Du willst dich in der Filmbranche selbständig machen? Thomas Scherer ist ehemaliger m.gp-Student und Gründer der Firma WP Films. Hier schildert er seinen Werdegang und verrät, was ihn antreibt. Außerdem hat er den ein oder anderen Tipp für angehende Filmemacher auf Lager.
Wer bist du?
Erzähle uns mehr über dich, deine Interessen und Hobbys.
Ich bin Thomas Scherer und komme aus dem Saarland. Mit zwölf Jahren habe ich verstärkt angefangen, mich für Filme zu interessieren. Als ich dann eine alte Kamera im Schrank meiner Eltern entdeckte, habe ich losgelegt und angefangen, meine eigenen Sachen zu „produzieren“. Die ersten Gehversuche fanden in tiefen Wäldern mit Freunden, einer Menge Rote Beete-Saft (der perfekte Blutersatz) und hanebüchenen Geschichten statt. Das hat großen Spaß gemacht, vor allem, da man Dinge ausprobieren konnte und Lösungen für diverse Probleme finden musste (Ein „Schauspieler“ musste in zwei Hälften geteilt werden, wie macht man das? Darüber wurde lange gerätselt). Alles natürlich ohne Geld und Technik. Aber damals wusste ich, dass ich unbedingt beruflich in diese Richtung gehen möchte. Außerdem spiele ich Volleyball, habe vor einiger Zeit das Geocaching entdeckt und bin im Selfpublishing tätig, wobei hier der Fokus stark auf Thriller liegt.
„Film ist learning-by-doing.“
Dein Studium
Studiengang, Studienzeit, gute und schlechte Erfahrungen, Praxissemester, Vertiefungsmodule und Empfehlungen für Filminteressierte.
Ich wollte nach meinem Abi unbedingt Film studieren. Natürlich wurde ich an jeder Filmhochschule abgelehnt. Gezwungenermaßen bin ich dann nach Trier, um Erziehungswissenschaften zu studieren – für drei Tage… Dann habe ich angefangen, mir Geld mit kleineren Jobs zu verdienen und bin auf die Hochschule Offenburg aufmerksam geworden. 2010 wurde hier zum ersten Mal „Mediengestaltung & Produktion“ angeboten. So bin ich dann nach Offenburg gekommen und habe 2017 den „Masterstudiengang „Medien & Kommunikation“ abgeschlossen. Rückblickend war dies genau die richtige Hochschule für mich. Während der Studienzeit hat man oft Beschwerden von Kommilitonen gehört, dass diverse Module zu wenig behandelt wurden (speziell das Thema Film). Doch gerade hier habe ich früh erkannt, dass man an der Hochschule einiges auf die Beine stellen kann, insofern man selbst aktiv wird und die richtige Motivation mitbringt. Alle Kurzfilme, die ich während meines Studiums verwirklicht habe, waren eigene Projekte, die ich bewusst vorangetrieben habe. Außerdem konnte man sich an der Hochschule gerade in filmischer und künstlerischer Sicht uneingeschränkt austoben. Vor allem, wenn ich an unsere Animationsfilme zurückdenke, wurden uns hier wirklich sehr viele Freiheiten gelassen. Für mich war von vornherein klar, wohin die Reise gehen soll, weswegen ich mich speziell auf Drehbuch und Regie konzentriert habe. Dabei habe ich meist auch als Produktionsleitung meiner Kurzfilme agiert, also die Gelder aufgetrieben, Locations, Schauspieler, etc. organisiert. Das war zwar teilweise anstrengend und frustrierend, aber rückblickend ein super Lernprozess (und außerdem lernt man mit tonnenweise Absagen umzugehen).
Film ist „learning-by-doing“ und die besten Erfahrungen sammelt man am Set und während einer Produktion. Deswegen kann ich nur jedem raten, ein eigenes Projekt auf die Beine zu stellen, zu produzieren und dabei den gesamten Prozess zu durchlaufen. Gerade während des Studiums hat man die Zeit, das zu tun und eine Geschichte in all ihren Facetten auszuarbeiten; man braucht eben nur die Motivation. Vor allem lernt man so auch die verschiedenen Rollen und Stationen kennen und man kann ein Team bilden, auf das man vielleicht wieder zurückgreifen wird.
Erzähle uns von deinem Weg zum selbständigen Filmemacher.
Was waren die Höhen, Tiefen und Herausforderungen?
Während meines Studiums habe ich neben eigenen Projekten auch kleinere Auftragsarbeiten angenommen (zum Beispiel Musikvideos oder Imagefilme), um mehr Erfahrung zu sammeln und einen ersten Einblick in die Filmbranche zu bekommen. 2017, mit Abschluss meines Studiums, habe ich mich selbstständig gemacht und versucht, irgendwie in der Branche Fuß zu fassen. Meine Abschlussarbeit war die Pilotfolge für eine fiktionale Serie.
