Studentenleben

Warum die Deutsche Bahn so schlecht ist

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Warum die Deutsche Bahn so schlecht ist

Der Zugverkehr in Deutschland ist in Aufruhr und die Deutsche Bahn (DB) steht im Zentrum der Kritik. Was einst als europäisches Paradebeispiel für Effizienz galt, hat sich in ein Chaos verwandelt. Pünktlichkeitsdebakel, überfüllte Abteile und ein mangelhafter Kundenservice haben das Vertrauen der Fahrgäste gebrochen. Doch wer ist Schuld am Versagen des deutschen Schienenverkehrs? Können wir schon bald auf eine Verbesserung hoffen?

Der DB-Konzern möchte in Zukunft doppelt so viele Menschen wie bisher befördern und somit aktiv zur Erreichung der Klimaziele beitragen. Um dieses Ziel zu verwirklichen, hatte die Bundesregierung unter Angela Merkel bereits im Jahr 2018 das „Zukunftsbündnis Schiene“ beschlossen. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn sollte die Wettbewerbsfähigkeit des Schienenverkehrs gestärkt werden.

Ein zentraler Bestandteil dieser Initiative ist der sogenannte Deutschlandtakt, der sich an einem Modell aus der Schweiz orientiert. Durch diesen Fahrplan sollen Bahnreisen zuverlässiger und schneller werden. Ursprünglich wurde für den Deutschlandtakt das Jahr 2030 als Zieltermin festgelegt. Nun ist das Vorhaben bis frühestens 2070 verschoben. Das ärgert nicht nur regelmäßige Bahnfahrer/innen. Denn auch das Erreichen der Klimaziele Deutschlands wird durch diese Verzögerung erschwert.

Seit Ende 2019 macht das deutsche Klimaschutzgesetz eindeutige Vorgaben: Bis 2030 müssen die CO2-Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden. Viele Menschen müssten also von dem Auto auf die Bahn umsteigen. Doch sind die Menschen bereit für diesen Wechsel?

Viele Personen in Deutschland meiden eine regelmäßige Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Das zeigen aktuelle Ergebnisse des Meinungsbarometers MDRfragt. Demnach gab nur rund jede/r vierte Befragte an, regelmäßig öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Dabei sei ein Großteil der Menschen für die Wende bereit und begrüße es, den Verkehr von der Straße auf die Schienen zu verlegen.

Die Bedingungen für den Umstieg stimmen derzeit jedoch nicht. Laut Umfragen der Deutschen Bahn ist die Zufriedenheit der Bahnkund/innen seit 2020 stetig gesunken.

Abbildung 01: Umfrage – Sollte mehr Verkehr auf die Schienen verlegt werden?

Die Gründe der Unzufriedenheit

Die Gründe für die Unzufriedenheit der Bahngäste sind vielfältig. Der nächste Absatz beschreibt die drei häufigsten Faktoren.

Verspätung von Zügen

2022 hat die Deutsche Bahn einen Verspätungsrekord aufgestellt. Nur etwa 65 Prozent der Fernzüge haben ihr Ziel pünktlich erreicht. Dabei gilt ein Zug als pünktlich, wenn er bis zu sechs Minuten später als geplant am Zielort ankommt. Demnach kam jeder dritte Zug mit einer Verspätung von mindestens sechs Minuten an.

Einige Gründe für die häufigen Verspätungen sind:

  • der Personalmangel
  • zu selten gewartete Züge
  • ein immer schlechter werdendes Schienennetz

Einem Netzzustandsbericht der Deutschen Bahn zufolge sind mehr als 30.000 Weichen in einem schlechten Zustand.

Rückbau der Gleisen vs. ansteigender Bedarf

Ein weiterer Faktor für die mangelnde Qualität der Deutschen Bahn sind fehlende Anbindungen. Viele Städte und Regionen in Deutschland sind nur unzureichend an das Bahnnetz angeschlossen. Das erschwert nicht nur den regionalen Verkehr, sondern führt auch dazu, dass viele Reisende auf das Auto umsteigen müssen.

Seit den 50er Jahren wird das deutsche Bahnnetz kontinuierlich zurück gebaut. Das Streckennetz sank von mehr als 53.000 km auf ca. 38.000 km. Gleichzeitig hat der Bedarf jedoch zugenommen. Seit 1995 ist der Personenverkehr um 43 Prozent gestiegen.

Abbildung 02: Entwicklung Streckennetz in km vs. Bedarf

Steigende Preise

Das recap-Team hat in einem Video ausgerechnet, wie viel eine vierköpfige Familie bei einer Reise nach Hamburg ausgeben müsste. Mit dem Auto kostet die Reise inklusive aktueller Spritpreise, einer Versicherung und dem Wertverlust ca. 178,50 Euro. Entscheidet sich die Familie für eine Bahnfahrt, müsste sie 191,40 Euro ausgeben. Dieser minimale Unterschied kann verkraftet werden.

