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Das ZKM Karlsruhe – Treffpunkt für Medienbegeisterte

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Das ZKM Karlsruhe – Treffpunkt für Medienbegeisterte

Künstler, die sich an der Tischtennisplatte duellieren. Familien, die auf antiken Konsolen daddeln. Roboter, die Manifeste über das Zusammenleben von Mensch und Maschine verfassen. Und das alles an einem Ort? Obwohl ich schon als Schüler des öfteren Besucher war weiß das Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe (kurz ZKM) immer wieder zu überraschen.

Die weitläufigen Hallen der ehemaligen Munitionsfabrik sind Treffpunkt und Bühne für Künstler, Medienschöpfer und Technikbegeisterte. Basierend auf der Idee die Entwicklung der klassischen Künste ins digitale Zeitalter zu beobachten und mitzugestalten wurde das ZKM 1989 gegründet. Seitdem werden hier sämtliche Ausdrucksformen der modernen Kunst zelebriert, aber auch kritisch bearbeitet: Malerei, Fotografie, Skulptur, Film, Video, Medienkunst, Musik, Tanz, Theater und Performance gehören zum Programm der wechselnden Ausstellungen und Events.

Nun aber genug von Geschichte und Theorie; „einzigartige Kulturinstitution“ und „digitales Bauhaus“ beschreiben das ZKM zwar treffend aber sind wohl eher Phrasen für wortreiche Medien-Profs, also: Was genau gibt es im ZKM momentan zu erleben?

„Open Codes – Die Welt als Datenfeld“

Diese aktuelle Ausstellung thematisiert unsere zunehmend von Daten bestimmte Welt und ihre elektronischen Schnittstellen. Es wird alles geboten, was den informierten Technikfan beschäftigt: Künstliche Intelligenz, virtuelle Realität, digitale Währungen.

Dabei ist „Open“ wörtlich zu nehmen: Der Eintritt ist frei, jeder ist willkommen und wie man die Räumlichkeiten nutzt ist einem, zumindest ein Stück weit, selbst überlassen: Open Codes bricht nämlich das herkömmliche Museumsformat komplett auf: Neben den zahlreichen, oft interaktiven Installationen, die es zu bestaunen gibt, laden Sitzecken und Tischgruppen ein um zu verweilen. Manch einer kommt hier deshalb zum Arbeiten oder Entspannen in der Mittagspause her. Schon die erste Installation am Eingang gibt unter dem Titel „YOU:R:CODE“ den Ton der ausgestellten Werke an: Der Besucher wird von Kameras erfasst und auf großen Bildschirmen immer weiter digital transformiert. Am Anfang des Ganges siehst du noch dein Spiegelbild, am Ende nur noch maschinell lesbaren Code.

Nachdem du diese unfreiwillige Verwandlung überstanden hast, öffnet sich vor dir der große Ausstellungsraum, den du frei erkunden kannst. So stößt du beispielsweise auf einen gehackten alten Tischrechner, der als Bitcoin-Miner eingesetzt wird. Aufgrund der geringen Rechenleistung wird er diese Aufgabe wohl nie bewältigen. Dadurch soll das Werk den Wettkampf um die leistungsfähigsten Technologien im Kontext digitaler Währungen thematisieren. Ähnlich absurd aber unterhaltsam präsentiert sich die Arbeit „Lost in Computation“: Hier wird auf Bildschirmen ein Gespräch zweier Chatbots abgebildet, welche in Echtzeit miteinander kommunizieren.

Etwa 100 Werke dieser Art, mal angewandter, mal verkopfter kannst du in Open Codes noch bis zum 06.01.2019 bewundern. VR-Anwendungen, experimentelle Audiosoftware und algorithmisch erzeugte Kunst lassen dich dabei leicht die Zeit vergessen. Jedoch hat das ZKM noch einiges mehr zu bieten:

„zkm_gameplay.the next level“

Etwas versteckt im zweiten Obergeschoss befindet sich die fortlaufende Spieleplattform des ZKM. Diesen Herbst ist sie mit einer Neuauflage gestartet und lädt Besucher zum zock…ääh „informativen, kritischen und kreativen Austausch über interaktive Medien“ ein.

