TechTalk

Grüner auf der Rennstrecke: Kann Motorsport nachhaltig werden?

Formel 1, Formel E und Extreme E: Wie nachhaltig sind die Rennserien?
TechTalk

Grüner auf der Rennstrecke: Kann Motorsport nachhaltig werden?

Wenn wir an den Motorsport denken, kommen uns oft rasante Geschwindigkeiten, ohrenbetäubender Motorenlärm und atemberaubende Rennaction in den Sinn. In jüngster Zeit rückt aber ein Aspekt immer stärker in den Fokus: die Nachhaltigkeit. Laute Verbrennungsmotoren schießen über die Strecke, während Dieselgeneratoren nebenan den Strom für das große Event liefern. Letztendlich überlegt man da: Tut der Motorsport genug für eine grünere Zukunft? Oder ist das alles am Ende doch nur Greenwashing, also die Tätigkeit, bei der Unternehmen sich als umweltfreundlicher oder nachhaltiger darstellen, als sie es tatsächlich sind? Schauen wir uns dafür die Formel 1 an sowie zwei weitere Rennserien, die sich schon aktiv für den Umweltschutz einsetzen.

Nachhaltigkeit in der Königsklasse – Die Net-Zero-2030-Kampagne der Formel 1

Die Formel 1 ist der weltweit bekannteste Rennsport mit über 700 Millionen Fans und agiert somit auch international. Trotz der vielen umweltschädlichen Faktoren, wie Verbrennungsmotoren, Dieselgeneratoren, Reisen und Logistik, mit denen in der Formel 1 im Jahr 2022 über 220.000 Tonnen CO2 ausgestoßen wurden, will die Rennserie bis 2030 klimaneutral werden. Auch der Präsident und CEO der Formel 1, Stefano Domenicali, betont, dass Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert in diesem Sport hat.

Der Motorsport ist unnötig und umweltbelastend? Die Vereine der Fußball-Bundesliga und ihre Fans in Deutschland erzeugen pro Spieltag rund 7800 Tonnen CO2– Emissionen – Auf die Saison gerechnet ist die Summe höher als der gesamte Ausstoß in einer Formel 1 Saison.

Der größte Anteil der Emissionen in der Formel 1 wird durch Logistik (45 Prozent) und Reisen (28 Prozent) verursacht. Dennoch plant die Rennserie, mehr Rennen zu veranstalten. Daraus folgen mehr Reisen und ein höherer logistischer Aufwand – zum Leidwesen des CO2-Ausstoßes. Um dem entgegenzuwirken, plant die Formel 1 die Rennen, die nahe beieinander liegen, hintereinander zu fahren, statt sie über das Jahr hinweg zu verteilen. Dadurch werden weniger Flüge zwischen den Kontinenten benötigt. Zudem fahren die neuen DHL-LKW mit Biokraftstoff, was die logistikbedingten CO2-Emissionen während der Europasaison um fast 83 Prozent reduziert.

Torro Rosso STR 1 von 2006

Die Rennwagen der Formel 1 fahren schon mit hybriden Antrieben, wodurch der Kraftstoffverbrauch nur etwa ein Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes der Formel 1 ausmacht. In der Net-Zero-2030-Kampagne ist geplant, die Verbrennungsmotorleistung weiter zu reduzieren und einen klimaneutralen Kraftstoff einzusetzen.

Ein Flugzeug verbraucht bei einem Flug von Düsseldorf nach New York mehr Kraftstoff als alle Rennwagen an allen Rennen der Saison.

Die Rennveranstaltungen machen 12 Prozent der gesamten CO2-Emissionen der Formel 1 aus. Positiv ist, dass bereits über 75 Prozent der Veranstaltungen im Jahr 2023 mit erneuerbaren Energien betrieben wurden. So hat beispielsweise Bahrain mit einem eigenen Solarpark ausreichend Energie erzeugt, um die gesamte Rennstreckennutzung für die Formel 1 abzudecken und auch der Grand Prix von Großbritannien wurde vollständig mit 2.746 Solarmodulen betrieben.

