Studentenleben

Tradition trifft Moderne – Interview mit einem Junghotelier

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Tradition trifft Moderne – Interview mit einem Junghotelier

Nach seiner Ausbildung und mehreren Jahren Berufserfahrung in der Sternehotellerie kehrt Roman K. zurück in seine Heimat, um dort das von seinen Eltern geführte Hotel zu übernehmen und in die Zukunft zu führen. Ich habe Roman K. getroffen und ihm ein paar Fragen gestellt, deren Beantwortung einen kleinen interessanten Einblick in die Welt der Hotellerie und Gastronomie ermöglichen.

War für dich von Anfang an klar, dass du eines Tages den elterlichen Betrieb übernehmen willst?
„Der Berufswunsch wächst mit der Zeit, beziehungsweise mit der Erfahrung. Schon als kleines Kind habe ich mich immer sehr für die Hotellerie interessiert. Ich bin ja auch quasi mit und in dem Hotel aufgewachsen. Die Entscheidung, wirklich den Beruf des Hotelliers erlernen zu wollen, fiel sehr früh. So habe ich mich nach dem Abitur für eine Ausbildung entschieden. Damit war dann auch klar, dass ich das Hotel meiner Eltern einmal übernehmen werde.“

Kam früher einmal die Frage auf, ob es nicht auch eine deiner beiden Schwestern machen will?
„Diese Frage stand eigentlich nie im Vordergrund, da beide sich für einen anderen Beruf und eine Laufbahn weit weg vom Hotelbusiness entschieden haben.“

Mit der Entscheidung, das Hotel eines Tages zu übernehmen, hast du beschlossen, voraussichtlich den Rest deines Lebens im Hochschwarzwald zu verbringen. Fiel dir diese Entscheidung leicht, oder hattest du Bedenken, damit deine Freiheit einzubüßen?
„Ich unterteile hier die Antwort in zwei Teile.
1. Mit der Entscheidung das Hotel zu übernehmen war auch klar, dass ich dafür im Schwarzwald leben muss. Ich liebe meine Heimat und bin auch ein überzeugter Freiburger und Schwarzwälder, jedoch weiß ich natürlich nicht, was die Zukunft bringen wird und ob ich diese Entscheidung eines Tages tatsächlich einmal  bereuen werde. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich aber sagen: auf keinen Fall. Mit dem Wort Heimat definiere ich übrigens auch einen Großteil meines Schaffens und meiner Vision, mein Hotel zu führen und voranzubringen. Denn auch ein Hotel kann ein Stück Heimat sein. Sowohl für den Gast, als auch für den Mitarbeiter.
2. Zur Frage mit der Freiheit: jeder definiert Freiheit anders. Für mich war es immer klar, dass ich eines Tages selbstständig sein und daher auch keinen Chef über mir haben werde. Was bedeutet für mich Freiheit? Freiheit ist für mich das tun zu können, wie und wann ich es möchte. Ich bin ein Mensch, der sicherlich hin und wieder aus dem biederen Alltag ausbrechen muss, und dann gerne einmal wegfährt, um Kraft zu tanken und neue Ideen zu sammeln. Klar ist aber, dass man sich mit diesem Beruf auch für ein Leben für die Gäste entscheidet und auch ein Stück Privatsphäre und Freiheit aufgibt. Das ist aber – denke ich – in der Dienstleistungsbranche normal.“

Eingangsbereich des Hotels - ganz im Stil der schwarzwälder Hotellerie
Eingangsbereich des Hotels

Wie war dein Werdegang nach deinem Schulabschluss?
„Nach meinem Abitur bin ich auf eine private Hotelfachschule in Bayern, genauer gesagt in Bad Reichenhall, gegangen. Hier habe ich ein dreijähriges Studium absolviert, das sehr praxisnah ausgelegt war. Hier habe ich alle Bereiche der Hotellerie sehr umfassend kennengelernt. Zudem habe ich ein Praxisjahr im Hotel Traube Tonbach im Nordschwarzwald absolviert. Dort war ich am Empfang und in der Guest Relation, sowie ein halbes Jahr im Service in dem 3 Sterne Restaurant Schwarzwaldstube.
Danach habe ich in einem kleinen Gourmetrestaurant gekocht. Hier war es mir wichtig, die Basics zu erlernen und Erfahrungen im Küchenbereich zu machen. Später muss ich wissen, was meine Köche am Herd leisten, und was ich ihnen zumuten kann.
Nach dem Nordschwarzwald ging es nach Kitzbühel. Vielleicht war eine Portion Glück dabei, ich weiß es nicht, aber ich bekam sofort die Stelle des stellvertretenden Guest-Relation Managers, also Concierge (zum Beispiel: Betreuung der Gäste , Planung und Durchführung von VIP-Events).
Nach zwei spannenden Jahren zog es mich nach Hamburg zu Karlheinz Hauser, einem prominenten Sterne- und TV Koch. In seinem Hotel habe ich Veranstaltungen und Hochzeiten von 20 bis 2000 Personen organisiert. Mein Highlight war sicherlich die Planung und Durchführung des Caterings der Feierlichkeiten im Rahmen der Verleihung der Goldenen Kamera.
Aus privaten Gründen zog es mich bereits nach einem Jahr und vielen, vielen Stunden Arbeit wieder zurück nach Kitzbühel. Durch einen praktischen Zufall sogar wieder in das gleiche Haus, das A-ROSA Kitzbühel, in dem ich nun als Empfangschef für 20 Mitarbeiter und 150 Zimmer verantwortlich war. Eine wunderbare und sehr lehrreiche Zeit. Im Frühjahr 2017 kam dann der erste Gedanke auf zurück in die Heimat zu gehen. Nach langen Überlegungen und vielen Gesprächen habe ich mich dazu entschlossen, im Sommer 2017 nach Hause zu kommen und das Hotel zu übernehmen.“

