Studentenleben

Fake Work im Studium – Schluss mit verlorener Produktivität

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Fake Work im Studium – Schluss mit verlorener Produktivität

Der Kopf ist voll nach einem langen Lerntag, doch plötzlich setzt das schlechte Gewissen ein und man stellt sich die Frage „Was habe ich heute eigentlich gemacht?“. Das Gefühl heute nicht vorangekommen zu sein macht sich breit und drückt auf die Stimmung. Lass dieses Gefühl hinter dir und erfahre, wie du produktiver arbeiten kannst!

Beschäftigt, aber nicht produktiv?

Fake Work beschreibt das Phänomen zu arbeiten, ohne voranzukommen. Es fühlt sich wie echte Arbeit an und erweckt den Eindruck echter Produktivität. Am Ende des Tages führt es entweder zu nichts oder zumindest nicht zu dem gewünschten Ergebnis. Dabei ist Fake Work keine bewusste Entscheidung, sondern schleicht sich beispielsweise aufgrund ungeeigneter Lernumgebungen oder einer mangelhaften Tagesstruktur ein.

Keine Produktivität trotz To-Do-Listen

To-Do-Listen sind ein beliebtes Tool, um den eigenen Tag zu strukturieren. Hierbei wird jedoch allzu oft die Zielorientierung vernachlässigt. Die Liste wird mit Aufgaben geflutet, die nicht zielführend sind. Genau an dieser Stelle entsteht Fake Work. Besonders in der Klausurphase kann man sich eine solche Zeitverschwendung nicht erlauben. Daher ist es ratsam die To-Do-Liste von „hinten nach vorne“ zu erstellen.

Die erste Überlegung muss sein: Was ist eigentlich mein Ziel? Anschließend werden die einzelnen Aufgaben festgelegt, durch die man das Ziel erreicht. Die größte Schwierigkeit besteht in der Regel darin die Ziele richtig zu formulieren. Eine Hilfestellung kann hierbei die SMART-Formel bieten. Jeder Buchstabe des Akronyms steht für ein Kriterium, welches das formulierte Ziel erfüllen muss:

Im Studium ist es dabei ratsam die Ziele möglichst zeitnah zu terminieren und Tagesziele zu formulieren. Ein erreichtes Ziel und das damit verbundene Abhaken auf der To-Do-Liste kann nach einem langen Lerntag eine wahre Genugtuung darstellen. Zudem helfen erreichte Ziele die Motivation hochzuhalten und Motivation ist King!

Multitasking ist nur ein Mythos

Gemäß offizieller Definition des Dudens versteht man unter „Multitasking“ ein „gleichzeitiges Verrichten mehrerer Tätigkeiten“. Aber verspricht die Konzentration auf das Wesentliche nicht mehr Erfolg?

Als zu Schulzeiten meine Psychologie-Lehrerin die Behauptung aufstellte, dass niemand von uns multitaskingfähig sei, begann der Großteil der Klasse mit dem Kopf zu schütteln. Auch meine zugegebenermaßen wenig geistreiche Bemerkung war „Sie kennen mich wohl noch nicht!“. Multitasking gilt bis heute oft als erstrebenswerte Fähigkeit und wird immer wieder in Jobausschreibungen gefordert. Dennoch sind zahlreiche Wissenschaftler*innen davon überzeugt, dass Single-Tasking wesentlich zielführender ist. Der Coaching-Experte Karsten Noack bringt die Thematik treffend auf den Punkt:

Single-Tasking ist besser,
denn Multitasking bedeutet,
viele Dinge auf einmal zu vermasseln

Karsten Noack

Dieses Plädoyer lässt sich auch auf das Studium übertragen. Häufig versuchen Studierende etwas „Lästiges“ mit angenehmeren Tätigkeiten zu verbinden. Beispielsweise recherchiert man während einer Gruppenarbeit nebenbei für ein anderes Projekt. Oder man hört sich die neue Folge seines Lieblingspodcasts an, während man eine Fallstudie bearbeitet. Auch wenn viele davon überzeugt sind, dass sie das nicht von der eigentlichen Arbeit ablenkt, zeigt die Realität etwas anderes. Man erwischt sich immer wieder dabei, wie man zwischendurch fünf Minuten lang nur zuhört, ohne auch nur eine Zeile zu verstehen. Oder man umgekehrt mit der Fallstudie gut vorankommt, aber dafür die letzten fünf Minuten des Podcasts gänzlich verpasst hat. Das Resultat ist, dass die Aufgabe mehr Zeit beansprucht als nötig und man auch seine Nebenbeschäftigung nicht genießen konnte.

Karsten Noack zeigt uns mit einem simplen Selbstversuch, wie viel zeitaufwendiger Multitasking im Vergleich zu Single-Tasking ist:  

https://www.youtube.com/watch?v=26ouqk40JyI

Auch mir ist es schwergefallen mir selbst einzugestehen, dass ich nicht multitaskingfähig bin. Diese Einsicht ist jedoch unabdingbar, um sein Lernverhalten zu verändern. Wer Single-Tasking betreibt, erzielt bessere Ergebnisse in kürzerer Zeit und vermeidet dadurch Fake Work. Die gewonnene Zeit kann dann genutzt werden, um den Podcast zu hören und das, ohne die besten Witze von Tommi Schmitt & Felix Lobrecht zu verpassen.