Für Studenten kostet der Eintritt 4€. Dafür bekommst du eine Menge zu sehen, denn außer der Gameplay lassen sich mit der Eintrittskarte noch drei weitere Ausstellungen besuchen. Alle Ausstellungen sind jedoch eindeutig zu viel für einen Tag ohne das Gebäude komplett visuell überreizt zu verlassen. Darum habe ich manches nur flüchtig angeschaut und mich auf die Open Codes und die Gameplay konzentriert. Letztere ist in mehrere „Level“ mit verschiedenen Schwerpunkten unterteilt:

Level 1: Die Anfänge der Computerspielkultur

Hier werden die Anfänge des Gamings mittels Texten und alten Arcade-Automaten wieder zum Leben erweckt. An einigen Spielstationen kannst du, alleine oder auch zu mehreren, Klassiker wie Pong, Pacman oder Asteroids spielen. Zudem werden hinter verglasten Fenstern Konsolen aus den Kindertagen der Videospiele bis hin zur letzten Generation wie antike Kulturschätze präsentiert.

Level 2: Besondere Erzählweisen

Der zweite Abschnitt befasst sich mit moderneren Spielen, in denen außergewöhnliche Erzählweisen umgesetzt wurden. Hier hatte ich auf unbekanntere Werke gehofft, um etwas Inspiration für ein eigenes Projekt schöpfen zu können. Allerdings waren selbst mir als Gelegenheitsspieler viele Titel wie „Dear Esther“, „The Stanley Parable“ oder „Firewatch“ schon bekannt. Nicht-Gamer oder Spieler, die sonst eher Titel aus klassischen Genres gewöhnt sind, haben hier aber sicherlich einiges zu entdecken!

Level 3: Neue Interfaces

Ein paar neue und interessante Spielerfahrungen waren dann aber auch für mich dabei. Besonders in Level 3, wo der Schwerpunkt auf innovative Interfaces und „Mixed Reality“ gesetzt wurde. In „SisyFox“ beispielsweise steuerst du den Charakter nicht per Controller, sondern über eine riesige Kunststoffkugel. Diese kannst du über einer Halterung in alle Richtungen rollen und bestimmst so die Laufrichtung eines Fuchses – ein ungewohntes aber definitiv spaßiges Erlebnis.

Bei „Room Racers“ liegt das Besondere nicht in der Steuerung sondern der Spieloberfläche. Diese wird auf eine Bodenmatte projiziert, auf der nun mit realen Gegenständen ein Hindernisparcour aufgebaut werden kann. Danach erkennt eine Kamera die Umrisse der Gegenstände als Barrieren. Mit, per Controller gesteuerten, virtuellen Autos können hier nun mehrere Spieler gegeneinander antreten. Die hier gezeigten Spiele verknüpfen so den virtuellen mit dem physischen Raum und erforschen die Zukunft der Spielbranche. Etwas schade war, dass einige Anwendungen nicht funktionsfähig waren. Anscheinend hatte es hier so manch übermäßig begeisterte Besucher mit der Interaktion zu weit getrieben.

Fazit

Insgesamt kann ich die aktuellen Angebote im ZKM auf jeden Fall empfehlen! Du solltest dich jedoch schon vor dem Besuch informieren, welche der vielen Ausstellungen dich interessieren und viel Zeit mitbringen. Sonst besteht die Gefahr, dass du schon mental ausgelaugt bist,  bevor du das Wichtigste gesehen hast. Zudem bietet es sich an in einer Gruppe hinzugehen, da wirklich viele Möglichkeiten zum Ausprobieren und Material zum Austausch geboten werden. Am Wochenende mit Kommilitonen oder über die Weihnachtszeit mit der Familie, ein Besuch im ZKM lohnt sich – immer!

Links

Weitere aktuelle Ausstellungen im ZKM
Öffnungszeiten
Anfahrt

Quellen

Quellen:

  • Website des ZKM, abgerufen am 07.12.2018
  • Broschüre „Open Codes – Die Welt als Datenfeld“
  • Informationstafeln vor Ort

Bilder:


Eigene Aufnahmen in Absprache mit der Pressestelle des ZKM.