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Die Schattenseite des Online-Handels: Wie Dark Patterns uns beeinflussen

Dark Patterns
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Die Schattenseite des Online-Handels: Wie Dark Patterns uns beeinflussen

Kennst du das, wenn du nur kurz online stöbern willst und plötzlich eine Wagenladung von Produkten in den virtuellen Einkaufswagen legst, die du ursprünglich gar nicht wolltest? Das liegt oft nicht an mangelnder Selbstdisziplin, sondern an raffinierten Design-Tricks der Internetseiten, die dein Handeln unbewusst beeinflussen. In diesem Artikel zeige ich dir, mit welchen so genannten Dark Patterns diese Webseiten arbeiten und wie du dich vor ihnen schützen kannst.

Das User Experience-Design, kurz UX-Design, ist eigentlich dafür gedacht, Produkte so zu gestalten, dass sie einfach zu bedienen sind und man gerne mit ihnen interagiert. Doch leider sind viele Designs von Online-Shops nicht darauf ausgerichtet, wirklich zu helfen oder ein angenehmes Erlebnis zu bieten. Sie verwenden sogenannte „Dark Patterns“.

Was sind Dark Patterns?

Dark Patterns sind manipulative Designs, die Nutzende zu ungewollten Handlungen bewegen sollen. Dabei kann es sich beispielsweise um eine Kaufentscheidung, die Weitergabe persönlicher Daten oder das Abonnieren eines Dienstes handeln. Dark Patterns werden oft subtil implementiert, indem sie menschliche Verhaltensmuster ausnutzen und psychologische Tricks anwenden, um Nutzende zu beeinflussen. Diese Dark Patterns lassen sich anhand der Handlung und der hervorgerufenen Emotionen in folgende Gruppen einteilen:

  • Druck: durch mehrmalige Handlungsaufforderungen
  • Operativer Zwang: es muss eine bestimmte Handlung ausgeführt werden
  • Hindernisse: Handlungen werden verhindert
  • Erschleichen: zusätzliche Leistungen werden unbemerkt hinzugefügt
  • Irreführung: von anderen Informationen wird abgelenkt

Wie funktionieren Dark Patterns bei Online-Shops?

Dark Patterns nutzen gezielt menschliche Verhaltensmuster und psychologische Tricks aus. Hier sind einige Beispiele, die du sicher aus deinem Alltag kennst:

  • Du klickst lieber auf Knöpfe mit auffälligen Farben
  • Bei zu vielen Informationen nimmst du lieber die erstbeste Option
  • Du suchst nicht lange nach Informationen, wenn du sie nicht auf Anhieb findest
  • Du hinterfragst nicht, ob der Inhalt einer Webseite wahr oder neutral ist

All das sind Verhaltensmuster oder auch Wahrnehmungen, die von Dark Patterns gezielt ausgenutzt werden können. Und es gibt leider noch viele mehr.

Dabei ist zu beachten, dass sie selten isoliert eingesetzt werden, sondern dass es üblich ist, mehrere Dark Patterns in einem Anwendungsdesign zu kombinieren.

Fünf Dark Patterns, die du oft in Online-Shops findest

Wie du dir nun also vorstellen kannst, gibt es viele verschiedene Dark Patterns. Damit Du sie beim nächsten Einkauf erkennst und nicht mehr darauf hereinfällst, habe ich hier fünf häufige Taktiken ausgewählt, die dir sicher schon beim Online-Shopping begegnet sind.

Dark Pattern Scarcity

Scarcity / (künstliche) Verknappung

Das „Scarcity“ Dark Pattern erzeugt eine künstliche Knappheit, indem es unabhängig von der tatsächlichen Verfügbarkeit den Eindruck erweckt, ein Produkt oder eine Dienstleistung sei nur noch begrenzt verfügbar. Es zeigt zum Beispiel „nur noch drei verfügbar“ in einer auffälligen Farbe, um Aufmerksamkeit zu erregen und Druck auf Nutzende auszuüben. Dadurch entsteht der Eindruck, dass das Produkt schnell gekauft werden muss, bevor es ausverkauft ist. Häufig ist die Knappheit jedoch erfunden oder es ist nicht klar, ob sie sich auf das gesamte Produkt oder nur auf die auf der besuchten Website verfügbare Menge bezieht.

