabei sorgen die Artikel 11 und 13 für besonders viel Skepsis. So fordert Artikel 11, dass Snippets von Links in Zukunft eine Nutzerlizenz für die kurzen Textausschnitte oder Vorschaubilder benötigen. Artikel 13 hingegen zielt darauf ab, die Verantwortung für Copyright-Verstöße von Nutzern auf die Plattforminhaber zu verschieben. Momentan haften diese nur, wenn sie geschützte Inhalte nach Aufforderung nicht löschen. Jedoch sollen diese nach den neuen Regelungen schon haften, wenn geschützter Inhalt überhaupt auf deren Seiten unrechtmäßig geteilt wird. Somit werfen beide Artikel wichtige Fragen über die Form ihrer praktischen Vollziehung auf. Fragen, die bis jetzt ungeklärt bleiben.

Mögliche Folgen der Copyright Reform

Glücklicherweise müssen wir hier nicht auf Antworten von den Autoren der neuen Richtlinien warten, da wir Beispiele aus jüngster Vergangenheit haben, die uns ein Bild der potenziellen Folgen aufzeigen. Für Artikel 11 gibt der GEMA Disput mit Youtube ein gutes Beispiel, wie die Richtlinie vollzogen werden könnte. Hier wurden lizenzpflichtige Inhalte gesperrt, manchmal auch unrechtmäßig. Denn für Youtube war es sicherer, viel zu viel Inhalte als zu wenige zu sperren. So wurden auch manche Künstler unter der GEMA-Rechtserklärung geblockt, die gar nicht unter der GEMA vertreten waren.

Inhaltsblockmeldung
Sperrmeldung für GEMA Inhalte – Ein vertrautes Bild für Youtubenutzer bis 2016

Somit liegt nahe, dass Snippets ein ähnliches Schicksal erleiden könnten, falls die Plattformen nicht die anstehenden Gebühren zahlen wollen. Auch bleibt der Lizenzprozess unklar für den Fall, dass Konzerne wie Facebook, Google oder Reddit sich bereit erklären Gebühren zu bezahlen. So mag das Ganze vielleicht noch für größere Medienkonzerne funktionieren. Schließlich könnte man dort Allgemeinlizenzen abhandeln, die ihre gesamten Inhalte abdecken. Allerdings funktioniert dies nicht mehr für die unzähligen kleinen Seiten, wie beispielsweise private Blogs. Dort ist es schlicht unmöglich im Voraus, sämtliche Lizenzrechte zu erwerben. Somit müssen Plattformen sich entscheiden, ob sie diese Inhalte filtern oder unzählige Klagen riskieren wollen.

vorher/nacher EU Google
Links, heutiges Google. Rechts, potenzielles Google nach der Richtlinien Umsetzung.

Recherchen könnte generell um einiges mühsamer werden, mit eventuell abgespeckten Suchergebnissen.

Filterfurcht

Wer nach Artikel 11 vielleicht noch denkt „Das sind doch nur Snippets!“, der möchte sich an Artikel 13 vom Anfang erinnern. Hier würden Plattformen für alle Arten von Urheberrechtsverstößen haften, die auf ihren Seiten stattfinden. So muss man sich als Plattforminhaber fragen, wie man unter solchen Richtlinien schuldfrei bleiben kann. Eine Antwort darauf wären sogenannte Uploadfilter, die alle Inhalte vor dem Teilen oder Hochladen gegen eine Datenbank mit geschützten Inhalten durchprüfen. Das Content ID System von Youtube verfolgt genau dieses Prinzip für Videos. Auch hier können wir uns aus der Umsetzung ableiten, wie sich das Internet für die EU ändern könnte.

