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Der gebührenfinanzierte Rundfunk – 17,50€ für den Bergdoktor?

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Der gebührenfinanzierte Rundfunk – 17,50€ für den Bergdoktor?

Netflix für 7,99€, Spotify für 4,99€, Sky für 9,99€ – und dann noch 17,50€ im Monat für ein Angebot, das ich gar nicht nutze? So viel muss monatlich allerdings jede*r in den gemeinsamen Topf des Rundfunkbeitrags einzahlen. Warum ist das so? Und weshalb ist das wichtig? Das, und den ein oder anderen Tipp, um etwas Geld zu sparen, erfährst Du in diesem Beitrag. 

„Die Zwangsabgabe bezahlt den Staatsfunk!“

Nicht erst seit der Debatte Ende 2020 über eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent auf dann sogar 18,36€ im Monat steht der öffentlich-rechtliche Rundfunk, häufig mit ÖR abgekürzt, in der Kritik. Zu langweilig, zu regierungsnah und schlichtweg zu teuer, so die Meinung vieler Kritiker*innen. Deutlich direkter und deutlicher ist das Feedback in den sozialen Medien insbesondere während der aktuellen Corona-Krise: Von „Lügenpresse“ oder „Staatsfunk“ ist häufig die Rede. 

Mehrere Milliarden Euro stehen dem ÖR jährlich insgesamt zu Verfügung. Es scheint dennoch nicht genug Budget zu sein, um statt der x-ten Wiederholung des Sonntagstatorts auf dem Spartensender „one“ eine neue, spannende Spielfilmproduktion oder eine informative Dokumentation auszustrahlen. Stattdessen wird das „Zwangsabomodell“ wohl eher dafür genutzt, den Intendant*innen, also den Leiter*innen der jeweiligen Rundfunkanstalten, üppige Gehälter auszuzahlen. Viele Bürger*innen fordern deshalb eine Reform des Modells des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, zuungunsten des aktuellen Beitragssystems, oder gar eine komplette Abschaffung der verpflichtenden Zahlung einer einheitlichen Summe. 

WDR-Intendant Tom Buhrow lächelt in Kamera.
WDR-Intendant Tom Buhrow ist mit 395.000€ Jahresgehalt Spitzenverdiener unter den Intendanten

72 Jahre unabhängige Berichterstattung 

Mit dem Ziel einer freien und unabhängigen Berichterstattung ebneten die Alliierten nach Ende des zweiten Weltkriegs den Weg zu unserem heutigen Rundfunksystem. Nach dem Vorbild des britischen, gebührenfinanzierten Rundfunks der BBC (British Broadcasting Corporation) bauten sie auch in Deutschland sechs Landesrundfunkanstalten auf, die der Gesellschaft eine demokratische Berichterstattung liefern sollten. 1950 schlossen sich diese sechs Anstalten dann zusammen und gründeten die ARD. 

Kleiner Klugscheißer-Fact für Deine nächste Zoom- oder WG-Party: 

ARD steht nicht für Allgemeiner Rundfunk Deutschlands, sondern für Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland.

1954 wurde schließlich das erste Mal ein gemeinsames Fernsehangebot der ARD ausgestrahlt. Wenige Jahre später startete dann auch das ZDF mit einem regelmäßigen Programm, allerdings zentral organisiert und nicht in Zusammenarbeit der verschiedenen Landesanstalten. Diese erweiterten das Angebot um die regionalen Programme, die sogenannten „Dritten“. 

In Folge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts Anfang der 1980er Jahre, war es ab diesem Zeitpunkt auch privaten Anbietern möglich, ein Fernsehprogramm auszustrahlen. Seitdem existiert in Deutschland das duale Rundfunksystem mit den öffentlich-rechtlichen Sendern auf der einen und den privaten Sendern auf der anderen Seite. Um hier trotzdem noch den Grundgedanken bei der Einführung der Landesrundfunkanstalten fortzusetzen, wurde der Rundfunkstaatsvertrag abgeschlossen (heute: Medienstaatsvertrag). In §26 ist der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender festgehalten. Beispielsweise die Berichterstattung über aktuelle nationale und internationale Geschehnisse, um eine individuelle und öffentliche Meinungsbildung zu gewährleisten. Außerdem müssen Sport- und Kulturereignisse einen Teil der Sendezeit einnehmen. Dabei haben sich die Anstalten an verschiedene Grundprinzipien, wie Unparteilichkeit oder Objektivität, zu halten. Damit das funktioniert, sind sie nicht staatlich finanziert, sondern durch den gemeinsamen Rundfunkbeitrag. 