Jedoch hängen die Fahrpreise der Bahn stark von der Nachfrage ab. Möchte die Familie zu einer adäquaten Zeit losfahren und ankommen, sind sie schon bei Kosten von 387,60 Euro. Mit einem zusätzlichen Upgrade auf Flex-Tickets , kostet die Reise unglaubliche 603,60 Euro


Du möchtest Deine Erfahrungen mit der Deutschen Bahn loswerden? 🚊

#besserBahnfahren ist eine Initiative der ARD und des ZDF’s. Das Crowd-Science Projekt sammelt derzeit Erfahrungsberichte zu Fahrten mit der Deutschen Bahn. Dabei beschäftigt sie vor Allem die Frage, was sich ändern muss, damit Personen wieder auf Busse und Bahnen umsteigen.


Der Weg in das Chaos

Die Probleme der Deutschen Bahn haben wir nun kennengelernt. Doch wie konnte es zu diesem Zustand kommen?

Die Geschichte der Deutschen Bahn AG

1994 verschmolz die ehemalige Deutsche Bundesbahn und die Reichsbahn der DDR zu einem Konzern: die Deutsche Bahn AG. Von nun an befand sich das privatwirtschaftliche Unternehmen in staatlicher Hand. 

„Die Bahnreform war auf einen Börsengang ausgelegt, der aus unserer Sicht schon damals kaum zu verwirklichen war und für dessen Umsetzung man die Bahn kaputtgespart hat.“

Detlef Neuß

Die Privatisierung der Bahn resultierte darin, dass das Unternehmen auf Effizienz getrimmt wurde. Das führte zu massiven Einsparungen beim Personal und zu einem voranschreitenden Streckenabbau. Die Deutsche Bahn AG steht seither unter dem Druck, Gewinne erzielen zu müssen. Heute spüren die Kund/innen täglich die Folgen. Trotz der damaligen Sparmaßnahmen steht es um die Finanzen der Deutschen Bahn schlecht. Die aktuellen Zustände könne sich ein Staat wie Deutschland beim eigenen Bahnkonzern nicht weiterhin leisten, sagte Rechnungshof-Präsident Kay Scheller. „Das ist schon sehr beklagenswert.“

Fehlende staatliche Förderungen

Wer eine/n Schuldige/n sucht, findet in der Verkehrspolitik schnell Antworten. Die Deutsche Bahn kämpft mit einem Mangel an staatlichen Förderungen. Während der Schienenverkehr in anderen europäischen Ländern als umweltfreundliche Alternative zum Straßenverkehr gefördert wird, fehlt es in Deutschland an finanzieller Unterstützung. 

In den vergangenen Jahren steckte die Regierung viel Geld in weit weniger klimafreundliche Projekte. Konkret geht es um hohe Beträge aus dem „Förderprogramm Gleisanschluss“. Von den 286 Millionen Euro, die bis 2020 zur Verfügung standen, flossen laut der Süddeutschen Zeitung gerade mal 38 Prozent in Gleisanschlüsse. Mit 124 Millionen Euro finanzierte das Ministerium dagegen Fernstraßen und Fluggesellschaften. Dies führte zu einer weiteren Verschlechterung der deutschen Bahninfrastruktur und stellt eine verpasste Chance dar, in eine nachhaltige Zukunft zu investieren.

In der gesamten Amtszeit von Verkehrsminister Andreas Scheuer wurden gerade mal 67 km neue Schienen angelegt. Im Vergleich dazu werden in Deutschland jährlich ca. 10.000 km Straßen gebaut. Doch auch die Deutsche Bahn hat Fehler gemacht.

Falsche Investitionen

In den letzten Jahren flossen enorme Summen in Prestigeprojekte wie Stuttgart 21, während gleichzeitig alltägliche Probleme im Zugverkehr vernachlässigt wurden. Dringend benötigte Verbesserungen für die Bahninfrastruktur blieben damit aus.

„Geplant war, dafür zwei Milliarden DM auszugeben. Inzwischen sind es 10 Milliarden Euro geworden. Und man hat festgestellt, das reicht nicht aus.“„

Winfried Wolf, Bürgerbahn Denkfabrik

Auch die Verlegung des Bahnhofs Hamburg-Altona ist ein anstehendes Projekt. Es soll bis 2027 fertig sein. Ob dort kostenbewusster vorgegangen und pünktlicher abgeschlossen wird, als es in der Vergangenheit üblich war, bleibt unklar.

Ein Blick zu unseren Nachbarn

Haben wir Deutsche zu hohe Erwartungen an unsere öffentlichen Verkehrsmittel? David Fattebert würde diese Frage mit „nein” beantworten. Er leitet das Programm Pünktlichkeit bei der Schweizerischen Bundesbahn (SBB): „Pünktlichkeit ist bei uns der zweitwichtigste Bereich, kommt gleich nach der Sicherheit.“

In der Schweiz gilt ein Zug bereits als verspätet, der mehr als zwei Minuten und 59 Sekunden zu spät ankommt. Das betrifft derzeit rund acht Prozent aller Züge. Die SBB gilt als großes Vorbild im Schienenverkehr. Im Jahr 2021 hatten fast 92 Prozent der Züge weniger als drei Minuten Verspätung. Und das Ganze bei einer Millionen Reisenden pro Tag. Zahlen, von welchen deutsche Fahrgäste nur träumen können.

