Einmal mit den Augen des Kunden sehen. Das wünscht sich doch jedes Unternehmen. Denn häufig sagt ein Blick mehr als tausend Worte. Eye-Tracking bietet die Möglichkeit, genau dies umzusetzen. Wie das funktionieren soll und was Eye-Tracking überhaupt ist, erfährst du in diesem Beitrag.
Grundsätzlich ist das Eye-Tracking-System ein technisches Hilfsmittel, welches die Blickrichtungen und Augenbewegungen einer Person aufzeichnet. Vereinfacht gesagt, wird damit die Antwort auf folgende Frage verbildlicht: Wo schaut eine Person wann hin?
So funktioniert Eye-Tracking
Die Untersuchung mit einem Eye-Tracking-System kann völlig berührungslos an einem Computer stattfinden. Hierfür müssen lediglich ein Eye-Tracker und eine Videokamera am Bildschirm befestigt werden. Nachdem eine Person vor dem Bildschirm Platz genommen hat, kann es auch schon starten. Das Einzige, was die Person dabei sehen kann, sind Bilder und Videos auf dem Bildschirm. Doch Folgendes spielt sich im Hintergrund ab: Ein kleines Infrarot-Licht erzeugt zu Beginn eine erkennbare Reflexion im Auge der Person. Aber keine Sorge! Dies ist weder sichtbar noch spürbar. Zeitgleich zeichnet eine Videokamera die erzeugte Reflexion im Verhältnis zur Bewegung der Pupille auf.
Aus diesen gewonnen Daten kann das System anschließend den genauen Verlauf des Blickes berechnen. Das war’s schon! Einfacher als gedacht, oder?
Zusätzlich zu den stationären Systemen, gibt es die mobilen Systeme. Diese funktionieren grundsätzlich nach dem gleichen Prinzip wie die stationären Systeme. Jedoch trägt die Person die Tracker direkt am Körper, häufig in Form einer Brille. Dadurch können die mobilen Eye-Tracker für Untersuchungen außerhalb des Labors verwendet werden, wie zum Beispiel in einem Supermarkt.
Das nachfolgende Video zeigt dir ein Beispiel einer Eye-Tracking-Untersuchung:
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Auch die Hochschule Offenburg ist stolzer Besitzer dieser Technologie. Unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Rohbock wird das Labor Medienforschung mit voll ausgestattetem Eye-Tracking-Equipment geführt. Darunter befinden sich sowohl stationäre als auch mobile Systeme. Ein weiteres Eye-Tracking-System befindet sich im Labor zum Customer Experience Tracking.
Auswertung von Eye-Tracking
Ist die Untersuchung abgeschlossen, kommt der letzte Schritt: das Auswerten der Ergebnisse. Dafür bestehen verschiedene Möglichkeiten. Nachfolgend sind drei der gängigsten Varianten dargestellt.
1. Heat Maps
Heat Maps machen sichtbar, wie lange und wie häufig die einzelnen Bereiche des Bildschirms betrachtet wurden. Die rot gekennzeichneten Bereiche deuten auf besonders stark betrachtete Elemente hin. Grün markierte Bereiche hat die Person hingegen nur sehr kurz angeschaut. Regionen, die farblich nicht markiert sind, hat der Proband nicht betrachtet. Diese Variante eignet sich gut, um herauszufinden, welche Bereiche für die Person besonders interessant oder auffällig waren.
2. Opacity Maps
Bei den Opacity Maps sind alle nicht betrachteten Bereiche schwarz eingefärbt. Je durchsichtiger ein Bereich, desto intensiver hat die Person diesen wahrgenommen. Mit dieser Darstellung kann man besonders gut aufklären, welche Regionen der Nutzer überhaupt nicht registriert hat.
3. Gazeplots
Gazeplots bieten die Möglichkeit, die Blickverläufe zu veranschaulichen, indem sie mit den nummerierten Kreisen die Reihenfolge der angeschauten Spots zeigen. Zusätzlich ist aus der Größe dieser Kreise die Dauer der Betrachtung abzulesen. Das heißt: je größer der Kreis ist, desto länger erhielt der Bereich die Aufmerksamkeit der Person. Dadurch kann ein guter Überblick über alle notwendigen Informationen zu Fokussierung, Blickverlauf und Reihenfolge der Betrachtung gegeben werden.