Fakt ist: Es ist das Potenzial vorhanden, die Emissionen um mehr als 50 Prozent zu senken. Aktuell gibt es in jedem Bereich noch großen Handlungsbedarf. Auch ich habe beim Besuch von Rennstrecken die vielen LKW gesehen und Tage vor dem Rennen konnte man die ganzen Flugzeuge hören, die das Equipment und die Fahrer an den Standort gebracht haben. Es ist noch unklar, wie wichtig der Formel 1 der Umweltaspekt tatsächlich ist und wie viel dafür wirklich getan wird. Ob wirklich so viel im Bereich Nachhaltigkeit getan wird, dass sie sich CO2-neutral nennen dürfen, kann nur die Zukunft zeigen. Immerhin herrscht in der Formel 1 sehr stark die Mentalität: Geld regiert die Welt.

Die Nachhaltigkeitsstrategie der Formel E

Mit vielfältigen Partnerschaften der Elektro-Rennserie beispielsweise mit dem Safe and Healthy Environment Fund von UNICEF geht die Formel E besonders gegen Luftverschmutzung vor, was ein wachsendes Problem für Millionen von Kindern weltweit ist.

Formel E Auto von Porsche 2023
Porsche 99X Electric Gen3

Das Beispiel der Formel E zeigt, dass mit vermeintlich wenig Aufwand viel im Bereich Nachhaltigkeit erreicht werden kann. Die Rennserie fördert nicht nur die Entwicklung der Elektromobilität, sondern achtet beim Austragen der Rennen auch auf den CO2-Ausstoß vor Ort. Jedes Rennen bietet trotzdem noch ein unvergessliches Erlebnis und bringt die Spannung, die man sich in manch anderer Rennserie nur wünschen kann. Das zeigt, dass der umstrittene Motorsport, trotz der vielen langen Reisen und der aufwändigen Logistik, grün sein kann.

Ihr wollt die Spannung live miterleben? Dann schaut das nächste Rennen der Formel E hier im Livestream.

Vorbildliche Rennserie: Die Extreme E

Die Extreme E ist der Inbegriff von umweltfreundlichem Motorsport. Diese Rennserie wurde ins Leben gerufen, um die Aufmerksamkeit auf die drängenden Umweltprobleme unserer Zeit zu lenken und gleichzeitig eine Plattform für Elektromobilität und erneuerbare Energien zu bieten.

Extreme E Auto
Abt Cupra Extreme E Auto 2021

Ein Schlüsselmerkmal der Extreme E ist die Verwendung von Elektro-SUVs, die speziell für Offroad-Rennen entwickelt wurden. Diese Fahrzeuge sind nicht nur leistungsstark und schnell, sondern auch umweltfreundlich, da sie keine direkten CO2-Emissionen verursachen. Durch den Einsatz von Elektromotoren und Hochleistungsbatterien demonstriert die Extreme E das Potenzial der Elektromobilität, um zukünftig die Umweltauswirkungen des Straßenverkehrs zu reduzieren.

Darüber hinaus setzt die Extreme E auf erneuerbare Energien, um ihre Rennen zu betreiben. Die Rennserie nutzt Solar- und Windenergie sowie andere erneuerbare Ressourcen, um ihre Stromversorgung an den Standorten zu gewährleisten. Dies trägt dazu bei, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und die Umweltauswirkungen der Rennen zu minimieren.

Das Konzept zeigt sich auch beim sonst so umweltschädlichen Reisen. Alle Teams reisen gemeinsam auf einem extra für die Extreme E umgebauten Schiff an. Die St. Helena ist ein ehemaliges Fracht- und Passagierschiff der Royal Mail und wurde umfangreich saniert. So wird das Schiff mit schwefelarmen Schiffsdiesel betrieben und die Propeller wurden so überarbeitet, dass sie die Reibung verringern und die Effizienz verbessern. Auch ein Forschungslabor befindet sich an Bord des Schiffs.

Wollt ihr mehr über die St. Helena erfahren? Dann lest hier alles über das einzigartige Schiff.

Die St. Helena bringt Fahrer und Teams auf Top-Niveau in entlegene und gefährdete Gebiete, um die Kraft der Elektrofahrzeuge unter extremen Bedingungen zu demonstrieren. Die Extreme E ist an Orten zu Gast, die vom Klimawandel bereits betroffen sind, wie Wüsten, Regenwälder oder Arktisregionen. Leider kann man deshalb auch nicht live an der Strecke dabei sein.