In der Schweiz steht der Schienenausbau weit oben auf der Agenda. Während die Eidgenossenschaft im vergangenen Jahr 383 Euro pro Bürger in ihr Schienennetz investierte, waren es in Deutschland nur 56 Euro. Deshalb fährt die SBB heutzutage jede größere Stadt im Halbstundentakt an und fast jedes Dorf ist an das Netz angeschlossen. 


Entspannt mit der Bahn mit diesen Tipps

Die Bahn macht es uns nicht leicht von dem Straßen- auf den Schienenverkehr umzusteigen. Doch es gibt viele Gründe, die für eine Bahnfahrt sprechen. Mit diesen Tipps für deine nächste Bahnreise kommst du gelassen von A nach B.

1

Entschädigungen einfordern

Die Bahn zahlte 2022 knapp 93 Millionen Euro an Entschädigungen für Verspätungen und Zugausfälle an 3,8 Millionen Passagiere. Künftig wird bei höherer Gewalt jedoch feiner unterschieden. Wenn die Bahn verantwortlich ist, ersetzt sie Tickets und zahlt Teilentschädigung für verspätete Züge. Bei nicht-bahnverschuldeten Ereignissen entfällt die Zahlung.

Nutze die Bahn-App, um die Online-Entschädigung zu erleichtern. Stelle deine Entschädigungsforderung schnell, da die Frist auf drei Monate verkürzt wurde. Weitere Rechte als Fahrgast kannst du hier nachlesen:

2

Weniger umsteigen

Es ist ratsam, Umstiege zu vermeiden und eine längere Fahrzeit in Kauf zu nehmen. In vielen Fällen kann es sonst zu einer zusätzlichen Wartezeit von ein oder zwei Stunden kommen. Beachte generell, dass Nahverkehr und Fernverkehr oft nicht aufeinander warten. Es könnte sich daher lohnen, nicht nur den schnellsten Zug zu wählen, sondern auch auf die Verbindungen zu achten. In der App oder in der Online-Verbindungsansicht kannst du bewusst die Option „Schnellste Verbindungen anzeigen“ abwählen und mit verschiedenen Verkehrsmitteln experimentieren.

3

Finde günstige Preise

Die Bahn bietet verschiedene Tarife an. Darunter sind der Flexpreis, der Sparpreis und der Super-Sparpreis. Super-Sparpreis-Tickets haben eine Zugbindung und können nur teuer oder gar nicht umgetauscht werden. Sie sind jedoch deutlich günstiger.

Um die günstigsten Züge für eine bestimmte Strecke zu finden, kannst du entweder die Funktion „Unsere Bestpreise anzeigen“ im DB-Navigator nutzen oder den Preiskalender von Bahnguru nutzen. Dieser bietet eine übersichtliche Anzeige für ganze Wochen.

4

Nutze die Apps der Bahn

Die Bahn-Mitarbeitenden sind nett, aber oft weniger informiert als die Apps und Auskunftsdienste der Bahn. Nutze den DB Navigator, den DB-Streckenagent und die Bahnhofstafel mit Echtzeitinformationen. Die App-Anzeige ist teilweise aktueller als die Anzeige am Bahnsteig. Auch die Twitter-Kanäle der Bahn liefern gute Einblicke in die Verspätungen. Je mehr Informationen du hast, desto besser kannst du die Lage einschätzen.

Tippe für den DB Navigator:

5

Spare Geld mit dem richtigen Ticket

Du suchst nach dem günstigsten Ticket für Deine nächste Bahnreise? Dieser Bericht von Lukas Brucker vergleicht das JugendTicketBW mit dem Deutschland-Ticket. Finde über den Button unten heraus, welches Ticket am besten zu Dir passt:


Fazit

Es ist offensichtlich, dass die Deutsche Bahn mit einer Reihe von Problemen zu kämpfen hat, die ihre Qualität und Zuverlässigkeit beeinträchtigen. Der Rückbau von Gleisen, fehlende Anbindungen, mangelnde staatliche Förderungen und falsche Investitionen sind Hauptfaktoren, die zu dieser Situation beitragen. Um die Deutsche Bahn wieder auf Kurs zu bringen, sind dringende Investitionen in das Schienennetz, eine bessere staatliche Unterstützung und eine Neuausrichtung der Prioritäten erforderlich. Der Blick in die Schweiz zeigt, dass es möglich ist, ein effizientes Bahnnetz aufzubauen und damit die Lebensqualität der Bürger zu verbessern. Die Deutsche Bahn sollte von den Erfahrungen anderer Länder lernen und sich zum Ziel setzen, wieder zu einem Vorbild für erstklassigen Zugverkehr zu werden.