Studentenleben

#luckygirlsyndrome – warum Positivität toxisch sein kann

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#luckygirlsyndrome – warum Positivität toxisch sein kann

Das ewige Glück. Wer hat noch nicht davon geträumt? „Wenn du nur ganz fest daran glaubst und dir selbst einredest, dass du Glück hast, dann wirst du es auch haben.“ So zumindest die Theorie des sogenannten „Lucky Girl Syndromes“. Doch was verbirgt sich genau hinter diesem Trend auf Social Media? Und welche Gefahren können damit einhergehen?

In einer von Social Media geprägten Welt kommen und gehen Trends. Gerade Challenges, wie beispielsweise die „Cinnamon Challenge“, stellen sich im Nachhinein als gefährlich heraus. Teilnehmende versuchen, einen Esslöffel voll Zimt auf einmal zu schlucken – allergische Reaktionen oder Atemnot sind Folgen der vermeintlich lustigen „Mutprobe“. Neben diesen ehemaligen Trend, wirken andere relativ harmlos. Einer davon ist das sogenannte „Lucky Girl Syndrome“.

Was ist das Lucky Girl Syndrome?

Der virale Trend der „Lucky Girls“ begann mit Influencerin Laura Galebe auf TikTok im Dezember 2022. „Ich erwarte einfach immer, dass mir großartige Dinge passieren und dann passieren sie auch“, sagte sie in einem ihrer Videos. Inzwischen hat der #luckygirlsyndrome über 850,7 Millionen Aufrufe auf TikTok (Stand 18.04.2023). Grinsend sitzen die Frauen vor der Kamera und erzählen, wie ihnen das Glück durch positive Affirmationen und Manifestieren nur zugeflogen kommt. Typische Sätze der „Lucky Girls“ sind „Alles wird für mich funktionieren“ oder „Ich bin so glücklich“. Mit diesen Aussagen bekräftigen sie immer wieder, dass ihre Wünsche und Ziele in Erfüllung gehen, wenn sie nur fest genug daran glauben.

Video von Laura Galebe

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Ich ziehe all die Dinge, Menschen und Situationen in mein Leben an, denen ich Aufmerksamkeit und Energie gebe.

Michael Losier (Gesetz der Anziehung)

Ganz neu ist der Trend des „Lucky Girl Syndromes“ nicht. Er befolgt das sogenannte Gesetz der Annahme, nach welchem in der Realität das eintritt, was als Wahrheit angenommen wird. Hinzu kommt das Gesetz der Anziehung, welches besagt, dass das, was nach außen getragen wird, auch zu einem selbst zurückkommt. Einfach erklärt: Wenn eine Person nach außen trägt, dass sie Glück hat, dann findet einen das Glück.

Manifestation und positive Affirmationen

Beim Manifestieren werden Glaubenssätze verwendet, mit denen Gedanken bewusst und gezielt gesteuert werden. Diese Gedanken sind meist positive Affirmationen, die bestenfalls real werden. Hier kommt also das Gesetz der Anziehung und Annahme ins Spiel. Bei der Manifestation, sind Wünsche und Ziele so formuliert, als wären sie schon Realität.

Laut der DAK-Gesundheit sind Affirmationen Sätze, „um einer Aussage, einer Situation oder einer Handlung eine positive Einordnung zu geben“. Dabei sollen „festgefahrene und entmutigende Gedanken-, Gefühls- und Handlungsmuster durch befreiende, positive und inspirierende“ ersetzt werden. Positive Affirmationen dienen somit der Selbstermutigung. Schlagwörter, wie die Selbstannahme, Selbstliebe und Selbstbewusstsein finden bei Affirmationen Verwendung. Das hört sich zunächst einmal gut an, nur gibt es auch Schattenseiten bei einer exzessiven Anwendung dieser Techniken – wie das Lucky Girl Syndrome zeigt. Im weiteren Beitrag findet ihr Informationen über die Kritik an diesem Trend.

Beim „Lucky Girl Syndrome“ gibt es keine konkrete oder einheitliche Vorgehensweise, wie die positiven Affirmationen und das Manifestieren eingesetzt werden sollen. Hauptsache ist, dass diese praktiziert werden. Beispielsweise gibt es bestimmte Situationen, in denen sich die jungen Frauen auf die Kraft ihrer positiven Gedanken verlassen. Bei @skzzolno ist es, das favorisierte Zimmer zu bekommen. Oder, wie bei @lauragalbe, Morgen- und Abendroutinen, die positive Affirmationen und das Manifestieren ihrer Gedanken in ihren Alltag integriert.

Hier findet ihr Beispiele für „Lucky Girls“ und ihre Rezepte zum Glück:

Warum ist das Lucky Girl Syndrome so erfolgreich?

In einer Zeit, in der Unsicherheiten, wie der Krieg, der Klimawandel und die Nachfolgen von der Corona-Pandemie vorherrschen, versuchen sich viele Personen an etwas Positives zu klammern.

Außerdem findet der Trend gerade bei der Generation Z hohe Aufmerksamkeit. Eine Studie von Oliver Wyman zeigt, dass die Gen Z sich eher mit spirituellen Praktiken, wie dem Manifestieren oder positiven Affirmationen beschäftigt, als andere Generationen.

In den verschiedensten Videos auf TikTok sind Frauen zu finden, die von positiven Erfahrungen mit dem „Lucky Girl Syndrome“ berichten. TikTokerin @skzzolno sagt in einem Video, dass sobald sie denken würde „Alles funktioniert für mich“, es auch tatsächlich so passiert. Unter diesem Video sind Kommentare, wie „Ich habe das wirklich getan, und die Dinge beginnen sich für mich zu ändern“, „Ich habe so viel Glück, dass alles gut geht“ oder „Ihr habt mein Leben verändert“, zu finden. Das zeigt: Das Syndrom wird unterstützt.

