Studentenleben

#thatgirl – Ein fragwürdiger Traum von Selbstoptimierung und Perfektionismus

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#thatgirl – Ein fragwürdiger Traum von Selbstoptimierung und Perfektionismus

Selbstoptimierung und Perfektionismus vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Der Social Media Trend „#thatgirl“ spiegelt einen Lifestyle wider, der genau das verspricht. Vom gesunden Avocadobrot über die morgendliche Meditation bis hin zur täglichen Sporteinheit. Es scheint, als hätten die Frauen in den Videos ihr Leben im Griff. In diesem Beitrag erfährst du, was es mit diesem Selbstoptimierungs-Trend auf sich hat, warum dieser gefährlich sein kann und was du dagegen tun kannst.

Social Media Trend #thatgirl – Wer ist dieses Mädchen?

Sie steht früh auf, treibt Sport, ernährt sich gesund, schreibt in ihr Journal, liest jeden Tag ein paar Seiten in einem Buch und ist hoch motiviert in Studium oder Beruf. Sucht man auf TikTok, Instagram, YouTube und Co. nach dem Hashtag #thatgirl (dt.: dieses Mädchen), findet man unzählige Posts und Videos von jungen Frauen, die ihre Alltagsroutinen darstellen. Diese sollen andere Frauen zum Nachmachen anregen, um die beste Version ihrer selbst zu werden. 

Auf TikTok verzeichnet der Hashtag mittlerweile 13,2 Milliarden Aufrufe (Tendenz steigend). Dies zeigt, dass dieser Trend eine große Reichweite hat und von vielen jungen Menschen verfolgt wird.

Abb. 1: #thatgirl-Ästhetik
#thatgirl – Starter Kit

Um das besagte Mädchen zu werden, geben die Creator*innen verschiedene Tipps, wie du dem Ideal näher kommst. Denn schließlich soll der Trend dazu dienen, gesunde Gewohnheiten zu etablieren, um so produktiver zu sein. Diese können sein:

  1. Schlafe jeden Tag mindestens acht Stunden 
  2. Stehe früh auf – am besten vor acht Uhr 
  3. Starte deinen Tag mit einer Meditation und Handy freier Zeit 
  4. Bewege dich täglich mindestens 30 Minuten 
  5. Trinke mindestens zwei Liter Wasser am Tag 
  6. Iss zu jeder Mahlzeit Obst oder Gemüse 
  7. Starte ein Journal, in das du täglich schreibst
  8. Bringe Ordnung in dein Zimmer/ deine Wohnung 

Das nachfolgende Video zeigt beispielhaft, wie ein Morgen als #thatgirl aussehen kann.

https://www.youtube.com/watch?v=FbhmsnOMTOE&t=17s

Es gibt auch ähnliche Trends auf TikTok, die sich an Männer richten. Diese sind unter den Hashtags #thatboy, #thatguy oder #itboy zu finden. Ähnlich wie beim #thatgirl-Trend geht es dabei darum, bestimmte Verhaltensweisen zu etablieren. Diese ähneln dem #thatgirl-Trend. Auch hier wird von den Creator*innen ein bestimmter Look für Männer vermittelt.

Mehr Schein als Sein – Darum ist dieser Trend gefährlich

Ein Trend, der zu gesunden Gewohnheiten anregen und dabei helfen soll, produktiver zu sein. Klingt auf den ersten Blick nicht schlecht, oder? Doch #thatgirl hat viele Schattenseiten:

Unrealistische Standards

Der Trend vermittelt eine oberflächliche Sicht von Erfolg und Selbstwert. Der Fokus liegt vor allem auf Äußerlichkeiten. In den Videos und Bildern sind meist „normschöne“, dünne Frauen zu sehen. Dies gibt der „besten Version seiner selbst“ einen standardisierten Look und suggeriert, du musst dünn und perfekt sein.

Scheinbare Leichtigkeit

Die Videos und Bilder vermitteln den Eindruck, dass es ganz einfach ist, nach den Regeln des Trends zu leben. #thatgirl hat keine Probleme, morgens aus dem Bett zu kommen. Auch das morgendliche Workout meistert sie mit Leichtigkeit. Doch sind wir mal ehrlich: Für die meisten von uns ist dieser Lifestyle so nicht realisierbar, zumindest nicht in diesem Ausmaß. Wir studieren, haben Verpflichtungen. Da ist es auch ohne morgendliche Routine manchmal schwer genug, alles unter einen Hut zu bringen.

Permanenter Vergleich

Dass soziale Medien den ständigen Vergleich mit vermeintlich erfolgreicheren und perfekteren Personen verstärken und Frauen bzw. Männer psychisch belasten können, ist nicht neu. Wie eine Studie der britischen Soziologin Rosalind Gill aus dem Jahr 2021 zeigt, geben 90 Prozent der befragten Frauen an, dass sie durch Social Media das Gefühl haben, andere seien erfolgreicher als sie selbst. Der #thatgirl-Trend ist einer von vielen, die diesen psychischen Druck auslösen bzw. verstärken können. Selbst wenn du nach den Regeln des Trends lebst, können am Ende trotzdem Schuldgefühle entstehen, weil die Frauen in den Videos scheinbar ein produktiveres und perfekteres Leben führen.

Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie Social Media dein Selbstbild beeinflussen kann, dann schau dir den Artikel von Nina-Sophie Boost zum Thema „Schein vs. Sein – Wie Social Media dein Selbstbild beeinflusst“ an. In dem Artikel von Lukas Brucker erfährst du mehr über den Einfluss der Vergleichskultur auf den sozialen Medien und erhältst fünf hilfreiche Tipps zur Bewältigung: Zwischen Ideal und Realität: Der Einfluss der Social-Media-Vergleichskultur auf Studierende.