Die angenehmste Lernumgebung ist nicht immer die Beste

Geschwister, Freunde oder Partner, die am gleichen Tisch arbeiten, sind häufig ein Stimmungsaufheller und sorgen für mehr Spaß beim Lernen. Nicht selten führt eine derartige Lernumgebung jedoch zu häufigen Ablenkungen.

Auch wenn die To-Do-Liste die Tagesstruktur klar vorgibt, können Unterbrechungen dem Plan jederzeit im Weg stehen. Jede Unterbrechung ist mit einer sogenannte Wiederanlaufzeit verbunden, die man benötigt, um wieder voll in die eigene Aufgabenstellung einzusteigen. Unabhängig von der Dauer der Unterbrechung, beträgt diese Wiederanlaufzeit laut Studien mindestens fünf Minuten. Drei Unterbrechungen à fünf Minuten kosten daher nicht nur 15 Minuten Zeit, sondern inklusive der Wiederanlaufzeit sogar 30 Minuten.

Ablenkungen sind daher wahre Zeitfresser und führen zu Fake Work. Wer dies vermeiden möchte, sollte sich einen ruhigen Platz suchen, um ungestört arbeiten zu können und dadurch wertvolle Zeit zu sparen. Auch hier gilt: Die gewonnene Zeit kann anschließend mit den wahren Freuden des Lebens verbracht werden.

Lerngruppen – Fluch oder Segen?

„Ich empfehle Ihnen sich in Lerngruppen zusammenzutun“ ist ein wahrer Dozenten-Klassiker, den wir garantiert alle schon mehr als einmal gehört haben. Grundsätzlich spricht vieles für das Lernen in einer Gruppe. Verständnisprobleme können gelöst, der Arbeitsaufwand geteilt und die Motivation gesteigert werden.

Nichtsdestotrotz wandern sowohl Lerngruppen als auch Gruppenarbeiten häufig auf einem schmalen Grat. Aus einem produktiven Meeting wird schnell ein entspanntes Kaffeekränzchen unter Freunden.

Wer die Auserwählte des Bachelors ist oder wen Jogi Löw fälschlicherweise nicht für die Nationalelf nominiert hat, scheint in solchen Momenten interessanter zu sein als die aktuellen Lerninhalte. Während des Treffens steht plötzlich der Spaß im Vordergrund, was in Corona-Zeiten wohl für viele Balsam für die Seele ist.

Dennoch ist diese Art von Lerngruppe natürlich nicht zielführend und spätestens, wenn das Zoom-Meeting beendet wird, meldet sich das schlechte Gewissen zurück. Häufig verspürt man nach einem solchen Meeting das Gefühl wertvolle Lernzeit vergeudet zu haben, da das Treffen doppelt so viel Zeit in Anspruch genommen hat als geplant.

Eine klare Struktur und eine gute Vorbereitung können dabei helfen zu garantieren, dass eine Lerngruppe auch wirklich produktiv ist. Der Anlass und das gewünschte Ergebnis des Treffens sollte allen Teilnehmenden vorab klar sein. Hilfreich ist es zudem, wenn ein*e Teilnehmer*in eine grobe Agenda erstellt, um den inhaltlichen und zeitlichen Rahmen des Meetings abzustecken. So können bereits vorab Missverständnisse beseitigt und Fake Work verhindert werden. Ab vier Teilnehmer*innen kann es zusätzlich helfen einen Moderierenden zu ernennen, der die Gesprächsführung übernimmt und die Zeit im Auge behält. Bereits ein wenig mehr Struktur kann dabei helfen schneller bessere Ergebnisse zu erzielen.

Trotz allem schließt eine Lerngruppe einen gewissen Spaßfaktor nicht aus. Auch die Diskussion des Bachelor-Finales kann als abschließender Punkt in eine Agenda aufgenommen werden. Besonders in Zeiten des E-Learnings können derartige Programmpunkte wesentlich zum Teambuilding beitragen. Wichtig ist am Ende nur, dass das gewünschte Ergebnis innerhalb der vorgegebenen Zeit erzielt wird und es nicht heißt „ich habe heute leider keine gute Note für Dich“.

Es liegt an Dir!

Fake Work ist ein weit verbreitetes Phänomen und lässt sich doch einfach vermeiden. Letztendlich liegt es an jedem einzelnen selbst, aktiv dafür zu sorgen, seine Zeit sinnvoll zu nutzen. Auch wenn das Studieren im Homeoffice vieles erschwert, ist auch diese Hürde nicht unüberwindbar.

Hier findest du noch einmal die wichtigsten Punkte, um Fake Work den Kampf anzusagen:

  • Erstelle deine To-Do-Liste ausgehend von deinen Zielen
  • Betreibe Single-Tasking, statt Multitasking
  • Vermeide Unterbrechungen und sorge für eine ruhige Lernumgebung
  • Bereitet eure Gruppentreffen vor – erstellt eine Agenda und bestimmt einen Moderierenden