Studium

Vauderwange und seine Liebe zu Print

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Vauderwange und seine Liebe zu Print

Ein Blick hinter die Kulissen von Drucktechnik, Lehre und Leidenschaft an der Hochschule Offenburg. Wer an der Hochschule Offenburg etwas über Druck- und Medientechnik lernen möchte, muss unbedingt in Dr. Oliver Vauderwanges Vorlesungen. Seine Liebe zu Print begann bereits in der Jugend, als Lesen, Zeichnen und Illustrieren seinen Alltag prägten. Heute gibt er diese Faszination an seine Studierenden weiter und zeigt, warum Print auch in einer digital geprägten Welt immer noch Relevanz hat. Vom Schriftsetzer zum Tiefdruck-Spezialisten und schließlich zum Hochschuldozenten: Sein Weg ist eine Liebeserklärung an das gedruckte Medium.

Wie kommt man als Druckprofi an die HSO

Bereits als Kind war das gedruckte Wort ein großer Teil Vauderwanges Leben. Bis heute gehört Lesen zu seinen liebsten Hobbys. Er ist der Meinung, dass er seine Eins in Deutsch vor allem dem vielen Lesen verdankt. Aber auch das Zeichnen und Illustrieren waren wichtige Hobbys für ihn.
So entschied er sich mit 16, nach der mittleren Reife, bewusst für eine Ausbildung. Aber die Studierenden der HSO hatten Glück: Er hatte sich auch als Polizist beworben und wurde sogar genommen. Seine Entscheidung fiel schließlich auf eine Ausbildung zum Schriftsetzer bei Burda.
Die Ausbildung war für ihn auch der Moment, in dem aus Begeisterung eine Liebe zum Print wurde. Die direkte, praktische Arbeit mit Schrift, Gestaltung und Druckprozessen fesselte ihn.

„Wenn du da mal drin bist,
kommst du nicht mehr davon weg.“

Nach der Ausbildung blieb er ein weiteres Jahr bei Burda als Fotosetzer. Eine Erkenntnis während dieser Zeit: Nachtschichten und allgemeine Schichtarbeit sind nicht sein Ding.

Also entschied sich Vauderwange dazu, ein Studium anzustreben. Wegen der damaligen Regelungen musste er zunächst ein Jahr Wehrdienst absolvieren und konnte anschließend seine Fachhochschulreife nachholen. Sein bewusst gewählter Studiengang „Drucktechnik“ in Stuttgart an der HDM ermöglichte ihm die Vertiefung der technischen Kenntnisse, insbesondere rund um Druckverfahren, Prozesse und industrielle Abläufe.
Die Diplomarbeit schrieb er wieder zusammen mit Burda und war anschließend noch 13 Jahre in der Industrie tätig. Hier trug er Verantwortung in den Bereichen Verfahrenssicherung, Qualitätsmanagement und er konnte zusammen mit der ECI die ersten ICC-Profile im Tiefdruck entwickeln.
Dank seiner Industrieerfahrung haben wir an der Hochschule keinen reinen Theoretiker als
Dozenten. Seine Leidenschaft und Praxisnähe merkt man deutlich in der Vorlesung.

Lehre mit Leidenschaft

Ein Projekt, auf das er besonders stolz ist: Projekt AIWAI. Ein selbst gestalteter Comic – bei diesem wurden Format, Druck, Bindung, Haptik und natürlich auch der Inhalt selbst entwickelt. Hier sieht man wieder, dass man von Vauderwange eine „Full-Service“-Beratung bekommt: Er kennt sich mit Inhalt, Gestaltung und Produktion aus. Im Laufe der Jahre hat er viele weitere Projekte wie zum Beispiel Fotobücher oder Magazine unterstützt. Aber nicht nur das: Auch wenn man mit privaten Druckherausforderungen zu ihm kommt („Ich hab mit Siebdruck angefangen, aber die Belichtungsfolie will nicht“), steht er mit Rat und Tat zur Seite.