Ich wollte als Abschluss etwas produzieren, aus dem vielleicht nach dem Studium mehr werden könnte. Der typische Weg eines Kurzfilmes ist eine einjährige Festivaltour, was ich dieses Mal vermeiden und neue Wege gehen wollte. Tatsächlich ist es mir dann auch gelungen, die Idee der Serie mit der Pilotfolge an den SR (Saarländischer Rundfunk) zu verkaufen. Bis von dort aber ein definitives „Go“ kam, hat es ein Jahr gedauert. Und gerade diese Zeit war nicht einfach, da man stets hin und hergerissen war, ob man die richtige Entscheidung getroffen hat. Als dann aber die Freigabe kam und die ersten drei Episoden produziert werden sollten, war ich natürlich richtig froh. Ich habe aber schnell gemerkt, was für eine enorme Herausforderung auf mich zukam. Wie zuvor bei den Kurzfilmen agierte ich auch bei der Serie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Produzent und habe das volle Risiko getragen. Es war eine große Verantwortung und ich bin quasi mit Anlauf ins kalte Wasser gesprungen (einige schlaflose Nächte inklusive). Inzwischen hat der auf der Serie basierende Spielfilm „Unter Tannen“ seine Premiere auf dem diesjährigen Ophüls gefeiert und hatte am 11. Juni 2020 offiziellen Kinostart. Rückblickend hat sich also der gesamte Stress gelohnt. Dennoch ist es ein hart umkämpftes Gebiet und mit jedem neuen Projekt beginnt der Kampf von vorne.
Was würdest du filminteressierten Studenten mit auf den Weg geben?
„Was schlussendlich wirklich zählt, ist die eigene Motivation und vor allem die Leidenschaft!“
Ein Patentrezept gibt es nicht. Aber es braucht keine Filmhochschule, um Filmemacher zu werden. Natürlich sammelt man dort ganz andere Kontakte, erhält leichter Einblick in all die Prozesse, aber was schlussendlich wirklich zählt, ist die eigene Motivation und vor allem die Leidenschaft. Man muss es wirklich wollen und darf sich von Rückschlägen nicht runterziehen lassen. Vor allem heute wird es zunehmend schwerer, da der DVD-Markt tot ist und die Streaming-Dienste den Markt bestimmen. Genrefilmer und Independent Produktionen sind zwar „günstiger“ zu stemmen, aber spielen auch weniger ein.
Angehenden Filmemachern und Interessierten kann ich vor allem mit auf den Weg geben, dass man unbedingt Durchhaltevermögen braucht und einfach diese Leidenschaft für das Geschichtenerzählen mitbringen muss, ansonsten ist man durchgehend frustriert.
WP Films
Stelle uns dein Unternehmen vor.
WP Films gibt es schon seit einigen Jahren, aber seit drei Jahren offiziell. Als ich meinen ersten „Film“ mit Freunden gedreht habe, brauchte ich einen Namen und entschied mich für „Waldproductions“. Als das Ganze dann konkreter wurde, wollte ich diesen ursprünglichen Namen nicht wegwerfen, weswegen daraus WP Films wurde. Inzwischen hat man ein Kernteam, auf das man immer wieder zurückgreift. Kameramann David Hugle oder Musiker Michael Firmont sind nur zwei von vielen. Wir arbeiten einfach gut zusammen und verstehen uns blind.
Gerade mit Michael, der meist ja nicht am Set ist, ist die Arbeit super. Er kennt meinen Geschmack und versucht diese Richtung zu erfüllen, bringt aber auch seinen eigenen Stil mit ein, der mich dann immer wieder neu begeistert. Auch bei den Schauspielern verhält es sich so: Ich neige dazu, Charaktere schon mit der ersten Idee auf eine bestimmte Schauspielerin oder einen Schauspieler hinzuschreiben. Mit einigen verbindet mich nach all den Jahren auch eine tiefe Freundschaft, worüber ich mich besonders freue.
Was würdest du heute rückblickend anders machen?
Auch heute stellt sich mir noch die Frage, ob ich nicht doch lieber etwas ”Sicheres“ gelernt hätte. Aber dann hätte ich auch nicht all die tollen Menschen kennengelernt, die meinen Weg nun so lange begleitet haben. Mit dem Wissen von heute würde ich natürlich gerade in beruflicher Hinsicht einige Entscheidungen anders fällen, aber man lernt ja nie aus, von daher sind auch mal Fehler erlaubt.
Was motiviert dich?
Ich bin ein großer Familienmensch, weswegen ich hier auch meine Hauptmotivation finde. Die Familie ist für mich das Wichtigste. Wenn man es jetzt speziell auf das Filmdrehen bezieht, so reicht mir morgens am Set ein Kaffee aus, um mich zu motivieren.
Du willst mehr über Thomas Scherer und sein Leben als Filmemacher erfahren, so kannst du dich gerne mit ihm persönlich in Verbindung setzten: tscherer@wpfilms.de
Hier findest du weitere Projekte von Thomas Scherer:
- „Reise nach Nirgendwo“ – Kurzfilm (Amazon Prime)
- „Xenophobe“ – Buch, Psychothriller
Zum Schluss möchte ich mich ganz herzlich bei Thomas Scherer für dieses offene und interessante Interview bedanken.
Bildquellen
Fotos von Thomas Scherer