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Porträtfotografie für Einsteiger

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Porträtfotografie für Einsteiger

Du willst Porträts fotografieren, die nicht in die Kategorie „Einfach aufs Gesicht zielen und abdrücken“ fallen? Dann findest du im folgenden Artikel die grundsätzlichen Dinge, die du für den Einstieg in die Porträtfotografie wissen musst.

Objektiv gesehen wichtiger

Wenn du dir eine Fotoausrüstung zulegen willst, ohne dabei arm zu werden, dann sieht es für dich gar nicht schlecht aus. Zum Einsteigen reicht es vollkommen aus, sich auf das Wesentliche zu beschränken: Kamera, Objektiv und Speicherkarte sind alles, was du brauchst. Erstere bekommst du beide gebraucht schon für wenige Hundert Euro. Bei der Speicherkarte kannst du auch viel Geld sparen, wenn du eine mit 16 oder 32 Gigabyte Speicherplatz nimmst (für den Anfang brauchst du wirklich nicht mehr). Was du beim Kauf allerdings immer im Hinterkopf behalten solltest, ist Folgendes: Das Objektiv ist wichtiger als die Kamera! Von ihm hängt ab, wie knackig die Farben im Bild sind, wie scharf die Fotos sind und wie die Schärfentiefe ausfällt. Falls du also die Wahl hast, dann investiere lieber in ein gutes Objektiv als in eine gute Kamera.

Wie weit brennt’s?

Vor dem Kauf eines Objektivs sollte dir klar sein, was du hauptsächlich damit fotografieren möchtest und vor allem, welchen Effekt du dabei erzielen willst. Für Porträts sind Objektive mit einer 50 mm Festbrennweite sehr beliebt, weil sie einen sehr natürlichen Look haben. Bedeutet, du hast mit dieser Brennweite am wenigsten Verzerrungen und Verzeichnungen, wodurch ein Bildeindruck erzeugt wird, der vom menschlichen Auge als „normal“ wahrgenommen wird (deshalb auch „Normalbrennweite“). Ein weiterer Vorteil von Normalobjektiven mit Festbrennweite ist ihre große Blendenöffnung, was sie sehr lichtstark macht. Du kannst also mit ihnen auch bei wenig Licht noch gute Verschlusszeiten halten, ohne den ISO erhöhen zu müssen. Außerdem bekommst du mit der Offenblende einen schön unscharfen Hintergrund, sodass sich dein Motiv von diesem abhebt. Weitwinkelobjektive sind eher ungewöhnlich bei Porträts, da eine Person durch die Verzerrung meist unproportional aussieht. Gerade bei einer Aufnahme vom Gesicht bekommt dein Modell eine regelrechte „Gurkennase“, da der Vordergrund überproportional groß dargestellt wird. Wenn das also nicht dein Ziel ist, solltest du lieber zur Normalbrennweite bis Telebrennweite greifen.

Stell dich nicht so ein!

Automatik ist nicht gleich automatisch gut. Versuch deshalb am besten gleich von Anfang an im manuellen Modus zu fotografieren. Falls dir die Begriffe Blende, Verschlusszeit, ISO und Weißabgleich nichts sagen, dann befasse dich zunächst einmal mit diesen und versuche ihren Zusammenhang zu verstehen. Die Kurzerklärung lautet folgendermaßen: Je mehr du die Blende öffnest, desto mehr Licht fällt auf den Sensor und desto heller wird dein Bild. Gleichzeitig wird die Schärfentiefe geringer. In die andere Richtung wird das Foto dunkler, aber die Schärfentiefe steigt. Je länger die Verschlusszeit, desto länger fällt Licht auf den Kamerasensor. Bei einer kurzen Verschlusszeit von beispielsweise 1/1000 Sekunde, fällt wenig Licht auf den Sensor und Bewegungen im Bild werden eingefroren. Wenn sie dagegen lang ist, zum Beispiel ¼ Sekunde, fällt viel Licht auf den Sensor und Bewegungen verschwimmen (Achtung: Verwacklungs-Gefahr!). Je höher der ISO, desto empfindlicher der Sensor und desto heller das Foto. Aber Achtung! Bei hohen ISO-Werten fängt das Bild an zu rauschen. Mit dem Weißabgleich kannst du die Farben korrekt wiedergeben lassen. Je niedriger der Wert, desto wärmer (gelber) das Bild und je höher, desto kälter (blauer). Es braucht zwar eine Weile, bis das Ganze einsickert, ist aber wahnsinnig wichtig. Sie sind nämlich die vier Sachen, die du brauchst, um dein Bild manuell einzustellen. Nur so kannst du deine Porträts oder Fotos allgemein, gezielt nach deinen Vorstellungen gestalten und deinen eigenen Look erstellen.

Belichtungsdreieck

Ein Bild bitte, roh!

Es ist sinnvoll, dass du von Anfang an im RAW-Format fotografierst. Der Unterschied von RAW zu JPEG (dem Standard Foto-Format) ist, dass die Rohdaten von deinem Kamerasensor unkomprimiert abgespeichert werden. Die Fotos verbrauchen dadurch auf der Speicherkarte zwar mehr Platz (knapp 20 bis 30 Megabyte pro Foto), aber du hast dafür später, wenn du deine Bilder nachbearbeitest, sehr viel mehr Möglichkeiten diese nach deinen Wünschen zu gestalten und zu korrigieren. Du kannst mit ihr Aufnahmen sogar regelrecht „retten“. Hast du beispielsweise überbelichtet, kannst du später mit Programmen wie Adobe Photoshop die ausgebrannten Stellen wieder dunkler ziehen. Wenn du qualitativ das Beste aus deinen Bildern herausholen willst, führt kein Weg an der Nachbearbeitung vorbei. Also immer RAW fotografieren!