Gefühl von doppeltem Versagen

Trends wie #thatgirl sind keine Seltenheit: #hustleculture , #girlboss, #fitspiration, #luckygirl. Alles Trends, die auf ihre eigene Art und Weise zu Selbstoptimierung und Perfektionismus führen sollen. Dennoch gibt es einen Unterschied zum #thatgirl-Trend. Dieser ist eine Kombination aus den Inhalten der oben genannten Hashtags. Er vereint viele verschiedene Bereiche: Gesunde Ernährung, Bewegung, Erfolg im Berufsleben, Ordentlichkeit. #thatgirl-Content kann daher verstärkt triggern, da dieser Trend nicht nur die körperliche Selbstoptimierung glorifiziert, sondern auch die Optimierung des Alltags. Gelingt die Umsetzung des Lifestyles nicht, ist das Gefühl des Versagens gleich doppelt so groß.

#thatgirl ist eine Illusion. Eine idealisierte und stigmatisierte Ästhetik, die dazu führt, den Alltag nach Selbstoptimierung auszurichten. Die den Wahn nach Perfektion befeuert. Das Glück am Level der Produktivität misst.

Nina Brugger – ELLE Journalistin
🎥 Ein Selbstversuch

Du wolltest schon immer mal wissen, wie es sich nach den #thatgirl-Regeln lebt?
Delal hat es für dich getestet und lebt eine Woche nach den Regeln des #thatgirl-Trends. Wie es ihr dabei ergangen ist, siehst du in der folgenden PULS Reportage.

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❗️Achtung Spoiler

Insgesamt absolvierte Delal nur an vier von sieben Tagen die komplette Routine. An den anderen drei Tagen hat sie nur Teile der Routine durchgeführt. 
Bevor sie diesen Selbstversuch startete, merkte sie auch, dass dieser Trend bei ihr Selbstzweifel auslöste. Sie habe sich immer gefragt, ob sie ein falsches Leben führe oder einfach zu faul sei. 

Ihr Fazit nach sieben Tagen leben wie #thatgirl: 
Sie ist nicht zu faul. Sie hat gemerkt, dass sie eine Routine braucht, aber die #thatgirl-Routine nicht ihre ist.

Fünf Tipps, um gesunde Routinen zu etablieren

Social Media Trends kommen und gehen, aber gesunde Routinen bleiben. Das Anschauen der schönen Bilder und Videos allein reicht nicht aus, um Gewohnheiten zu durchbrechen und neue zu etablieren. Dazu braucht es Selbstmotivation und Durchhaltevermögen.

Diese fünf Tipps können dir helfen, gesunde Routinen zu etablieren: 

1️⃣ Setze dir weniger Ziele: Nimm dir zunächst nur ein oder zwei Ziele vor und setze sie in deinem Alltag um.

2️⃣ Minimiere die Ziele: Anstatt dir zum Beispiel vorzunehmen, jeden Tag um sechs Uhr aufzustehen, stelle deinen Wecker erst einmal eine halbe Stunde früher als sonst. 

3️⃣ „Balance is Key“: Zu einer gesunden Routine gehören auch Belohnungen. Wenn dir danach ist, gönne dir etwas.

4️⃣ Höre auf deinen Körper: Sei nicht zu streng mit dir selbst. Wenn du zum Beispiel merkst, dass du erschöpft bist und eine Pause von deiner Sportroutine brauchst, dann nimm dir diese. Bei deinem nächsten Training wirst du mit mehr Energie durchstarten können.

5️⃣ Sei geduldig: Neue Routinen und Gewohnheiten entstehen nicht von heute auf morgen. Das braucht Zeit. Auch wenn der Anfang schwer ist und es manchmal nicht so klappt, wie du dir das vorgestellt hast. Du musst durchhalten und dranbleiben.

Fazit

Be a girl, not #thatgirl

Nina Brugger – ELLE Journalistin

Dieser Trend vermittelt ein Idealbild. Es ist nichts, was du unbedingt erreichen musst. Niemand ist perfekt und niemand schafft es, jeden Tag alles unter einen Hut zu bringen.
Entwickle eine Routine, die zu deinem Leben passt – nicht zu dem anderer. 

🗣 Meine persönliche Erfahrung mit dem #thatgirl-Trend

Als ich zum ersten Mal von diesem Trend hörte, war ich zunächst begeistert. Ich fand die Idee, sich eine gesunde Morgen- bzw. Alltagsroutine zu schaffen, super. Für mich standen Sport, gesunde Ernährung, Lesen und Journaln im Vordergrund. 

Ich habe aber schnell gemerkt, dass ich das alles im Alltag nur schwer umsetzen kann. Ich fühlte mich unter Druck gesetzt und manchmal auch als Versagerin, weil andere Frauen offensichtlich alles unter einen Hut brachten.

Glücklicherweise konnte ich erkennen, dass es oft Influencer*innen sind, die diesen Lifestyle leben. Durch ihre Berufswahl haben sie die Flexibilität im Alltag, um solche Routinen umzusetzen. Diese Flexibilität habe ich mit einem nine-to-five-Job nicht. Ich habe erkannt, dass ich eine Routine brauche, die in meinen Alltag passt und habe aufgehört, dem #thatgirl-Trend zu folgen.

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