Studentenleben

Versagensangst im Studium – Wie du deine Angst überwindest

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Versagensangst im Studium – Wie du deine Angst überwindest

Der Wecker klingelt. Ein neuer Tag beginnt. Eigentlich ein Tag wie jeder andere. Doch dann kommt der eine Gedanke hoch: Nur noch drei Tage bis zur ersten Prüfung im Semester. Der Puls schießt gefühlt auf 200 und man bekommt ein flaues Gefühl. Wo soll ich anfangen? Wie soll ich das schaffen? Was werden die anderen denken, wenn ich schon wieder nicht bestehe? Das schaffe ich niemals in der kurzen Zeit. Ich werde versagen, schon wieder…

Dieser Gedankengang wird vielen Studierenden bekannt vorkommen. Hand aufs Herz: Wir alle fangen einmal zu spät an zu lernen oder haben die Stoffmenge unterschätzt. Die Panik kommt dann meist vor den Prüfungen. Aber auch schon lange vor der eigentlichen Herausforderung löst allein der Gedanke an eine Prüfung, ein Projekt oder eine Präsentation Panik aus. Die Versagensangst manipuliert unsere Gedanken und lässt wahre Horrorszenarien erscheinen. Man hat Angst es nicht zu schaffen. Angst, nicht gut genug für den Studiengang zu sein. Man fängt an, sich, sein Können und das gesamte Studium zu hinterfragen.

Das stereotypische Bild eines Studierenden, der um 10:00 Uhr aufsteht, jeden Tag feiert und mehr Freizeit hat als er sich vorstellen kann, ist mehr ein Phantom als die Realität. Leistungsdruck und Versagensängste führen unter anderem dazu, dass laut des BARMER-Arztreports 2018 jeder sechste Studierende an einer psychischen Erkrankung leidet. Aber woher kommt diese Angst zu versagen? Wem will man etwas beweisen? Sollte man nicht eigentlich stolz auf das sein, was man leistet?

Gerade in der aktuellen Covid-19 Pandemie steigt bei vielen Studierenden die Versagensangst und lässt gleichzeitig neue Ängste hervortreten: Von schwindender Motivation in den Online-Vorlesungen, über finanzielle und berufliche Unsicherheiten während und nach dem Studium bis hin zu psychischen Belastungen, die Angst zu versagen ist aktuell der stetige Begleiter vieler Studierender.

Woher kommt Versagensangst?

Die Ursachen für Versagensängste sind vielfältig. Oftmals entsteht Versagensangst in erster Linie nicht aus der tatsächlichen Angst vor Fehlern, sondern eher daraus, Erwartungen und Ansprüche anderer und einem selbst nicht zu erfüllen oder gesellschaftlich nicht anerkannt zu werden.

Versagensangst und Leistungsdruck treten häufig zusammen auf und sind eine tödliche Kombination. Mit wachsendem Leistungsdruck steigt auch die Angst zu versagen. Dadurch wollen viele nicht mit dem Lernen anfangen (Stichwort Prokrastination), da sie glauben, es sowieso nicht zu schaffen. Dieser Teufelskreis zieht sich immer weiter bis man voller Panik „last minute“ mit dem Lernen anfängt. Gleichzeitig führt die Angst zu versagen dazu, dass man sich selbst dermaßen unter Druck setzt, dass man am Schluss darunter womöglich zusammenbricht.

Frau schaut neidisch auf eine andere Frau und vergleicht sich mir ihr.

Es ist normal sich hin und wieder mit Mitstudierenden hinsichtlich des Lernstandes oder Noten zu vergleichen. Doch wenn dieses Verhalten zu einer alltäglichen Routine wird, können Selbstzweifel und Versagensängste in einem immer größer werdenden Konkurrenzkampf enden.

Dieser Konkurrenzkampf wird durch die digitale Welt weiter verstärkt. Gerade in Social Media rücken die Faktoren Vergleichbarkeit, Neid und Perfektionismus immer weiter in den Fokus eines Studierenden, denn die Möglichkeit sich mit anderen zu vergleichen scheinen endlos.