Natürlich natürlich

Du brauchst keinen Blitz oder Kunstlicht um ein schön beleuchtetes Porträt zu schießen. Die größte Lichtquelle, die du hast, ist immer noch die Sonne. Aber Vorsicht! Licht von oben und die harten Schatten, die man dadurch im Gesicht bekommt, lassen dein Fotomodell wie einen Waschbären aussehen. Heißt, nicht direkt in die pralle Mittagssonne stellen, sondern Schatten suchen oder einfach warten, bis die Sonne tiefer steht. Dann hast du nämlich weiches Licht, was sehr viel besser aussieht. Worauf du bei Porträts auch achten musst, ist nicht zu unterbelichten, sondern lieber leicht zu überbelichten. Das sorgt für einen viel professionelleren, schöneren und weicheren Look. Die Haut sieht aufgehellt besser aus und auch die Augen sind lebendiger. Ein guter Trick, den du dabei anwenden kannst, ist mit einem sogenannten Bouncer (ein Lichtreflektor) das Sonnenlicht auf das Gesicht des Modells zu reflektieren. So bekommst du auch einen schönen Augenreflex hin. Trau dich auch ruhig, nicht immer nur mit, sondern auch gegen das Licht zu fotografieren. Der Grund: Fotos in denen der Hintergrund hell ist, wirken meist interessanter und weniger flach.

Porträt im Gegenlicht

Achtung scharf!

Die Schärfe bei Porträts solltest du immer auf die Augen legen! Doch das ist einfacher gesagt als getan. Es kann dir schnell passieren, dass die Schärfe auf der Nase oder sonst wo liegt. Um das zu vermeiden, kannst du die Technik „Focus & Recompense“ anwenden. Dabei bewegst du den mittleren Fokuspunkt deines Kamerasuchers über die Augen des Modells und drückst den Auslöser halb durch, um scharf zu stellen. Dann verschiebst du die Kamera geringfügig, bis du den Bildausschnitt hast den du möchtest, und drückst den Auslöser ganz durch. Alternativ kannst du natürlich auch den Fokuspunkt im Sucher verschieben, diesen über die Augen des Modells legen und abdrücken. Hast du allerdings ein altes Objektiv, welches gar keinen Autofokus besitzt, oder der Autofokus Probleme hat (zum Beispiel bei Aufnahmen gegen das Licht), dann bist du gezwungen, manuell zu fokussieren. Die Schärfe kannst du dann allerdings mit dem Sucher meist schlecht treffen. Nimm dir stattdessen, falls deine Kamera es hergibt, das Display zur Hilfe und stell das Fokus-Peaking an. So kannst du die Bildschärfe recht gut beurteilen und auch manuell noch scharfe Fotos schießen.

Schärfe knapp verpasst

Bild bauen

Für den Bildaufbau, also die Komposition eurer Aufnahme gibt es einige grundlegende Regeln, die natürlich auch für die Porträtfotografie gelten. Das Gute an diesen Regeln ist allerdings, dass wenn du sie einmal kennst, auch bewusst brechen und somit deinen eigenen Stil finden kannst. Die wohl Bekannteste, die du nutzen wirst, ist die Drittelregel (rule of thirds). Wenn du das Hauptmotiv, in deinem Fall eine Person, in der Mitte vom Bild positionierst, dann sieht das oft statisch und wenig interessant aus. Die Drittelregel teilt dein Bild vertikal und horizontal in jeweils drei gleiche Teile, sodass das Bild aus neun genau gleich großen Flächen besteht. Bei vielen Kameras kannst du dir diese Linien am Display anzeigen lassen. Jetzt musst du nur noch die für das Bild wichtigen Motive auf diesen Linien, beziehungsweise deren Schnittpunkten positionieren. Schon hast du ein harmonisch aufgebautes Bild!

Drittelregel

Was guckst du?

Es muss nicht unbedingt sein, dass dein Fotomodell direkt in die Kameralinse schaut. Allerdings musst du darauf achten, dass der Blick der Person dann deutlich an der Kamera vorbeigeht. Sieht sie dir zum Beispiel in die Augen, während du die Kamera auf Brusthöhe hältst und auf das Kameradisplay schaust, dann wirkt diese leicht verschobene Blickrichtung eher ungünstig. Wenn du das Modell seitlich aufnimmst, solltest du vor dem Gesicht etwas mehr Platz lassen, damit es harmonischer und natürlicher wirkt. Je nachdem was du für eine Bildwirkung erzielen willst, kannst du dein Fotomodell aus Augenhöhe, aus einer Unter- oder einer Obersicht aufnehmen. Möchtest du, dass der Betrachter zur Person von unten aufsieht, von oben herabschaut oder ihr auf Augenhöhe begegnet? Je nachdem für welchen Zweck du die Aufnahmen machst, zum Beispiel für Bewerbungsfotos, musst du auf solche Kleinigkeiten genau achten.

Da du jetzt Bescheid weißt, was es grundsätzlich für die Porträtfotografie braucht, bleibt für dich nur noch selber loszulegen. Wenn du auf lange Sicht wirklich gut im Fotografieren werden willst, sind Fotogruppen oder Fotoworkshops eine klasse Option. Du kannst immer etwas von anderen Fotografiebegeisterten mitnehmen, dein Wissen erweitern und deine Fähigkeiten als Fotograf verbessern.

Bildquellen

Fotos aus eigener Quelle

Grafikquelle Belichtungsdreieck:
https://www.prophoto-online.de/foto-ratgeber/belichtungsdreieck-belichtungszeit-blende-iso-10008737#&gid=1&pid=1