Was waren deine größten Befürchtungen als du nach deinem letzten Arbeitgeber in Kitzbühel in Richtung Elternhaus gezogen bist?
„Eigentlich hatte ich nie große Bedenken oder Befürchtungen. Klar ist, dass – gerade zum Thema ‚Tradition trifft Moderne‘ – Konflikte entstehen, natürlich auch mit meinen Eltern. Hier braucht es viel Fingerspitzengefühl, um das alles im Gleichgewicht zu halten. Jedoch hatte ich nie Befürchtungen oder Angst! Diese sollte man auch nicht haben, wenn man selbstständig ist.“

In welchen Punkten harmonierst du mit der Art deiner Eltern das Hotel zu führen?
„Was uns in erster Linie verbindet, ist die Liebe zum Beruf und das ‚Gastgeber-sein‘. Ohne diese Passion kann man – glaube ich – diesen Beruf nicht ausüben. Die Harmonie entsteht bei uns durch das individuelle Arbeiten. So trägt jeder zum Erfolg bei. Bei meinen Eltern zählt  natürlich die Erfahrung. Sie kennen jeden Gast und haben dadurch natürlich ein wenig mehr Gelassenheit. Bei mir sind es die neuen Techniken, gerade was die Vermarktung und den Verkauf im Netz und über Social-Media angeht. Mit diesen Dingen hatten meine Eltern nie viel zu tun, da  ihre Generation das nicht gelernt und gebraucht hat. Durch mein Knowhow und ihre Erfahrung erreichen wir aktuell eine tolle Symbiose und auch Harmonie. Was ich ganz spannend finde ist die Mitarbeiterführung unter der Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse. Ich glaube, unsere heutige Generation denkt ganz anders über Arbeit, Arbeitszeiten und den Menschen als Arbeitskraft. Meine Eltern haben noch in einer Zeit gelernt und gearbeitet, in der Mitarbeiter ‚als Menschen‘ – gerade in der Hotellerie und Gastronomie – nicht so viel wert waren. Früher hatte man auch noch genug Personal. Der gute Ruf des Hauses reichte aus, die viele Arbeit war egal und wurde gerne gemacht. Ich komme aus einer Zeit, in der die Mitarbeiter das wichtigste Gut sind. Täglich befasse ich mich mit diesem Thema und versuche neue Arbeitszeitmodelle oder auch allgemein neue Modelle zu entwickeln, die das Arbeiten gerade in unserer Branche wieder attraktiv machen.“

In welchen Punkten harmoniert ihr nicht so? Wo siehst du Modernisierungen oder andere Ansätze der Hotelführung für notwendig?
„Wie oben schon erwähnt, zum Thema Mitarbeiter, möchte ich, dass meine Eltern das auch so sehen. Sonst sind es nur Kleinigkeiten, Geschmäcker sind verschieden. Klar ist, dass meine Mutter einen modernen, kahlen Tisch ohne Tischdecke vielleicht etwas unpassend findet, den ich wiederum sehr schön finde…. aber im Großen und Ganzen stimmen meine Eltern mir in allem sehr zu und wissen natürlich auch, dass die Zukunft, in der ich leben und arbeiten muss, von mir mitgestaltet werden muss. Summa summarum stehen wir uns in keinster Weise im Weg, im Gegenteil.“

Gastraum des hoteleigenen Restaurants im schwarzwälder Stil
Gastraum des hoteleigenen Restaurants