Gebäude des ARD-Hauptstadtstudios mit ARD-Logo
Das ARD-Hauptstadtstudio in Berlin

Wer bekommt den Rundfunkbeitrag? 

Acht Milliarden Euro kommen unter dem Strich dabei raus, wenn alle Beitragszahler*innen monatlich 17,50€ Rundfunkbeitrag bezahlen. Zum Vergleich: Das ist doppelt so viel wie der Umsatz der ProSiebenSat.1 Gruppe. Der lag in den vergangenen Jahren jeweils konstant bei etwa vier Milliarden Euro. Die gewaltige Summe resultiert aus etwa 46 Millionen Beitragskonten in Deutschland. Wer den Rundfunkbeitrag bezahlen muss, ist im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag geregelt. Grundsätzlich gilt, dass jeder Haushalt zahlungspflichtig ist, und zwar egal ob ein Empfangsgerät vorhanden ist, oder nicht. Unterschiede in der Höhe des Beitrags gibt es nicht. Grund dafür ist das Solidarmodell, wodurch eine möglichst hohe Gerechtigkeit bei der Finanzierung erreicht werden soll, indem jede*r den gleichen Anteil zahlt, sodass auch jede*r den gleichen Nutzen des Angebots hat. 

Auch Studierende müssen Rundfunkbeitrag bezahlen. Hier sind drei Möglichkeiten, wie Du den Beitrag entweder nicht bezahlen musst, oder Geld sparen kannst: 


1. Wenn Du in einer WG lebst, genügt es, wenn eine*r der Mitbewohner*innen beim Beitragsservice angemeldet ist. Der Rest kann sich also abmelden und Ihr könnt euch die Kosten aufteilen. In einer 4er-WG sind es dann sogar weniger als 5€ pro Person.

2. Solltest du BAföG beziehen, kannst Du Dich sogar komplett vom Rundfunkbeitrag befreien lassen.

3. Wohnst Du noch (oder, coronageschuldet, wieder) bei Deinen Eltern, musst Du natürlich auch keinen Rundfunkbeitrag bezahlen, wenn Deine Eltern bereits als Beitragszahler angemeldet sind.

Über die Höhe des Beitrags entscheiden die Anstalten dabei natürlich nicht selbst. Stattdessen wird sie in einem mehrstufigen Verfahren festgelegt. Dabei wird von den jeweiligen Rundfunkanstalten zunächst der jeweilige Finanzbedarf ermittelt, der dann bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, kurz KEF, von unabhängigen Expert*innen geprüft wird. Danach gibt die KEF eine Empfehlung an die jeweiligen Landesparlamente weiter. Aufgeteilt wird der Rundfunkbeitrag dann an die ARD, das ZDF, das Deutschlandradio und die Landesmedienanstalten, die die privaten Rundfunkangebote beaufsichtigen. 

Grafik zur Aufteilung des Rundfunkbeitrags.
Aufteilung des Rundfunkbeitrags

Öffentlich-Rechtlich steht für mehr als nur Tatort, Bergdoktor und Traumschiff

Mit den 8 Milliarden Euro Budget kann der ÖR viel anfangen. Anders als in der vielgeschriebenen Kritik besteht das Angebot der Rundfunkanstalten nämlich nicht hauptsächlich aus Tatort-Wiederholungen oder Helene-Fischer-beweihräuchernden Schlager-Musikshows, sondern bietet innerhalb der großen Senderfamilie für nahezu alle Zielgruppen das passende Angebot: Von KiKa für Kinder, bis zu ARD-alpha für Doku-Freaks. Natürlich könnte man hier jetzt noch sämtliche Sendungen des linearen Fernsehens oder die klassischen Radioprogramme à la SWR3 aufzählen, doch für Dich als Studierende*n gibt es viel interessantere Inhalte.

