Hast du schon einmal das Gefühl gehabt, etwas zu verpassen, wenn du nicht ständig deine Social Media-Feeds checkst? Oder hast du dich schon einmal schlecht gefühlt, als du gesehen hast, wie viel Spaß deine Freunde ohne dich haben? Dann leidest du vielleicht unter der Fear of Missing Out, oder kurz FOMO. In diesem Beitrag erfährst du mehr über das Phänomen, seine Ursachen und dessen Folgen. Finde heraus, wie ausgeprägt die Angst bei dir ist und lerne direkt wie diese bewältigt werden kann.
Was steckt hinter FOMO?
Fangen wir von vorne an. Was verbirgt sich hinter dem Begriff FOMO überhaupt? Die Abkürzung steht für die Angststörung „Fear of Missing Out“, bei der Betroffene die Angst verspüren, etwas zu verpassen. Dabei handelt es sich nicht nur um ein neuartiges Phänomen. Schon seit Jahrhunderten befürchten Menschen etwas zu verpassen. Der amerikanische Marketingexperte Dan Herman gilt dabei als Entdecker von FOMO. Er beschrieb es erstmals 2000 in einer wissenschaftlichen Arbeit, nachdem er das Phänomen in Gesprächen mit Konsumenten entdeckt hatte. Diese berichteten ihm, sie hätten sich manchmal gefragt, was ihnen entgangen wäre, wenn sie bestimmte Produkte nicht gekauft hätten.
In den letzten Jahren hat gerade Social Media in großem Maße dazu beigetragen, dass immer mehr Leute von der Angst betroffen sind und unter den Folgen leiden. In einer polnischen Studie gaben zuletzt mehr als jeder Vierte der befragten jungen Erwachsenen an unter starker FOMO zu leiden.
Wusstest Du schon?
Der Begriff FOMO hat im letzten Jahrzehnt so sehr an Bedeutung gewonnen, dass er 2013 seinen Weg in das Oxford English Dictionary – dem englischen Pendant zum Duden – gefunden hat.
Um FOMO auszulösen, bedarf es gar nicht viel. Ein Instagram Post der letzten Party oder ein Gespräch deiner Freunde über den letzten Kinobesuch, bei welchem du nicht dabei sein konntest, kann schon ausreichen. Du fühlst dich ausgeschlossen und in dir entsteht das Gefühl etwas verpasst zu haben. Die Folgen können hierbei vielseitig sein.
Woran erkennst du, ob du unter FOMO leidest?
Die Fear of Missing Out ist zwar (noch) keine anerkannte psychische Krankheit, kann jedoch ein breitgefächertes Spektrum an Auswirkungen mit sich bringen. Die häufigsten Symptome lassen sich dabei in drei Kategorien einteilen.
Sozial
- Erhöhte Smartphone-und Social-Media Nutzung
- Neid/Eifersucht
- Nomophobie*
- Phubbing**
Psychisch
- Schlechte Laune
- Geringere Lebenszufriedenheit
- Einsamkeitsgefühl & Depressionen
- Abhängigkeiten/Sucht
Physisch
- Schlafstörungen
- Erhöhter Stress
*Nomophobie bezeichnet die Angst von seinem Handy getrennt zu sein – abgeleitet aus dem Englischen „no mobile phone phobia“. Unter **Phubbing versteht man das Verhalten, während sozialer Interaktionen mit seinem Handy zu hantieren. Es leitet sich aus den englischen Wörtern „Phone“ und „Snubbing“ her, was mit „jemanden vor den Kopf stoßen“ übersetzt werden kann. Ebenso wie FOMO haben auch Nomophobie und Phubbing erst durch soziale Medien massiv an Bekanntheit gewonnen. Beides sind Verhaltensweisen die unmittelbar mit der Angststörung in Verbindung stehen.
Wie du siehst, sind die Folgen von FOMO sehr ernst zu nehmen, da sie insbesondere längerfristig zu erheblichen Einschränkungen auf deine körperliche und psychische Gesundheit nehmen können. Zudem ist auch mit negativen Einflüssen auf dich und dein soziales Umfeld zu rechnen. Zögere nicht bei akuten Depressionen oder ähnlichen psychischen Problemen und suche dir professionelle Hilfe. Erste Anlaufstellen findest du im Folgenden verlinkt.
Teste dich selbst!
Nur weil du unter einer oder mehrere der genannten Symptome leidest, bedeutet dies noch nicht, dass du von FOMO betroffen bist. Der FOMO Scale kann helfen den Grad der Angststörung einzuschätzen und bildet die Grundlage der meisten Selbsttests. Dabei handelt es sich um einen Aussagenkatalog, der von dem amerikanischen Professor Andrew Przybylski entwickelt wurde. Er besteht aus den folgenden zehn Items:
- Ich habe Angst, dass andere tollere Sachen erleben als ich.