Die Rennserie engagiert sich an jedem Standort für lokale Klimaprojekte. So wurden schon Strände von Müll befreit oder Bäume gepflanzt. Diese Aktivitäten sind fest in ein Rennwochenende verankert. Das Engagement für Umweltschutzprojekte in den Gemeinden, in denen die Rennen veranstaltet werden, ist einzigartig im Rennsport.

Die Extreme E ist mehr als nur eine Rennserie, sie ist eine Bewegung für eine nachhaltige Zukunft. Indem sie Elektromobilität und erneuerbare Energien vorantreibt und sich für Umweltschutzprojekte einsetzt, wird gezeigt, dass Motorsport und Umweltschutz Hand in Hand gehen können. Mit ihrer visionären Herangehensweise setzt die Rennserie ein starkes Zeichen für eine grünere Zukunft auf und neben der Rennstrecke.

Euch interessiert das Konzept und ihr wollt einen Blick in die Extreme E werfen? Dann schaut das nächste Rennen hier im Livestream.

Nachhaltige Konzeptfahrzeuge der Porsche Vision 2030

Diese Initiative wurde aus den Gedanken von Ferry Porsche entwickelt. Er hatte die Vision: „die Marke für Menschen, die ihren Träumen folgen“ zu sein. Porsche möchte als Unternehmen bis 2030 bilanziell CO2-neutral sein und das über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Diese Vision beinhaltet auch den Motorsport als wesentlichen Bestandteil der Unternehmenskultur.

Im Zusammenhang mit der Vision 2030 hat Porsche Konzeptfahrzeuge, wie den Mission R und den GT4 e-Performance entwickelt. Der Mission R ist ein ehrgeiziges Projekt, welches das Ziel hat, ein vollständig emissionsfreies Rennfahrzeug zu entwickeln und damit die Zukunft des Kunden-Motorsports zu gestalten. Mit dieser Initiative will Porsche die Technologie vorantreiben und eine nachhaltige Zukunft im Motorsport schaffen. Der GT4 e-Performance ist ein vollelektrischer Rennwagen, der beweist, dass die nachhaltige Version des Kundensports auf der Rennstrecke funktioniert und begeistert. Beide Fahrzeuge kann man regelmäßig auf Automessen oder Porsche-Veranstaltungen bewundern.

Porsche Mission R
Porsche Mission R
Porsche GT4 e-Performance
Porsche GT4 e-Performance

Zusätzlich zu diesen Inhalten hat Porsche in Chile ein Kraftwerk gebaut, das die dort ausreichend vorhandene Windenergie nutzt, um synthetische Kraftstoffe zu produzieren. Die Produktionsanlage wurde 2022 eingeweiht und dient hauptsächlich als Konzept zur umweltfreundlichen Produktion von eFuels. Dort werden jährlich ca. 130.000 Liter hergestellt. Mehr Infos dazu findet ihr hier.

Fazit

Die Diskussionen über Greenwashing und die Bemühungen verschiedener Rennserien zeigen, dass der Weg zu einer grüneren Zukunft im Motorsport noch nicht abgeschlossen ist, sondern gerade erst begonnen hat. Besonders in der Formel 1 gibt es noch großen Handlungsbedarf, damit sich der Sport wirklich CO2-neutral nennen darf. Zusätzlich gibt es in der Königsklasse noch weitere Faktoren, die negative Umweltauswirkungen mit sich bringen, wie der Feinstaub durch Brems- und Reifenabnutzung sowie synthetisch hergestellte Materialien.

Doch es gibt Hoffnung und positive Beispiele wie die Formel E und die Extreme E, die zeigen, dass umweltfreundlicher Motorsport möglich ist. Darüber hinaus entwickeln Unternehmen innovative Ansätze, um den Motorsport emissionsfrei zu gestalten. Diese Projekte sind nicht nur wegweisend für die Zukunft des Rennsports, sondern auch für die gesamte Automobilindustrie. Wenn wir diese Entwicklungen unterstützen und vorantreiben, können wir eine grünere Zukunft nicht nur auf, sondern auch neben der Rennstrecke verwirklichen.