Sammlung von Hochschulprojekten
Vauderwanges zahlreiche Fachliteratur

Schon in der Sammlung seiner Hochschulprojekte sieht man: Das haptische Erlebnis von Büchern und Magazinen begeistert ihn nach wie vor. Papier ist für ihn etwas Besonderes. Wenn er sich ein neues Druckprodukt kauft, geht es zunächst nicht um den Inhalt, sondern:

Welche Papierqualität? Wie ist es gebunden? Wie gut ist die Klebung? Stimmen die Passermarken? Oder auch einfach: Wie riecht das Buch?

Für ihn sind Druckprodukte keine reinen Konsumartikel, sondern Erlebnisobjekte. Durch seine Ausbildung hat er einen anderen, präziseren Blick auf Druckprodukte – den Medienstudierende vermutlich auch aus dem Alltag kennen („Warum sollte man so viele Schriftarten für eine Speisekarte verwenden?“).

Auch wenn er mittlerweile künstlerische Druckverfahren wie Bleisatz oder Holzlettern wertschätzt, bleibt sein Lieblingsdruckverfahren der Tiefdruck. Vauderwange fasziniert die komplexe Technik, die großen Rollenformate (3,6 m breit, 42 km lang) sowie die industrialisierten, hochpräzisen Abläufe.
Dass komplette Magazine, vierfarbig, scharf und sauber übereinander in einer dreiviertel Stunde produziert sind, ist für ihn einfach bewundernswert. Aber auch die Formherstellung der Druckzylinder durch galvanische Prozesse findet er besonders.

Verschiedene Bleilettern
Mehr Infos zum Thema Tiefdruck

Print ist nicht tot – sondern verändert sich

Auch wenn Bleiletter eher nicht die Zukunft ist, stellt sich bei einem Porträt eines Druckliebhabers automatisch die Frage, wie die Zukunft des Drucks aussieht. So wie viele Andere ist Vauderwange der Meinung, dass anloge Medien nicht sterben, sondern sich lediglich wandelt. Klassische Massenprodukte wie Tageszeitungen werden abnehmen, aber das Erlebnis wird bleiben. Denn physische Medien müssen heute mehr bieten als “Farbe auf Papier”. Um Print am Leben zu halten, braucht es besondere haptische und visuelle Erlebnisse. Er sieht die Zukunft in Spezialdrucktechniken wie ungewöhnliche Materialien, Veredelungen, besondere Arten Bücher und Magazine zu binden sowie multisensorischen Aspekten.

Gerade der Verpackungsdruck wird immer relevanter. Nichts ist einfach ‚unbranded‘. Produkterlebnis (Unboxing) und Marketing sind heutzutage unverzichtbar. Verpackungen mit hochwertiger Optik und besonderen Veredelungen sind nötig, um aus der Flut der Produkte herauszustechen. Vauderwange nennt das Beispiel der klassischen Zahnpasta, was mittlerweile alles auf einer Tube bzw. Packung draufsteht, ist immens (siehe Video links). Er bringt in die erste Vorlesungsveranstaltung zum Thema Drucken gerne verschiedene Packungen mit, um die Vielfalt und Relevanz zu verdeutlichen.

Vielleicht werden klassische Massenmagazine zunehmend verschwinden, aber dafür steigt die Bedeutung von Special-Interest-Magazinen, kleinen Verlagen und hochwertigen Nischenprodukten. Hier werden Haptik, Papierwahl, Bindung & Layout zu Qualitätsmerkmalen.