- Ich habe Angst, dass meine Freund*innen tollere Sachen erleben als ich.
- Ich mache mir Sorgen, wenn meine Freund*innen ohne mich Spaß haben.
- Ich mache mir Sorgen, wenn ich nicht weiß, was meine Freund*innen gerade tun.
- Mir ist es wichtig, Insider-Witze meiner Freund*innen zu verstehen.
- Ich frage mich manchmal, ob ich zu viel Zeit damit verbringe, immer auf dem Laufenden zu sein.
- Ich finde es schlimm, eine Gelegenheit zu verpassen, meine Freund*innen zu treffen.
- Mir ist es wichtig, meine schönen Erfahrungen auch online zu teilen.
- Mich stört es, wenn ich ein geplantes Treffen verpasse.
- Ich halte mich auch dann auf dem Laufenden, wenn ich in den Urlaub fahre.
Je mehr und je stärker diese Aussagen auf dich zu treffen, desto höher ist dein FOMO-Risiko. Alternativ kannst du auch einen kurzen Online-Test machen, um eine genauere Einordnung deines FOMO-Levels zu erhalten.
Die eigene Angst bekämpfen
Aber was kann gegen FOMO getan werden? Auch wenn es nicht das eine Wundermittel gegen die Fear of Missing Out gibt, existieren viele Techniken und Ansätze zur Bewältigung der Angststörung. Die folgenden sieben Tipps können dir dabei helfen, besser mit deiner Angst umzugehen.
1. Schütze dich vor Ablenkungen
Schalte die Push-Benachrichtigungen auf deinem Handy oder deiner Smartwatch aus, um nicht ständig von neuen Nachrichten oder Posts abgelenkt zu werden. Lege dein Handy auch mal weg oder schalte es ganz aus, wenn du dich auf etwas anderes konzentrieren willst oder Zeit mit anderen Menschen verbringst.
2. Limitiere deine Bildschirmzeit
Setze dir täglich feste Zeiten oder Grenzen für die Nutzung von sozialen Medien oder anderen Online-Aktivitäten. Apps können dir dabei helfen, deine Bildschirmzeit zielgenau zu überwachen oder zu reduzieren. Versuche idealerweise auch, vor dem Schlafengehen oder nach dem Aufstehen auf dein Smartphone zu verzichten, um deinen Schlaf und deine Stimmung zu verbessern. Das blaue Licht von Handydisplays und anderen Geräten kann die Melatonin Ausschüttung verringern und damit das Einschlafen erschweren.
3. Vergleiche dich nicht mit anderen
Mache dir bewusst, dass die sozialen Medien oft nur eine verschönerte Version der Realität zeigen. Die Mehrheit der aktiven Social Media Nutzern teilt nur die positiven Dinge ihres Lebens und lassen die Negativen aus. Zudem hat jeder Mensch seine eigenen Stärken, Schwächen, Ziele und Werte. Also vergleiche dich nicht mit anderen, sondern konzentriere dich auf dich selbst.
4. Betrachte die Dinge realistisch
Erinnere dich daran, dass du nicht alles haben oder machen kannst. Es ist menschlich, manchmal etwas zu verpassen oder neidisch auf andere zu sein. Aber das bedeutet nicht, dass du unglücklich sein musst oder etwas falsch machst. Akzeptiere deine Gefühle und versuche, sie rational zu hinterfragen. Helfen können dir dabei die Fragen: Wie wichtig ist es wirklich, was ich verpasse? Was habe ich stattdessen gewonnen oder gelernt? Wie würde es mir wirklich gehen, wenn ich dabei wäre?
5. Sei ehrlich zu dir selbst
Hinterfrage deine Motive für deine Handlungen und Entscheidungen. Unternehme oder kaufe Dinge nicht nur, weil andere sie tun oder haben. Finde heraus, was dir wirklich wichtig ist und was dich glücklich macht. Verfolge deine eigenen Interessen und Leidenschaften und setze für dich realistische Ziele.
6. JOMO – Genieße den Augenblick
Das Gegenstück zu FOMO ist JOMO. Dabei geht es darum, aus der Angst (Fear) eine Freude (Joy) zu machen, etwas zu Verpassen. Bei JOMO stehen nämlich nicht die anderen und ihre Erlebnisse im Vordergrund, sondern zuallererst deine Bedürfnisse. Du willst lieber mal ein Wochenende auf der Couch verbringen, statt auf die nächste Party zu gehen? – Das ist vollkommen ok. Anstatt dich auf das zu konzentrieren, was du nicht hast oder tust, schätze das, was du besitzt und machst. Sei präsent und achtsam in deinem gegenwärtigen Moment. Nimm deine Umgebung wahr, erfreue dich an den kleinen Dingen im Leben und sei dankbar für sie.