Laura Galebe fordert die Nutzer*innen sogar dazu auf, diese Lebenseinstellung auszuprobieren und versichert, dass das „Lucky Girl Syndrome“ das eigene Leben verändern wird.

Original-Kommentare unter dem Video von @skzzolno

Kritik am Lucky Girl Syndrome

Aber nicht überall findet der Trend Zustimmung. Inzwischen veröffentlichte sogar die Tagesschau einen Aufruf auf ihrem Instagram Kanal, das „Lucky Girl Syndrome“ kritisch zu hinterfragen. Hier einige Punkte, weshalb dieser harmlos erscheinende Trend Gefahren birgt:

1

Toxische Positivität

In einem Artikel des ZDFs wurden verschiedenste Expert*innen im Bereich Manifestation, Achtsamkeit und Selbstmitgefühl zum Thema „Lucky Girl Syndrome“ befragt. Negative Gefühle werden bei diesem Trend komplett außer Acht gelassen. Der Trend geht sogar so weit, dass viele „Lucky Girls“ diese als falsch ansehen – es muss doch immer alles positiv sein, oder nicht?! Dauerhaft negative Emotionen wegzusperren, helfe nach Ansicht der Expert*innen jedoch nicht, diese zu lösen. Das Wachsen an schlechten Erfahrungen wird vollkommen unterdrückt und dadurch die Möglichkeit daraus zu lernen.

2

Frustration

Im Gegensatz zur Manifestation, welche darauf abzielt, die Stärken im Inneren eines Selbst zum Vorschein zu bringen, berufen sich „Lucky Girls“ auf das Äußere – dem Universum. Sobald ein Erfolg also eintritt, ist dieser für einen vorbestimmt. Doch was passiert, wenn etwas nicht so läuft wie geplant? Frustration, Schuldgefühle und Selbstzweifel können sich breit machen. Eine ganz schlimme Folge sind Depressionen. Immer die Schuld bei sich selbst zu suchen, kann einen immer unglücklicher machen – genau das Gegenteil also, was das „Lucky Girl Syndrome“ jedoch bewirken soll. Dann sollte sich professionelle Hilfe gesucht werden.

3

Privilegierung, Krankheiten, schwere Schicksalsschläge …

Es fällt auf, dass viele „Lucky Girls“ weiße, junge Frauen sind, die annehmlich aus guten sozialen Verhältnissen stammen. Das Problem hierbei ist, dass nicht alle Menschen dieselben Möglichkeiten und Privilegien haben. Der Trend jedoch transportiert die Aussage, dass allein durch die Kraft von positiven Gedanken, der Erfolg zu einem kommt, ohne etwas dafür tun zu müssen. Außerdem gibt es bestimmte Faktoren, wie beispielsweise schlimme Krankheiten, welche nur schwer durch die alleinige Kraft der Gedanken beeinflussbar sind. Zudem ist die Wirksamkeit des Trends, laut den Expert*innen von dem Artikel des ZDFs, nicht wissenschaftlich belegt.

Doch was ist nun mit dem „ewigen Glück“?

Dafür gibt es meiner Meinung nach kein wirkliches Rezept. Wir alle haben verschiedene Wahrnehmungsweisen auf unsere Umwelt und somit auch, was Glück für einen selbst bedeutet. Negative Gefühle, Emotionen und schwierige Lebenssituationen gehören nun mal zum Leben dazu. Mit diesen umzugehen, sehe ich als sehr wichtig an. Gleiches verhält sich mit dem Glücklichwerden. Für manche Personen können Aktivitäten wie Kaffee trinken mit Freunden oder ein Ausflug helfen, mit schwierigen Situationen umzugehen. Anderen bereitet es Freude, Musik zu hören oder ihre Gedanken in einen Text zu fassen.

Allgemein möchte ich nicht sagen, dass es keinen Raum für positive Gedanken gibt. Im Gegenteil – ich bin mir sicher, dass es einigen von uns besser gehen würde, wenn wir uns beispielsweise nicht nur auf das Negative fokussieren. Es sollte nur in einem gesunden Verhältnis zueinander stehen.

Mögliche Glücksmomente

Fazit

Trends auf Social Media können in den verschiedensten Facetten auftreten. Sei es als Challenge, die sich als gefährliche Mutprobe herausstellt oder eine Lebenseinstellung, die an Beliebtheit gewinnt. Wichtig dabei ist, auch harmlos erscheinende Trends, wie das „Lucky Girl Syndrome“ kritisch zu hinterfragen. Das Problem bei Social Media allgemein ist zusätzlich, dass Nutzer*innen in eine Spirale von „Lucky Girl Content“ fallen können. Öffnen sie beispielsweise TikTok, werden sie nur noch mit „Lucky Girls“ konfrontiert. Mit der Zeit könnten die Nutzer*innen dazu geneigt sein, diesem Trend Glauben zu schenken.

Tipp: Schaut euch doch einmal den Blogbeitrag „Manipulation durch Facebook – Übernimmt der Algorithmus die Kontrolle?“ von Anastasia Thomas an, um mehr über dieses Phänomen zu erfahren. Falls ihr mehr über TikTok und seine Hintergründe wissen möchtet, lest euch die Beiträge „TikTok – Das neue Instagram?“ von Jochen Meßmer und „TikTok-Verbot in den USA – Zieht Europa nach?“ von Celina Unger durch.

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