Studium

Prof. Fetzners alternativer Globus: durch Umwege zum Ziel

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Prof. Fetzners alternativer Globus: durch Umwege zum Ziel

Daniel Fetzners alternative Denkweise ist in einem Gespräch mit ihm nicht zu übersehen. Sein innerer Globus dreht sich auf der Suche nach unbekannten Gebieten. Sein Blick richtet sich oft in die Ferne, während er über die buntesten Etappen und Stationen seiner Lebensreise erzählt. Wer weiß, was für imaginäre Felder und Landschaften er mit seinen blauen Augen durchquert, wenn er still, über die ihm gestellte Frage nachdenkt?! „Was haben Sie durch die eingeschlagenen Routen gelernt?“

Umwege erhöhen die Ortskenntnis!

Erwidert er mit überzeugender Stimme. Diese Aussage verrät zumindest zwei Merkmale, die ihn treu im Alltag begleiten: die Positivität und die Neugier. Prof. Fetzner empfängt die ungeplanten Ereignisse mit offenen Armen. Diese sieht er als Teil eines größeren Planes und nutzt sie. Dank seiner neugierigen Persönlichkeit fällt es ihm nicht schwer, sich selbst auf Umwegen für etwas Neues zu begeistern. Oder ist seine ausgeprägte Neugier der wahre Grund für den Umweg und dieser der wahre Weg?

Daniel Fetzner gräbt sich tief in eine bunte Auswahl an Themen hinein und stößt beständig auf unbekannte Territorien. Über seine Streifzüge berichtete er in der Klasse, tischt die Erkenntnisse darüber auf und motiviert zur Diskussion. Er hört seinen Studenten sehr aufmerksam zu und freut sich über jede sinnvolle Auseinandersetzung. Sein Ziel? Die neuen Generationen, die, anders als er damals, mit Globalisierungsangst aufwachsen, zum selbstständigen Denken zu forcieren. Dabei fließen die Gedanken von Prof. Fetzner mitunter höher und höher, werden gerne philosophisch. Dorthin, wo seine Studenten mit rauchenden Köpfen nur noch Löcher in die Luft schauen. Wer ist Daniel Fetzner?

Wer ist Daniel Fetzner?
Wer ist Daniel Fetzner? © Daria Bilokon

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.

Das von Wilhelm Busch ist eines seiner Lieblingszitate sowie ein Resümee seiner Biographie. Prof. Fetzner ist in der märchenhaften Landschaft um Gernsbach bei Baden-Baden aufgewachsen. Den Heimatort verlässt er zunächst für den Zivildienst in München, wo er dann fünf Jahre lang an der TU Architektur und Philosophie studiert. Hier fängt seine Suche nach der Form an. Diese erforscht er einerseits beim Entwurf von Gebäuden, anderseits durch die Visualisierung der inneren Architektur des menschlichen Gedächtnisses. Kurz vor dem Abschluss wird ihm bewusst, dass das Studium zu zweckgerichtet ist. Lächelnd gibt Prof. Fetzner zu, dass ihm diese Erkenntnis hätte früher kommen können. Da er sich fehl am Platz fühlt, entscheidet er abschließend, das Studium abzubrechen.

Zunächst befasst er sich damit, die Form zu verlassen, und fällt aus dem Rahmen. Er bekommt ein Stipendium und verbringt ein Jahr in London an einer Kunsthochschule für Medien und Film. Dann studiert er noch drei Jahre an der Kunsthochschule in Berlin. Nach einem Jahr in der Gründungsphase von America Online in Hamburg, ist Prof. Fetzner vier Jahre lang Creativ Director einer Agentur für mediales Gestalten in Berlin. In dieser Zeit arbeitet er an Projekten in der Verbindung zwischen Kunst und Technik: Zweier Gebiete, die in Augen vieler eher als Gegensätze erscheinen.

Bei all dem hat er nicht geplant Professor zu werden, doch Mitte dreißig bewirbt er sich für eine Professur in Furtwangen und fängt damit ein neues Kapitel in seinem Leben an: die Arbeit mit Studenten und an der Forschung.

Ich garantiere dir, wenn Dich etwas interessiert und Du Dich zwei Tage intensiv damit beschäftigst, wirst du es verstehen.

So ermutigt Prof. Fetzner einen Studenten in der Klasse. Diese ermutigende und vertrauensvolle Herangehensweise behält er in seinem Unterricht konsequent bei. Das Bildungssystem ist ein Thema, worüber er sich richtig aufregen kann. Er hat das Denken außerhalb des Rahmens ganz bestimmt nicht in der Schule gelernt, sondern durch seine Neugier und den Mut verschiedene Wege zu erkunden. Mathematik, zum Beispiel, ist nie seine Stärke gewesen, obwohl er für das Lernen und Erkunden schon immer etwas übriggehabt hat. Ein typischer Rat von ihm, an jemanden sich seiner Fähigkeiten unsicher ist, sich die Komplexe nie einreden zu lassen.

Kurzgefasst: Wer behauptet, dass der Mathe-Streber direkt eine Karriere als Naturwissenschaftler vor sich hat und der Kreative nur für die Kunst taugt, kriegt von Prof. Fetzner was zu hören! Die Tendenz unserer Gesellschaft, alles in wohldefinierte Schubladen zu stecken, hält er für Bullshit. Außerdem ist er der beste Beweis, dass es anders genauso gut funktionieren kann, wenn nicht gar besser.

Daniel Fetzner in seinem Labor für Medienökologie
Daniel Fetzner in seinem Labor für Medienökologie im Raum A009. © Daria Bilokon

Zwischendurch treibt ihn sein innerer Globus bis nach Kairo. Dort arbeitet er während des Arabischen Frühlings an künstlerischen Forschungsprojekten. Zunächst wirkt er als Studiendekan für zwei Jahre am Aufbau der Medienfakultät der German University in Kairo mit. 2014 erhält er eine W3-Professur in Offenburg. Hier befindet sich sein Labor für Medienökologie, über das er mit Studierenden immer wieder Forschungsreisen in die Ferne, vor allem nach Ägypten und Indien unternimmt. Die thematischen Schwerpunkte liegen in der Untersuchung der Mensch-Tierbeziehung und der kritischen Betrachtung der Themen Müll und Klimawandel. Aus der Summe dieser Reisen und ihrer interaktiven Webdokumentationen ergibt sich das aktuelle Projekt DeGlobalize: Die Erde und die Globalisierung mal nicht als „runde Sache“, sondern politisch, ökologisch und medial neuinterpretiert.

…sonst drehe ich durch!

In seiner Freizeit sucht Prof. Fetzner Abwechslung, gleichzeitig legt er großen Wert auf Rituale und einen klaren Tagesablauf. Seit fünfzehn Jahren lebt er in Freiburg und pendelt von dort nach Offenburg. Essenziell wichtig ist ihm sein wöchentlicher Fußball-Termin am Mittwochabend – „sonst drehe ich durch“.  Die Altherrenriege besteht aus einem bunt gemischten Haufen vom Krankenpfleger bis zum Kleinspediteur. Der älteste ist ein ehemaliger Profikicker mit 77, aber auch Fetzners 18-jähriger Sohn steht wöchentlich mit auf dem Rasen. Wenn Daniel Fetzner nicht forscht, lehrt oder reist, fährt er gerne Fahrrad oder kümmert sich um seinen Schrebergarten. Dort vor allem leidenschaftlich um das Unkraut.

Bildquellen

Alle Bilder sind selbst aufgenommen