Im Studium fühlt sich der Alltag oft an wie ein Hamsterrad: Man rennt, rennt und rennt, um den Leistungsdruck irgendwie zu meistern. Labore, Abgaben, Präsentationen, Klausuren – und irgendwo dazwischen soll man auch noch herausfinden, „was man später mal werden möchte“.
Ich hatte irgendwann das Gefühl, dass ich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehe. Und als ich mir Gedanken über meine berufliche Zukunft machte, war es plötzlich sogar umgekehrt: Ich sah im Wald überhaupt keinen einzelnen passenden Baum.
Ich möchte dir in diesem Artikel nicht nur erzählen, wie ich selbst meinen Weg gefunden habe, sondern auch einen Leitfaden geben, der dir hilft, deinen eigenen „goldenen Baum“ zu entdecken.
Mein Wendepunkt: Als es endlich Klick machte
Bei mir kam die Erkenntnis spät. Erst im fünften Semester stach ein einziges Modul aus der Menge heraus. Es war weder bedeutend noch besonders präsent im Studienplan. Aber es hat mir Spaß gemacht. Echten Spaß, so wie man es oft vergisst, wenn man lange nur „funktioniert“.
Da fiel mir ein Rat ein, den ich noch vor dem Studieren, beim StartING von mehreren Recruitern gehört hatte:
„Sucht euch etwas, das euch Freude macht. Wenn die Tätigkeit selbst Spaß bereitet, fühlt sich Arbeit nicht wie Arbeit an.“
Dieser Satz hat mich später immer wieder begleitet. Und rückblickend war genau das mein erster innerer Kompass.
Vielleicht gibt es auch bei dir ein Fach, ein Hobby oder einen Moment, der dich hat aufhorchen lassen. Achte darauf, denn solche Funken sind oft wertvoller als vollständige Berufsbilder.
Wenn du den Weg nicht siehst – lass andere die Taschenlampe halten
Nicht jeder findet seine Richtung sofort. Manchmal weiß man nur, was nicht passt. Und genau dann helfen andere Menschen enorm weiter.
Ich habe irgendwann angefangen, Menschen in meinem Umfeld konkret zu fragen: „Was fällt euch bei mir auf? Was geht mir schnell oder leicht von der Hand?“ Die Antworten haben mich überrascht.
Plötzlich ging es nicht mehr um Noten oder Studienleistungen, sondern um Dinge aus meinem Alltag und meiner Kindheit:
- Dass ich schnell ein Problem löse
- Dass ich komplizierte Dinge runterbreche und leicht erkläre
- Dass ich Abläufe und Muster sehr schnell erfasse

Lange habe ich solche Dinge als nebensächlich betrachtet. Dabei sagen sie enorm viel über uns aus: Problemlösung, Mustererkennung, strategisches Denken.
Falls du ein Hobby hast, frag deine Teamkollegen: „Warum spielt ihr eigentlich gern mit mir?“
Da kommen oft ehrliche Antworten, die Fähigkeiten sichtbar machen, die im Lebenslauf nie erwähnt werden.
Auch Professoren, Kommilitonen und besonders die Agentur für Arbeit können wertvolle Hinweise geben. Gerade die Agentur war für mich überraschend hilfreich: Dort habe ich den Tipp erhalten, regelmäßig Stellenanzeigen zu analysieren. Nicht nur, wenn man akut etwas sucht. Man versteht dadurch, welche Fähigkeiten gefragt sind und wie sich der Markt verändert. Dadurch habe ich aus einer ungefähren Richtung einen tatsächlichen Berufswunsch machen können.
Die Potenzialanalyse: Sich selbst einmal richtig kennenlernen
Eine echte Bereicherung war für mich der Workshop „Potenzialanalyse, Profilbildung und erfolgreiches Selbstmarketing“ des Career Centers der HS Offenburg.
Dort habe ich erstmals strukturiert festgehalten:
- Welche Stärken ich tatsächlich habe
- Welche Verhaltensmuster sich durch mein Studium und meine Kindheit ziehen
- Welche Werte mir wichtig sind
- Und wie andere Menschen mich einschätzen
Es klingt banal, aber erst wenn man das schwarz auf weiß hat, versteht man wirklich, warum manche Berufe passen und andere nicht.
Ich habe danach begonnen, alles auf einem großen Blatt (oder eher: einer ganzen Mindmap-Wand) zu sammeln. Auch Tools wie 16Personalities, Strengthsfinder oder das Ikigai-Modell haben mir geholfen.
„Ikigai“ war besonders wertvoll, weil es zeigt, wo sich vier Bereiche überschneiden:

- Was du liebst
- Was du gut kannst
- Was die Welt braucht
- Wofür du bezahlt wirst
Ikigai
Denke diese vier Punkte gründlich durch. Dann wird vieles wie ein Puzzle zusammenpassen.
Praxis: Probieren geht über Studieren
Als ich eine ungefähre Richtung hatte, habe ich versucht, praktische Erfahrungen zu sammeln – das geht mit Nebenjobs, Projekten oder dem Praxissemester.
Vielleicht klappt nicht jedes Praktikum. Bei mir lief eines nicht wie geplant, weil meine gewünschte Richtung durch KI-Veränderungen plötzlich nicht mehr gefragt war.
Das war frustrierend, aber es hat mir geholfen, meine Suche neu auszurichten, so dass der zukünftige Beruf auch in Zukunft bestand hat.
Wichtig ist:
Manchmal findet man den richtigen Beruf nicht durch Erfolg, sondern durch Ausschluss.
Jobsuche: Mustererkennung statt Titeljagd
Ich habe irgendwann aufgehört, nur nach dem perfekten Jobtitel zu suchen. Stattdessen habe ich geschaut: Welche Eigenschaften verkörpere ich – und welche Berufe brauchen sie?
Beispiele aus meinem eigenen Profil:
- Schnelle Mustererkennung → Datenarbeit, UX-Research, Analyse
- Strategisches Denken → Projektsteuerung, Konzeption
- Organisation → Verwaltung, Assistenz, Prozessentwicklung
Und plötzlich öffneten sich ganz neue Felder, die ich vorher nie in Betracht gezogen hätte.
Regelmäßiges Durchstöbern von Stellenanzeigen ist einer der besten Tipps, die ich je bekommen habe. Alle zwei, drei Wochen verändern sie sich – und genau diese Veränderungen zeigen dir Trends, Chancen und Lücken.
Du kannst die Region Offenburg gezielt beobachten:
- Jobbörse der Stadt Offenburg
- Agentur für Arbeit
- Schwarzwälder Bote Jobs
- Badische Zeitung Jobs
- HS-Offenburg Jobportal
LinkedIn wurde für mich zusätzlich zum wichtigsten Networking-Tool. Über Suchaufträge habe ich Firmen gefunden, die ich sonst nie entdeckt hätte.
Bewerben: Wie ich gelernt habe, meine Stärken sichtbar zu machen
Bewerben war für mich eine der größten Hürden, besonders das Anschreiben.
Wenn es dir auch so geht: Du bist nicht allein.

Mit der Zeit habe ich eine Struktur entwickelt, die alles einfacher macht. Keine reine Liste, keine „Tipps“ – sondern ein roter Faden, an dem sich ein Anschreiben fast wie von selbst entwickelt. Die Dozentin des Workshops „Potenzialanalyse, Profilbildung und erfolgreiches Selbstmarketing“ hat meine Liste noch mit vier Kernfragen ergänzt, die ich sehr passend finde.
Die vier Fragen, die dir jedes Anschreiben erleichtern:
- Wer bin ich?
Starte nicht mit Floskeln. Sag klar, wer du bist, was du studierst, wo du gerade stehst. - Was tue ich aktuell – und was kann ich?
Erzähle, was du bisher gelernt hast, welche Projekte dich geprägt haben und welche Verantwortung du übernommen hast. Das müssen keine großen Titel sein. Es reicht, wenn man erkennt, was dir leichtfällt und was du kannst. Zeige deinen Mehrwert anhand echter Beispiele. Eine Bewerbung ist keine Bescheidenheitsübung, aber auch kein Marketingroman. Bleib ehrlich und konkret. - Was strebe ich an? Warum genau diese Stelle?
Sag, wohin du möchtest und warum ausgerechnet diese Position dir dabei hilft. Recruiter wollen wissen, ob du dir Gedanken gemacht hast. „Ich suche eine spannende Position“ ist kein Ziel. „Ich möchte meine analytische Stärke im Bereich XY einbringen“ dagegen schon. - Und was macht mich besonders?
Ein Anschreiben ohne Persönlichkeit bleibt unsichtbar. Erzähle, was dich begeistert und was dich antreibt. Das darf ruhig etwas unkonventionell sein. Leidenschaft bleibt im Kopf.
Vorstellungsgespräch: Die Kunst der ehrlichen Vorbereitung
Die wichtigste Erkenntnis: Übung macht alles leichter.
Ich stand oft genug vor dem Spiegel und habe mir selbst Fragen beantwortet.
Was mich besonders weitergebracht hat:
- JobTeaser-Angebote nutzen (gern mehrere, die Meinungen unterscheiden sich!)
- YouTube-Interviews (z.B. von Silke Koppitz)
- Gespräche mit Freunden oder Eltern
- Mikro-Übungen wie: „Antwort auf die Frage ‚Was ist deine Schwäche?‘ ohne Ausreden.“
Eine meiner besten Antworten kam aus einem echten Erlebnis:
Ich hatte mir einmal zu viele Module aufgeladen und ging nebenher noch arbeiten. Kurz vor der Klausurenphase habe ich beides nicht mehr unter einen Hut bekommen. Deshalb musste ich mich von einer Klausur abmelden. Das war eine Schwäche, aber auch eine Geschichte über Grenzen, Verantwortung und Konsequenzen.
Und genau das suchen Personalverantwortliche: Ehrlichkeit und Reife.
Der Wald, die Bäume und dein eigener goldener Baum

Heute weiß ich:
Der Berufsweg ist kein gerader Pfad, sondern eher ein Wald voller Fragen, Möglichkeiten und Irrwege. Und manchmal sieht man wirklich weder Wald noch Bäume. Trotzdem steht dein eigener „goldener Baum“ dort irgendwo.
Der eigene goldene Baum
Du findest ihn, wenn du:
- reflektierst, wer du bist
- andere fragst, was sie in dir sehen
- ausprobierst, was dir Freude macht
- zwischen den Zeilen von Stellenanzeigen liest
- und mutig genug bist, neue Wege zu gehen
Am Ende wirst du plötzlich etwas entdecken:
einen Beruf, der sich nicht wie ein Kompromiss anfühlt – sondern wie ein Zuhause.
Ich selbst stehe noch nicht ganz am Ziel, aber ich spüre, dass ich die Hauptrichtung zu meinem goldenen Baum gefunden habe. Eine Richtung, die sich nicht wie ein Kompromiss anfühlt, sondern wie ein Zuhause. Mein nächster großer Schritt steht mit dem bevorstehenden Praktikum unmittelbar bevor und ich freue mich darauf, diesen Weg konkret zu erkunden.
Und dann lautet das Sprichwort endlich:
Im Wald des Berufslebens habe ich meinen Baum gefunden.
Quellen
Bewerbungsunterlagen:
Bildquellen
Alle Bilder und Grafiken sind mit KI generiert