Soziale Medien vermitteln oftmals das Gefühl, dass es nicht mehr ausreicht, durchschnittlich zu sein.

Dies führt dazu, dass wir zu Perfektionist*innen werden und beim kleinsten Anzeichen von Fehlern uns selbst und vor allem unser Können in Frage stellen. Innerer Druck baut sich auf. Krankhafte Perfektionist*innen sehen Misserfolge und Fehler in jeder noch so kleinen Aufgabe lauern. Die Angst zu versagen kann lähmend wirken und durch das ständige Vorleben von scheinbarem Perfektionismus, dem hohen Leistungsdruck und dem Vergleichen mit anderen kann sich eine Versagensangst schnell zu Lernstörungen, Stress oder sogar einer psychischen Erkrankung entwickeln.

Was sind die Anzeichen für Versagensangst?

Wie überwindest du deine Versagensangst?

Es gibt viele Möglichkeiten, um Versagensängste zu überwinden oder zumindest zu reduzieren. Wichtig hierbei ist, dass ein gewisses Maß an Angst per se nichts Schlechtes bedeutet.

„Eine unterschwellige Angstbereitschaft kann aber auch Energien freisetzen und Leistungen verbessern, wenn sie nicht zu stark ist.“

Prof. Holm-Hadulla, Psychiater, Psychotherapeut und Psycho-Soziale Beratungsstelle für Studierende an der Universität Heidelberg.

Angst hilft uns, das Studium nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und mit dem nötigen Respekt an die bevorstehende Aufgabe zu gehen. Zudem sollte man sich immer ins Gedächtnis rufen, warum Versagen und Misserfolge für einen persönlich überhaupt etwas Negatives bedeutet. Michael Jordan, Jay-Z, Steven Spielberg und sogar Walt Disney haben in ihrem Leben und ihren Karrieren sehr viele Misserfolge einstecken müssen. Wie sind sie damit umgegangen? Sie haben es als Lektion genommen! Als wichtigen Bestandteil des Lebens, denn erst durch Versagen lernen wir zu wachsen.

Tipps zur Überwindung deiner Versagensangst

Diese zehn Tipps von Personal Coaches, Psychiater und Studierendenblogs helfen dir, deine Versagensängste zu überwinden.

1 I Vergleiche dich nicht ständig mit anderen

Überlege dir: Wen will ich eigentlich beeindrucken und noch viel wichtiger, warum will ich diese Person beeindrucken? Im Endeffekt geht es nicht um die Anerkennung anderer, sondern vielmehr um die eigene Anerkennung. Jeder Mensch hat unterschiedliche Stärken, Ziele und Motivatoren und geht daher seinen individuellen Weg – und das ist auch gut so!

2 I Setze dich selbst nicht zu sehr unter Druck

Denn Leistungsdruck und Versagensangst enden schnell in Stress, Lernstörungen oder psychischen Erkrankungen. Gönn dir auch mal eine Auszeit, um Hobbys nachzugehen oder dich mit Freunden zu treffen.

Zudem kann dir beispielsweise ein Auslandssemester wichtige Erfahrungen für dein Studium, deine berufliche Karriere oder deine persönliche Weiterentwicklung einbringen. Also macht dir keinen Kopf, wenn du es ein Semester ruhiger angehen lässt oder das Studium nicht in Regelstudienzeit abschließt. Du bist immerhin keine Maschine.

3 I Rufe dir deine Erfolge in Erinnerung und sei stolz auf dich

Schenke dir selbst Anerkennung und überlege dir, was du schon alles geschafft hast. Durch positives Denken kannst du dein Selbstvertrauen steigern und hörst auf dich mental selbst zu sabotieren. Versagensangst beginnt im Kopf und durch positive Gedanken kannst du sie besiegen. Weitere Infos zur Macht des positiven Denkens findest du in dem Artikel „Motivation durch eine positive Einstellung und positives Denken“ von Christian Bischhoff.