Dark Pattern Click Fatigue

Click Fatigue / Klick-Müdigkeit

Beim Dark Pattern „Click Fatigue“ werden Klickpfade absichtlich unterschiedlich lang gestaltet, um Nutzende dazu zu verleiten, die vermeintlich „einfachste“ Option zu wählen. Ein Beispiel hierfür ist die Zustimmung zu Cookies auf einer Website. Hier können oft über einen auffälligen Button alle Cookies sofort akzeptiert werden. Um aber nur die gewünschten zu akzeptieren, müssen Nutzende eine Reihe von Klicks ausführen. Zuerst müssen die Cookie-Einstellungen aufgerufen und alle unerwünschten abgewählt werden, bevor die Auswahl gespeichert werden kann. Dies kann mühsam und ermüdend sein, daher entscheiden sich viele Nutzende eher für die schnelle Variante „Alle akzeptieren“.

Dark Pattern Preselection

Preselection / Vorauswahl

Das Dark Pattern „Preselection“ trifft eine Vorauswahl zwischen verschiedenen Auswahlmöglichkeiten, die jedoch geändert werden kann. Ein Beispiel ist das vorausgewählte Spar-Abo statt einer einmaligen Bestellung in einigen Online-Shops. Dadurch werden vor allem unaufmerksame Kaufende dazu verleitet, fälschlicherweise das Spar-Abo zu kaufen.

Dark Pattern Forced Enrollment

Forced Enrollment / Zwangsregistrierung

Das Dark Pattern „Forced Enrollment“ zwingt Nutzende, zusätzliche Bedingungen zu akzeptieren, um einen Dienst nutzen zu können, obwohl diese eigentlich nicht erforderlich sind. Ein Beispiel hierfür ist, dass ohne Angabe der E-Mail-Adresse keine weiteren Aktivitäten auf einer Seite durchgeführt werden können, während im Hintergrund bereits die gewünschten Inhalte angezeigt werden. Dies führt häufig dazu, dass Personen dennoch ihre persönlichen Daten angeben oder sich registrieren, um Zugang zu den angezeigten Inhalten zu erhalten.

Dark Pattern Misdirection

Misdirection / Irreführung

„Misdirection“ wird häufig in Kombination mit anderen Dark Patterns eingesetzt. Bei diesem Dark Pattern sollen auffällige grafische Elemente vom eigentlichen Inhalt ablenken. Ein Beispiel wäre auch hier das bereits erwähnte Cookie-Banner. In diesem Fall neigen Nutzende aufgrund der Signalfarbe des Buttons – gelb – dazu, alle Cookies zu akzeptieren.

Du möchtest mehr über Dark Patterns erfahren? Dann klick hier für weitere Beispiele: Dark Pattern Detection Project (Dapde).

Sind Dark Patterns illegal?

Wie so oft in der Rechtsprechung kommt es leider sehr auf den Einzelfall an. Hinzu kommt, dass es sich bei den Dark Patterns um ein noch nicht allzu lang bekanntes Phänomen handelt. Die rechtliche und politische Situation ist daher noch in der Abstimmung.

Weil sich laut einer Studie der Europäischen Kommission Dark Patterns immer weiter verbreiten und zunehmend von Händlern aller Größenordnungen und nicht nur von großen Plattformen genutzt werden, wird über Verbraucherschutz in diesem Bereich sicherlich noch viel stärker diskutiert werden.

Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist der Digital Service Act (DSA), mit dem ab Februar 2024 ein Verbot für alle Betreibenden von Online-Shops einhergeht, solche Dark Patterns einzusetzen. Welche Praktiken letztendlich darunter fallen, wird sich allerdings erst in den nächsten Jahren zeigen.

Ob das ausreicht, um Konsumierende vor den manipulativen Designs zu schützen, ist dennoch fraglich. Die Studie der Verbraucherzentrale zeigt, dass auch 100 Tage nach Inkrafttreten des DSA alle untersuchten Anbieter weiterhin mit Dark-Pattern-Taktiken arbeiten.