Was sind die Anwendungsfelder von Eye-Tracking?
Eye-Tracking ist besonders in der Marktforschung ein häufig verwendetes Tool. Es hilft dabei die Wirksamkeit, Benutzerfreundlichkeit oder Wahrnehmung von beispielsweise Werbekampagnen und Webseiten zu untersuchen. Dabei werden Informationen gewonnen, die weder durch das Beobachten noch das Befragen von Personen generiert werden können.
Grundsätzlich geht einer Eye-Tracking-Untersuchung eine zu beantwortende Frage voraus. Diese könnte zum Beispiel wie folgt lauten:
- Was lenkt die Benutzer von den wichtigen Inhalten der Webseite ab?
- Sind die gewünschten Informationen schnell und einfach zu finden?
- Lesen die Benutzer die Texte auf der Webseite überhaupt?
- Welche Inhalte betrachtet der Benutzer intensiv und welche übersieht er?
Bei Interesse kannst du dir auch noch die weiteren Einsatzbereiche der Eye-Tracker im medizinischen und im Gaming Bereich anschauen.
Und wo sind die Grenzen von Eye-Tracking?
Jetzt hast du schon einiges darüber erfahren, was das System alles kann. Aber natürlich hat es auch seine Grenzen. Folgende Situation kommt dir sicherlich bekannt vor: Du starrst auf ein beschriebenes Blatt Papier, bist aber mit den Gedanken woanders. Und hier versteckt sich das erste Problem. Laut Eye-Tracking-System hast du den Inhalt intensiv wahrgenommen, was aber nicht der Fall ist. Es kann also nicht abwägen, ob die fokussierten Elemente auch tatsächlich durch die Testperson verarbeitet wurden. Des Weiteren zeichnet das System nur auf, was in unserem Blickfokus liegt. Allerdings nehmen wir auch Informationen wahr, die außerhalb davon liegen. Eine weitere Einschränkung stellt der hohe Aufwand dar, der durch eine Eye-Tracking-Untersuchung entsteht. Daher ist es häufig nur möglich, eine kleine Anzahl an Testpersonen zu befragen. Aufgrund des kleinen Stichprobenumfangs ist anschließend auch die Qualität der Daten kritisch zu betrachten.
Fazit zum Eye-Tracking
Wie du in diesem Beitrag gesehen hast, ist es möglich, mit den Augen des Kunden zu sehen. Zumindest in einem gewissen Maße. Unternehmen können dadurch die Bedienbarkeit von Webseiten, die Effizienz von Werbeanzeigen oder auch die Wahrnehmung von Inhalten testen und schließlich besser auf ihre Kunden anpassen. Insgesamt stellt Eye-Tracking ein äußerst hilfreiches Tool für die Marktforschung dar – und darauf sollte man nicht verzichten!
Aber was machst du jetzt mit dem ganzen Wissen? Viele Universitäten und Hochschulen bieten die Möglichkeit an, Eye-Tracking direkt zu erleben. Wie bereits erwähnt, ermöglicht dies auch die Hochschule Offenburg. Diese gibt Studierenden die Chance, an der Forschung teilzuhaben und somit verschiedenen Fragestellungen auf den Grund zu gehen. Häufig findet dies in Kooperation mit den verschiedensten Unternehmen statt und es warten viele spannende Projekte auf die Studierenden. Zusätzlich kannst du auch an Workshops teilnehmen, um erste Einblicke in die Praxis von Eye-Tracking zu bekommen oder dein Wissen zu vertiefen. Falls dieser Bericht dein Interesse geweckt hat, dann schau doch mal in einem der Labore vorbei!
Bildquellen
- Bild 1: freies Bild von Pete Linforth auf Pixabay
- Bild 2/3/4/5: Eigene Aufnahmen und eigenständig bearbeitete Screenshots der Webseite der Hochschule Offenburg