4 I Halte an deinen Zielen fest

Verfolge und visualisiere deine Träume und Hoffnungen. Halte dir vor Augen, welche Ziele du hast und wofür du das gerade machst. Egal wie hart es dir manchmal vorkommt, denk daran, oftmals ist bereits der Weg das Ziel.

5 I Vermeide Prokrastination und Fake Work

Selbst jeden Tag ein bisschen Arbeiten ist besser, als gar nichts zu tun. Informiere dich hierzu zusätzlich bei den Newsfeed-Beiträgen „Zwischen Prokrastination und Produktivität“ und „Fake Work

6 I Begegne deiner Angst mit Selbstvertrauen

Überzeuge dich und dein Unterbewusstsein selbst davon, dass du alles schaffen kannst, wenn du es willst. Glaube an dich selbst und niemand wird dich aufhalten können!

7 I Trainiere Prüfungssituationen

Versagensängste begegnet man am besten mit einer optimalen Vorbereitung. Hierzu gehört auch, Prüfungen im Vorfeld zu simulieren. Indem du dieses Szenario durchgehst, lernst du mit deiner Versagensangst umzugehen. Dies kannst du entweder mit einer dir vertrauten Person machen oder du stellst dich vor den Spiegel und gehst die Prüfungssituation mit dir selbst durch. Hierbei solltest du dich um positive Erfahrungen bemühen, denn diese helfen dir dabei, deine Versagensängste zu reduzieren. Hier gilt: Übung macht den Meister!

8 I Gehe das Worst-Case-Scenario durch

Was ist das Schlimmste was passieren kann und was würdest du in dieser Situation machen? Indem du dieses Szenario durchgehst, konfrontierst du deine Versagensangst direkt und lernst damit umzugehen. Du wirst sehen, dass du dir wahrscheinlich umsonst einen Kopf gemacht hast. Ist es wirklich so lebensverändernd, eine Klausur wiederholen zu müssen? Oder hast du einfach nur Angst was die Anderen denken werden?

9 I Schreibe deine Ängste auf und hinterfrage sie

Durch das Aufschreiben haben sie Platz auf dem Papier, aber vernebeln nicht mehr deinen Kopf. Zudem solltest du deine Ängste hinterfragen. Denn erst, wenn du den Kampf mit deinen Ängsten aufnimmst, wirst du wirklich frei sein. Wir sind zu weitaus mehr fähig, als wir uns selbst zutrauen.

10 I Vertraue dich jemanden an

Egal ob der Familie, Freund*innen, einem Sorgentelefon oder der psychotherapeutischen Beratung der HS Offenburg, vertraue dich und deine Ängste jemanden an. In vertrauensvollen Gesprächen kann man die Hintergründe der Versagensängste anschauen und Bewältigungsstrategien entwickeln. Denk daran: Du bist nicht allein und musst das auch nicht allein durchstehen!

Fazit

Wir alle werden sicherlich noch das eine oder andere Mal versagen und Misserfolg spüren. Wir werden auf unserem Weg stolpern, ja vielleicht auch einmal fallen. Wir werden falsche Entscheidungen treffen, Fehler machen und Prüfungen nicht bestehen. Diese Erfahrungen helfen uns zu wachsen. Um es in den Worten von Coco Chanel zu sagen:

„Am häufigsten sind die Menschen erfolgreich, die wissen, dass Versagen unvermeidlich ist.“

Coco Chanel

Aber das wichtigste ist: Wir dürfen nicht aufgeben! Denk daran, du bist nicht alleine, also vertraue dich jemanden an und suche dir Hilfe bei einer Beratungsstelle oder einem Sorgentelefon. Jetzt liegt es an dir, deine Versagensängste loszuwerden und dich von dem Leistungsdruck zu befreien.