Wie einige Betreiber diese Tricks bereits vor 6 Jahren und zum Teil bis heute anwenden, kann man im folgenden Video von Nerdwriter1 sehen:

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Zunächst lässt sich also festhalten, dass sich Dark Patterns derzeit häufig noch in rechtlichen Grauzonen bewegen. Aber auch abseits der rechtlichen Situation gibt es einige Einflussfaktoren, die Unternehmen in Zukunft davon abhalten könnten, Dark Patterns einzusetzen. So geht beispielsweise Google mittlerweile aktiv gegen die Verwendung solcher Dark Patterns vor. Das bedeutet, dass das Suchmaschinen-Ranking von Webseiten mittel- bis langfristig negativ beeinflusst wird, wenn solche Praktiken aufgedeckt werden. Auch das Image der Unternehmen wird stark negativ beeinflusst, wenn Nutzende die Dark Patterns erkennen und somit die manipulative Masche wahrnehmen.

Wie kann ich mich vor Dark Patterns schützen?

Es gibt keine direkte Lösung, um sich vor Dark Patterns zu schützen. Aber ich habe ein paar Tipps, wie du dich besser für Dark Patterns sensibilisieren kannst, denn vor allem gilt: Wissen ist Macht.

  1. Schärfe dein Bewusstsein: Das Wichtigste ist, sich über Dark Patterns und ihre verschiedenen Formen bewusst zu werden. Wenn du weißt, wie Dark Patterns funktionieren und wie du sie erkennen kannst, kannst du dich auch besser davor schützen.
  2. Bleib kritisch: Sei immer skeptisch, besonders bei ungewöhnlichen oder zu dringlichen Angeboten solltest du immer misstrauisch sein. Nimm dir Zeit für deine Entscheidungen, hinterfrage deine tatsächlichen emotionalen Reaktionen und lass dich nicht von Zeitdruck oder scheinbaren Rabatten beeinflussen.
  3. Prüfe deine Einstellungen: Überprüfe deine Kontoeinstellungen und Abonnements, um sicherzustellen, dass du nicht ungewollt für kostenpflichtige Dienste oder Abos angemeldet bist.
  4. Lies die Bedingungen: Bevor du einem Kauf oder einer Anmeldung zustimmst, lies die Geschäftsbedingungen und das Kleingedruckte, zum Beispiel auf Cookie-Bannern, genau durch. So vermeidest du versteckte Kosten oder Klauseln, die du später bereuen könntest.
  5. Melde missbräuchliches Verhalten: Wenn du den Verdacht hast, dass eine Website oder App Dark Patterns verwendet, um Nutzende zu täuschen oder zu manipulieren, melde das den zuständigen Behörden oder Verbraucherschutzorganisationen. Das Beschwerdeformular der Verbraucherschutzzentrale findest du hier.

Du glaubst, du kennst alle Tricks und niemand kann dich täuschen oder auf andere Weise dazu bringen, Daten preiszugeben? Dann teste dein Wissen mit dem kleinen Spiel der Verbraucherzentrale: Dark-Patterns-Spiel.

Fazit

Dark Patterns sind hinterlistige Designs, die dich dazu bringen, Dinge zu tun oder Daten preiszugeben, die du eigentlich nicht möchtest. Der Einsatz von Dark Patterns ist daher nicht nur ethisch fragwürdig, sondern bewegt sich oft auch in rechtlichen Grauzonen. Obwohl erste Schritte unternommen wurden, um den Verbraucherschutz in diesem Bereich zu stärken, sind Dark Patterns nach wie vor weit verbreitet.

Um nicht auf diese Tricks hereinzufallen und unüberlegte Käufe zu tätigen oder Betrügern zum Opfer zu fallen, ist es wichtig, Dark Patterns zu erkennen und beim Online-Shopping kritisch zu hinterfragen. Letztendlich liegt es derzeit nämlich nach wie vor an den Nutzenden, wie du und ich, sich aktiv gegen die Manipulationen durch Dark Patterns zu wehren und so eine vertrauenswürdige und sichere Online-Umgebung für alle zu schaffen.