Ein Marathon – 42,195 km. Seit seinem 18. Lebensjahr stellt sich Jonas Müller regelmäßig dieser Herausforderung. Um sich auf die Distanz vorzubereiten, läuft er bis zu 120 km pro Woche. Disziplin bestimmt seinen Alltag. Ob im Studium an der Hochschule Offenburg, an der Napier University in Edinburgh oder bei zahlreichen Marathonläufen – Jonas gibt Vollgas.
In Gengenbach geboren und aufgewachsen, hatte Jonas den Campus seit der Kindheit vor der Haustüre. Nach dem Abitur war es daher eigentlich sein Wunsch, der Heimat den Rücken zu kehren. Der BWL-Bachelor mit Schwerpunkt Marketing und Vertrieb an der Hochschule (HS) Offenburg konnte ihn dennoch überzeugen, zunächst in Gengenbach zu bleiben. Im Auslandssemester tauschte Jonas schließlich den Schwarzwald gegen die schottischen Highlands und verbrachte vier Monate an der Napier University in Edinburgh. An das Fach Scottish Culture and Society erinnert er sich besonders gerne zurück. Irn-Bru, das orange-leuchtende, inoffizielle, schottische Nationalgetränk, trinkt Jonas heute noch gerne. Allgemein sind ihm die vier Monate Schottland in sehr guter Erinnerung geblieben.
„Bereits im Auslandssemester
habe ich den Entschluss gefasst,
nach Schottland zurückzukehren.”
Edinburgh in Schottland
Zurück in der Heimat schloss Jonas seinen Bachelor ab. Obwohl für ihn eigentlich schon feststand, einen Master in Schottland zu machen, entschied er sich zunächst für den Masterstudiengang Dialogmarketing und E-Commerce (DEC) an der HS Offenburg. Was eher nach Lückenfüller klingt, stellte sich für ihn als sehr gute Entscheidung heraus. “Wenn ich von DEC nicht überzeugt gewesen wäre, hätte ich einfach ein Jahr gearbeitet und Geld verdient.” An seiner Studiengangswahl würde Jonas rückblickend nichts verändern, dennoch hat ihm das Auslandssemester in Schottland gezeigt, wie es sich anfühlt an einer sehr großen Universität zu studieren. Während des Bachelors und Masters wohnte Jonas zu Hause, dadurch sei in Offenburg und Gengenbach nicht immer ein klassisches Studentenleben aufgekommen. Ob große Universität oder kleine Hochschule – am Ende hat sicher beides seine Vor- und Nachteile. An DEC schätzt Jonas den hohen Praxisbezug. Einige Projekte seien zwar etwas chaotisch gewesen, dennoch konnte er viele wertvolle Erfahrungen und Einblicke sammeln. Seine Masterarbeit schrieb Jonas in Kooperation mit dem Baden-Marathon. Er erarbeitete ein Marketing-Konzept und konnte dort seinen Studienschwerpunkt und die Liebe zum Marathonlaufen vereinen.
Mit Bestleistungen ins Ziel
Wie beißt man sich erfolgreich durchs Studium? Wahrscheinlich genau wie durch einen Marathon – mit viel Disziplin und Durchhaltevermögen. Jonas nahm an seinem 18. Geburtstag zum ersten Mal an einem Marathon teil. Mittlerweile hat er seinen 21. Marathonlauf bewältigt, seine Bestzeit liegt bei 2:32:15 Stunden. Der durchschnittliche Marathonläufer benötigt für die Distanz von 42,195 km über vier Stunden. Für eine Olympia-Qualifikation im Marathonlauf müssen Männer eine Zielzeit von 2:11:30 Stunden erreichen, Frauen 2:29:30 Stunden.
“Ich bin deutlich näher an der Olympianorm als am Marathon-Durchschnittsläufer.”
Jonas im Trainingslager an der Algarve in Portugal
Um sich auf einen Marathon vorzubereiten, trainiert Jonas teilweise mehrfach pro Tag – Laufeinheiten, Krafttraining, Yoga und Dehnen stehen auf dem Trainingsplan. Zudem engagiert sich Jonas in der Lauf-Szene. Seit Jahren schreibt er für das Magazin Runner’s World. Um junge Läufer*innen zu fördern, gründete er bereits zu Beginn seiner Marathon-Karriere, mit Natalie Wangler und Patrick Brucker, den Verein Roadrunners Südbaden e.V..
Durch Grenzerfahrungen im Training und bei Wettkämpfen hat Jonas gelernt, 100 Prozent zu geben und Motivationstiefs zu überwinden. Dieses Durchhaltevermögen hat im Studium für Bestnoten gesorgt und ihn immer angespornt, einen Schritt weiter zu gehen als andere.