Das Content ID Debakel

Seit der Einführung frustriert das System Inhaltsersteller auf Youtube. Insbesondere sorgen unzählige Fälle, in denen das Urheberrecht inkorrekt zugeteilt wurde, für Frustration in der Youtube-Gemeinde. So erkennt das System nicht, ob Inhalte vom Zitatsrecht oder dem amerikanischen „Fair Use“ Prinzip Gebrauch machen. Beispielsweise gibt es Firmen, die Kritiken zu ihren Produkten als ihre Inhalte beanspruchen und so das Video unzugänglich machen. Ebenso gibt es keine Kontrolle, ob Copyright-Ansprüche überhaupt von berechtigten Parteien kommen: Sogenannte Copyright-Trolle versuchen aus Jux Probleme für Youtube-Kanäle mit unrechtmäßigen Inhaltsansprüchen zu erzeugen. Diese Art von „trolling“ hat auch zum ein oder anderen unberechtigten Bann eines Kanals geführt. Bis heute ist das automatisierte Content ID System offen für reichlichen Missbrauch. Die einzige Abhilfe für Inhaltsersteller war hier der Zusammenschluss zu größeren Netzwerken. Für einen Anteil der Einnahmen von Erstellern übernimmt das Netzwerk alle juristische Arbeit im Falle von unrechtmäßigen Inhaltsansprüchen.

Frustration Content ID
Content ID, oft Stressquelle für kleinere und unabhängige Youtube-Kanäle

Und Inhalte außerhalb der Datenbank?

Das ist eine der Fragen, die unbeantwortet bleiben. Denn Content ID kann nur gegen Inhalte prüfen, die Bestandteil der Datenbank sind. Auch wenn wir ignorieren, wie problembehaftet das Content ID System für Videos funktioniert, dann müssen wir uns immer noch fragen, wie das Filtern andere Arten von Inhalten abhandeln soll. Insbesondere Bilder sind hier ein großes Fragezeichen. Wenn man bedenkt, wie leicht das Erstellen von Bildern heutzutage ist, so kommt man nicht umhin sich zu wundern, wie der Prüfprozess stattfinden soll. Muss dann jedes Bild in die Datenbank mit Urheberzertifizierung aufgenommen werden, bevor man überhaupt noch etwas damit im Internet anstellen darf? Wie lange würde der Prüfprozess dann dauern? Es scheint sehr fraglich, ob ein System gegen die Flut von weltweit neu erstellten potenziell geschützten Bildern nachkommen kann. Da kann man wohl nur alle Bilder sperren oder auf die Gutmütigkeit von Urhebern hoffen, deren Rechte verletzt wurden.

Möglichkeiten zum Widerspruch

Wer gegen die Copyright Reform ist und etwas tun will, der hat im derzeitigen Stadium des Entscheidungsprozesses leider nicht mehr viele Möglichkeiten. Öffentlicher Druck ist ein Faktor, der noch Einfluss auf das Ergebnis nehmen könnte. Bis Anfang 2019 hat man Zeit laut zu werden. Auch wenn dies unbefriedigend erscheint, sollte man nichtsdestotrotz informiert bleiben, anstatt der Apathie nachzugeben. Denn 2019 steht die nächste Europawahl für die Abgeordneten an. In Deutschland werden diese von allen wahlberechtigten Bürgern direkt gewählt. Wer informiert bleibt, kann Vertreter wählen, die gegen solche Richtlinien stimmen würden. Deshalb ist es empfehlenswert sich über die bisherigen Abstimmungen zu informieren. Ebenfalls kann man versuchen, den derzeitigen Parlamentsvertreter Axel Voss, direkt zu kontaktieren.

EU Parlament in Brüssel

Schlusswort

Es ist mir nicht möglich, bei so einem riesigen Thema alle Nuancen und Positionen zu vertreten. Deshalb möchte ich hier zur Eigenrecherche aufrufen. Der Artikel spiegelt nur meine eigenen Bedenken relativ zu meinem Verständnis der Richtlinien wider. Copyright Reform ist ein vielschichtiges Thema, bei dem nicht nur die Nutzerperspektive eine Rolle spielt. Insbesondere für Medienschaffende wie uns reicht es nicht aus, sich gegen jedwede Freiheitseinschränkung zu sträuben. Die potenziellen Berufsfelder für M+I könnten sich leicht in einer Gegenposition wiederfinden. Auch wenn ich persönlich die Artikel 11 und 13 für katastrophal halte, ist es wichtig, über den momentanen Zustand des Internets zu reflektieren. Gibt es Freiheiten, die wir abtreten können, um faire Vergütung für Inhaltsersteller zu gewährleisten? Eine Frage, die für uns als allgemeine Nutzer und potenzielle Kreateure relevant bleibt.