7. Mache einen Digital Detox
Solltest du bemerken, dass FOMO dein Leben sehr beeinträchtigt oder du dich von den sozialen Medien stark abhängig fühlst, wäre der Digital Detox eine drastische, aber voraussichtlich sehr effektive Methode für dich. Das bedeutet, dass du für eine bestimmte Zeit (das können Tage, Wochen, aber auch Monate sein) komplett auf Social Media verzichtest. Nutze diese Zeit stattdessen für Dinge, die dir guttun, wie zum Beispiel Sport treiben, ein Buch lesen, ein Hobby ausüben oder Zeit mit Freunden oder Familie verbringen.
Die wichtigsten Erkenntnisse
FOMO ist ein omnipräsentes Phänomen dieser Zeit. Durch das ständige Always-On Verhalten entsteht schnell das Gefühl, etwas zu verpassen. Falls auch du betroffen bist, solltest du dies nicht auf die leichte Schulter nehmen, da dich die Angststörung nachhaltig schädigen kann. Sei dir aber bewusst, dass du nicht allein unter dem Problem leidest und selbst etwas dagegen tun kannst. Sobald du erste Fortschritte in deinem Umgang mit der Angst machst, wirst du schnell merken können, dass du nichts verpasst und zufriedener und gelassener durchs Leben gehen kannst.
Wenn Du noch mehr zu dem Thema FOMO – insbesondere in Verbindung mit Social Media – erfahren möchtest, lies dir gerne den folgenden Beitrag dazu aus unserem Newsroom durch oder schau dir den verlinkten TED Talk auf YouTube an.
Was dich ebenfalls interessieren könnte:
Die Angst etwas zu verpassen: Wie Social Media FOMO verstärkt
von Leonie Schwall
Veröffentlicht am 1. Mai 2023
TED-Talk: FOMO – The fear of missing out
Textquellen
AOK (2021): FOMO: Was kann man gegen die Angst, etwas zu verpassen, tun? https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/psychologie/jomo-gegen-fomo-tipps-gegen-die-fear-of-missing-out/
Barmer(2020): Gesundes Schlafen: Digitale Medien und ihr Einfluss auf die Schlafqualität. https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/leben/schlaf/schlafqualitaet-digitale-medien-1056086
Chaffin, Charles R. (2021): Numb. How the Information Age Dulls Our Senses and How We Can Get Them Back. Newark: John Wiley & Sons Incorporated.
Chotpitayasunondh, Varoth; Douglas, Karen M. (2016): How “phubbing” becomes the norm: The antecedents and consequences of snubbing via smartphone. In: Computers in Human Behavior 63, S. 9–18. DOI: 10.1016/j.chb.2016.05.018.
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Poser, Manfred (2018): #fomo. Fear of missing out : die Angst, ertwas zu verpassen. 1. Auflage, Deutsche Originalausgabe. Amerang: Crotona Verlag GmbH.
Przybylski, Andrew K.; Murayama, Kou; DeHaan, Cody R.; Gladwell, Valerie (2013): Motivational, emotional, and behavioral correlates of fear of missing out. In: Computers in Human Behavior 29 (4), S. 1841–1848. DOI: 10.1016/j.chb.2013.02.014.
Statista (2023): Share of Polish internet users who are afraid of missing out on news on social networks in 2022, by age; https://www.statista.com/statistics/981941/poland-social-networkers-who-suffer-from-fomo-by-age/
Studysmarter (o.D.): FOMO – 10 Tipps gegen die Angst, etwas zu verpassen; https://www.studysmarter.de/magazine/fomo-tipps/
Bildquellen
Beitragsbild (selbstbearbeitet):
- Foto von mikoto.raw Photographer: https://www.pexels.com/de-de/foto/foto-der-frau-mit-handy-3367850/ und
- Foto von Harrison Haines: https://www.pexels.com/de-de/foto/leute-die-vor-der-buhne-stehen-3172566/
Bild 1: Foto von Kris K: https://pixabay.com/photos/male-night-darkness-light-2013929/
Bild 2: Foto von Gary Cassel: https://pixabay.com/photos/girls-cell-phones-sitting-3481791/
Bild 3: Eigener Screenshot, Testergebnis: https://www.idrlabs.com/3-minute-fomo/test.php
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