Insbesondere auf YouTube ist der ÖR mit unzähligen Kanälen unter der Dachmarke „funk“ stark vertreten. Verschiedene Doku-Formate, wie Y-KollektivSTRG_F oder auch die mit dem deutschen Comedypreis ausgezeichnete Show World Wide Wohnzimmer werden durch den Rundfunkbeitrag ermöglicht. Zusätzlich liefert Dir der Deutschlandfunk durch verschiedene Podcasts sowohl Information als auch Unterhaltung.

Meine drei persönlichen Tipps für Dich an öffentlich-rechtlichen Inhalten:


1. maiLab: Auf diesem YouTube-Kanal bringt Dir die Wissenschaftsjournalistin und Chemikerin Mai Thi Nguyen-Kim die Welt der Wissenschaft auf sympathische und verständliche Art und Weise näher, ohne Details aus wissenschaftlichen Studien zu vernachlässigen.

2. Deutschland3000: In diesem Podcast interviewt Moderatorin Eva Schulz in einer sehr kurzweiligen Stunde Personen aus den unterschiedlichsten Bereichen: Von Investor Frank Thelen, über Schauspielerin Nora Tschirner, bis hin zu Tagesschau-Moderatorin Linda Zervakis. 

3. Machiavelli – Rap und Politik: Wieder ein Podcast, diesmal ein bisschen nischiger. Hier sprechen Jan Kawelke, Musikjournalist, Vassili Golod, Journalist im ARD-Studio London, und Salwa Houmsi, Journalistin und DJane, über die Verbindung von Politik und Rap. 

Ist die lauter werdende Kritik trotzdem berechtigt? 

Viele Kritiker*innen wird das umfangreiche, diverse Angebot der ÖR nicht überzeugen. Zu alt ist die Debatte um den verpflichtenden Rundfunkbeitrag, den quasi alle Bürger*innen bezahlen müssen. Unfair ist das insbesondere, weil, anders als bei Steuern, nicht zwischen unterschiedlich hohen Einkommen unterschieden wird, was Geringverdiener*innen deutlich benachteiligt. In Norwegen wird der Rundfunk deshalb über die Steuer finanziert – gestaffelt nach dem jeweiligen Einkommen. Fraglich bleibt dann allerdings, wie es sich folgend mit der Staats- und Regierungsferne verhält, denn unabhängige Berichterstattung ist wichtiger denn je. Auch in Deutschland ist weiterhin der ÖR das am vertrauenswürdigsten eingeschätzte Medium, vermutlich auch deswegen, weil er weder durch den Staat, noch durch Werbung finanziert ist, sondern solidarisch von jedem*r einzelnen Bürger*in. 

YouTube

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Dinge Erklärt – Kurzgesagt: Brauchen wir die Öffentlich-Rechtlichen noch?

Fazit

Der ÖR und damit der Rundfunkbeitrag haben also eine lange Geschichte und auch eine wichtige Funktion. Durch ein abwechslungsreiches Programm wird diese Aufgabe auf vielseitige Art und Weise gemeistert. Dass das Bezahlmodell dennoch eher überholt ist, steht wohl außer Frage. Doch ich bin überzeugt davon, dass die verantwortlichen Personen in Zukunft ein angemessenes Modell entwerfen, das weiterhin ein unabhängiges Medienangebot ermöglicht, fernab von Bergdoktor & Co.

Mitmachen kannst Du beim ÖR übrigens nicht nur, indem Du den Rundfunkbeitrag bezahlst, sondern auch indem Du aktiv am Angebot mitwirkst. Das kann nach dem Studium sein, indem Du ein Volontariat in einer Redaktion anstrebst, aber auch schon während des Studiums, beispielsweise mit einem Praktikum bei funk