Unter deiner Federführung wurde das Hotel ein Stück weit digitalisiert: Neben dem großen, dicken Reservierungsbuch an der Rezeption steht nun auch ein großer Server in eurem Büro, die einzelnen Kassensysteme im Haus sind vernetzt, die Buchungen finden mittlerweile zum großen Teil online statt, das Hotel hat einen neuen und professionellen Online- und Social-Media Auftritt und ihr seid auf allen gängigen Onlineportalen vertreten. Wie haben deine Eltern reagiert, als du diesen großen Schritte in Richtung Zukunft vorgeschlagen hast?
„Hier gab es nie Gegenwind oder irgendwelche Diskussionen. Wir reden hier natürlich auch von einer wirtschaftlichen Notwendigkeit. Vor allem mein Vater war sich immer der Tatsache bewusst, dass diese Schritte kommen werden, wenn ich nach Hause komme. Es war vielleicht auch ein wenig an der Zeit und notwendig. Was ich ganz amüsant finde, dass man erfahrene und moderne Menschen, so wie meine Eltern es sind, dann doch noch überraschen kann. Mit kleinen Online-Angeboten zum Beispiel, durch die Buchungen erzielt werden können… meine Eltern erfreuen sich daran. Oft höre ich den Satz: ‚toll diese Buchung hätten wir ohne Booking.com jetzt nicht gehabt‘.“

Du hast in der high-class Hotellerie in Deutschland und Österreich gearbeitet – welche deiner gesammelten Eindrücke fließen nun in das eigene Hotel mit ein?
„Ich habe mich immer gerne in traditionsreichen Destinationen und Hotels aufgehalten. Für mich ist die Tradition in Verbindung mit modernen Einflüssen eine wichtige Erkenntnis und Teil meiner Philosophie in der Hotellerie. Was ich mitgenommen habe, ist, dass zum Beispiel auch in einem kleinen, feinen Familienhotel, wie wir es sind, Dinge, die es in der großen high-class Hotellerie gibt, auch umsetzbar sind. Und das geht nur, wenn man die Erfahrungen gemacht hat, was alles in der 5 Sterne Hotellerie möglich ist. Oftmals ist der Gast heute auf der Suche nach Besonderheiten, die man nicht in erster Linie mit Geld kaufen kann. Diese Besonderheiten möchte ich unseren Gästen bei uns bieten.“

Euer Hotel hat Stammkundschaft, welche deine Eltern über Jahrzehnte hinweg an das Hotel binden konnte. Wie willst du den Spagat schaffen, Stammkundschaft zu halten, aber gleichzeitig attraktiv für neue und meist jüngere Gäste zu sein?
„Eine sehr interessante Frage. Natürlich werden wir in den nächsten Jahren einiges ändern, viel investieren und auch neue Konzepte umsetzen müssen. Das ist sehr wichtig, um auf dem neuesten Stand zu bleiben, und auch in einer Art und Weise den Zimmerpreis oder die allgemeine Rechnung, die der Gast am Ende seines Aufenthalts zahlt, rechtfertigen zu können. Jedoch ist es eine sehr schwierige Gradwanderung, gerade was die Ausstattung und das Design angeht. Denn das ist ja oftmals ein Grund, weshalb ein Gast wiederkommt. Hier muss man sich manchmal auf seinen eigenen Geschmack verlassen und es einfach auf sich zukommen lassen. Ich möchte ungern aufgrund neuer Möbel den Doktor verlieren, der dreimal im Jahr für zwei Wochen in der teuersten Suite übernachtet, das ist klar. Aber ich kann deswegen auch nicht alles so stehen lassen wie es immer war.  60 Prozent unserer Gäste ist über 70 Jahre alt, daher muss ich natürlich auch schauen, dass ich junge Gäste aktiviere und an mein Haus binde. Es wird sich zeigen, was der Gast in fünf bis zehn Jahren haben und erleben möchte. Ich denke, unser Haus wird immer ein Ort sein, an dem man noch eine ehrliche und persönliche Gastfreundschaft erleben wird. Unsere Hotelzimmer werden nie mit einer Hightech Anlage mit Touchpad oder ähnlichem ausgestattet sein. Dafür mit einem schönen Bücherregal, besonderen Kissen und Düften und mit der neuesten und modernsten Matratzengeneration für einen erholsamen Schlaf.“

Vielen Dank für diesen interessanten Einblick.
„Sehr gern.“

Falls der Schwarzwald nicht das richtige Urlaubsziel für dich ist, dann hat die MI-Studentin Fabienne Baumgärtner einen heißen Tipp für den Traumurlaub auf Madeira.

Aufgrund der besseren Verständlichkeit wurden die Antworten redaktionell angepasst.
Das finale Interview wurde von Roman K. gesichtet und freigegeben.

Quellen

Interview mit Roman K., 15.05.2018

Bildquellen

Homepage Hotel Kaisers Tanne
http://www.booking.com/Share-0VL6d5