Forschungsfokus: Farbmanagement, Wahrnehmung, Nanotechnologie

Doch bevor man über Druckverfahren und Innovationen spricht, lohnt sich ein Blick auf etwas Grundlegendes: die Farbe selbst. Vauderwange hat intensiv zu visueller Wahrnehmung, Farbmanagement und Bildschirmtechnologie geforscht. Eine seiner wichtigsten Erkenntnisse ist, wie subjektiv die Wahrnehmung von Farben ist. Selbst bei identischen Farben wird aufgrund von Alter, Brille, Farberfahrung und Fehlsichtigkeiten sehr unterschiedlich bewertet, wie Farbe wirkt.
Zu seinen Publikationen…

Pantone-Farbfächer für Farbmanagement
‚Calibrite‘ – das Gerät zur Kalibrierung der HSO

Gerade deshalb ist Farbmanagement so entscheidend für Druckqualität. Denn allein durch den Wechsel vom digitalen RGB-Farbraum zur CMYK-Druckwelt geht bereits viel verloren. Die zusätzlichen Faktoren wie Papieroberfläche, optische Aufheller und Druckverfahren beeinflussen das Druckergebnis. Wenn somit ohne Kalibrierung oder Farbprofile gearbeitet wird, kann nicht mit einem professionellen Ergebnis gerechnet werden. Sein Anspruch ist es, dass ein Ergebnis überall gleich aussieht, egal wie es gezeigt wird. Vauderwange empfiehlt dringend einen konstanten Workflow aufzubauen:

Wer sich jetzt denkt, “oh, man kann Bildschirme kalibrieren?“, sollte schnellstmöglich zu D113 gehen und sich ein Gerät zur Kalibrierung ausleihen. Oli betont mehrfach, dass er gerne unterstützt und bisher zu wenig Studierende diese Chance genutzt haben.

Zukünftiges Drucken an der HSO

Großer Gruppentisch für gemeinsame Projekte

Was inhaltlich beginnt, setzt sich räumlich fort: Vauderwange schafft einen Ort, an dem genau diese Themen greifbar werden: Sein aktuellstes Projekt ist das Gestalten seiner neuen Räumlichkeiten im D-Gebäude. Was aktuell noch ein schlichter Raum mit Gruppenarbeitsplatz ist, soll langfristig ein Druckparadis werden. Schritt eins ist jedoch ein Fotoparadies. Die gemeinsamen Arbeitsplätze sollen für Projekte beibehalten werden, die andere Seite wird zum stationären Fotostudio mit Lichtsetup, Backdrop und zusätzlichem Equipment. Er möchte mit den Studenten hier Übungen zur Wahrnehmung, Experimente mit Farben und natürlich auch Fotografieren möglich machen – ganz nach dem Motto: Mehr Praxis, weniger Theorie.

Schritt 2 ist die Ergänzung des A4 Fotodruckers durch einen A3+ Fotodrucker mit Rollenmaterial, um eigenständig praktische Druckübungen umzusetzen. Aber auch Experimente mit Format, Haptik und Papier im Lehrkontext möglich zu machen. Geplant ist die Umsetzung bereits im Sommersemester, sodass im nächsten Wintersemester auch gedruckt werden kann. Auch der bereits vorhandene Siebdruck aus der Grafikwerkstatt soll langfristig in seine Lehre integriert werden. Ziel ist ein Raum für praktische, gestalterische, forschende Arbeit in dem Fotografie und Druck verzahnt sind.

Hier soll das neue Fotostudio hin

Was bedeutet das für uns Studierende? Mehr Angebote für praktische Übungen, Workshops, projektorientiertes Arbeiten. Vauderwange ist sichtlich motiviert:

„erleben, begreifen, machen“

Oliver Vauderwange – der perfekte Dozent?

Ob er der perfekte Dozent ist, muss jeder selbst für sich bewerten. Aber eins ist sicher, unsere liebste “Labertasche” möchte auf jeden Fall, dass wir Studenten viel lernen und eine Chance in der Industrie haben. Gegenüber vielen anderen Dozenten, die seit zehn Jahren den gleichen Lehrplan verfolgen, arbeitet er stetig an neuen Ideen. Er nutzt dabei die Vorteile der Hochschule gegenüber einer Universität: praktisches Lernen und Umsetzen von Ideen.


Bildquellen

Fotos, Grafiken und Illustrationen von Ronja Rohrer
Foto „Bleilettern“ von Amador Loureiro auf Unsplash
Foto „Pantone-Farbfächer“ von Mika Baumeister auf Unsplash