Ein Master ist nicht genug
Im Bachelor und Master an der HS Offenburg hatte Jonas seinen Studienschwerpunkt im Marketing. Bei seiner Master-Wahl in Schottland entschloss er sich für “International Business Management”, um auch in diesem Bereich etwas breiter aufgestellt zu sein. Er bastelte sich somit seinen eigenen Double-Degree. Doch für ein Masterprogramm in Schottland sollte man circa 20.000 Euro einplanen. Wie hat Jonas es geschafft, das zu finanzieren? Zum einen mit zahlreichen Nebenjobs während des Studiums in Offenburg und der Unterstützung seiner Eltern, zum anderen auch durch gute Leistungen und soziales Engagement. Für die Arbeit in seinem Verein und seine guten Leistungen im Bachelorstudium wurde Jonas mit dem Felix-Tradt-Preis ausgezeichnet.
Mit drei Hochschulabschlüssen in der Tasche war sich Jonas sicher, seine Universitätskarriere war noch nicht beendet. Was Jonas im Bezug auf das Marathonlaufen sagte, passt vielleicht auch an dieser Stelle:
“Ich kann mich einfach noch ein
bisschen mehr quälen, als andere.”
Jonas beim Training
Promotion – das Ziel vor Augen
Aktuell arbeitet Jonas an seiner Promotion. Diese findet in Kooperation mit der Napier University in Edinburgh statt. Das Ziel einer Doktorarbeit ist es, neue Forschungserkenntnisse in einem bestimmten Bereich beizutragen, in dem aktuell noch eine Forschungslücke besteht. Jonas hat sich für die Forschungsarbeit im Marketing in Verbindung mit Nachhaltigkeit bei großen Sportveranstaltungen entschieden. Durch die Promotion möchte er sich als Experte für Marketing und Management positionieren und auf seine bisher sehr erfolgreiche akademische Laufbahn weiter ausbauen.
Eine Promotion kann auf sehr unterschiedliche Arten erfolgen. Für Jonas lief der Prozess wie folgt ab: Durch ausgiebige Literaturrecherche versuchte er zunächst eine Forschungslücke zu finden und arbeitete anschließend ein Thema aus. Mit diesem Thema bewarb er sich an verschiedenen Universitäten und durchlief Bewerbungsprozesse. Die Voraussetzungen für die Annahme sind neben guten Studienleistungen auch ein solides Forschungsthema, welches zur Universität und deren Professor*innen passt. Die Napier University in Edinburgh sagte Jonas die Betreuung seines Themas zu und nahm ihn als Doktoranden auf. In Zwischenabgaben wird seine Forschungsarbeit nun überprüft und bewertet. Für die Promotion ist ein Zeitraum von drei Jahren vorgesehen und an der Napier University zahlt er 5.075 Pfund pro Kalenderjahr. Jonas beschreibt die Promotion als sehr intensiv und stressig. Er muss viel Eigenmotivation aufbringen. Es gilt, Phasen, in denen es besonders gut läuft auszunutzen und Phasen, in denen er nicht weiter kommt, zu überstehen. Auch bei dieser Aufgabe hilft ihm erneut das Marathonlaufen, das aufopfernde Training und der eigene Kampfgeist.
Wie es für Jonas nach der Promotion weitergehen soll, ist aktuell noch offen. In Schottland fühlt er sich sehr wohl, dennoch hätte er nichts dagegen, noch einmal in einem anderen Land zu leben und zu arbeiten. Auch der Heimat fühlt sich Jonas verbunden und kann sich sehr gut vorstellen in den Schwarzwald zurückzukehren. Dass Jonas bisher nicht allzu viel Berufserfahrung sammeln konnte, sieht er nicht als Nachteil. In Offenburg war sein Studium sehr praxisnah und auch als Werkstudent konnte er wertvolle Erfahrungen sammeln. Zudem ist sich Jonas sicher:
“Wer etwas auf dem Kasten hat, setzt sich immer durch.”
Jonas mit Freundin Natalie auf der Isle of Skye
Durchhalten zahlt sich aus
Durch Forschungsarbeit und soziales Engagement schafft es Jonas Müller, nicht nur als Läufer, sondern auch sozial und akademisch, einen Beitrag für seine Leidenschaft zu leisten. Die Karriere ist kein Sprint, sondern ein Marathon – das beweist er in allen Lebenslagen.
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Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Irn-Bru#/media/Datei:Fm_irnbru.jpg
https://www.laufen.de/d/nie-war-das-rennen-um-die-olympia-tickets-spannender
https://www.runnersworld.de/autor/jonas-mueller/
http://www.roadrunners-suedbaden.de/
https://www.lbv-tradt.de/felix-tradt-preis.html
https://www.napier.ac.uk/research-and-innovation/research-degrees/courses
Bildquellen: Jonas Müller