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Manipulation durch Facebook – Übernimmt der Algorithmus die Kontrolle?

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Manipulation durch Facebook – Übernimmt der Algorithmus die Kontrolle?

Familien, die nicht einmal wussten, dass die andere Person existiert, können sich zufällig finden. Einen Spender oder eine Spenderin für ein neues Organ zu finden, wird erleichtert. Schneller Kontakt und Vernetzung mit gleichgesinnten Menschen ist gar kein Problem mehr. Doch wie vorteilhaft ist das System wirklich?

Wusstest du, dass täglich Massen an Daten von einer künstlichen Intelligenz gespeichert und in einen Algorithmus eingepflegt wird? Diese Informationen nutzt Facebook um ein digitales Datenprofil von dir zu erstellen und damit deine täglichen Aktivitäten zu kontrollieren und zu manipulieren.

Allgemein über Facebook

Viele Statistiken zeigen: Facebook ist seit Jahren das populärste soziale Netzwerk weltweit. Was einst als Projekt neben dem Studium von Mark Zuckerberg begann, ist mittlerweile ein milliardenschweres Unternehmen, das von dem US-amerikanischen Unternehmen Meta Platforms betrieben wird. Schon 2004 gründete Zuckerberg „Facebook Inc.“, über die Jahre hinweg wurden beispielsweise Instagram oder WhatsApp aufgekauft und machen den Konzern zu einem der größten weltweit. Im Juli 2021 wurde die Entwicklung eines „Metaversums“ veröffentlicht, das einen virtuellen Raum darstellen soll.

So entsteht dein Datenprofil

Facebook hat mehrere Algorithmen programmiert, die individuelle Daten seiner User sammelt und daraus ein Profil erstellt. Dieses wird ständig mit Informationen gefüttert, sodass die Berechnungen immer besser werden. Aktivitäten, die gespeichert werden, sind zum Beispiel welche Bilder geliked wurden, welche Beiträge auf der Chronik verfasst, geteilt oder kommentiert wurden oder Freundinnen und Abonnentinnen jedes einzelnen Nutzenden. Der Algorithmus speichert sich alle Daten, auf die er Zugriff hat, damit das Datenprofil so vollständig wie möglich ist. Durch das detaillierte Profil, weiß Facebook ganz genau, auf welche Werbung die Nutzerinnen anspringen. Denn damit Facebook Einnahmen generiert, bietet es seinen Kundinnen an, Werbung zu schalten.

Die Highlights aus dem aktuellen Börsenbericht von Facebook zeigen, wie viel Geld das soziale Medium durch Werbung erwirtschaftet. Im Januar 2021 benutzten täglich 2,6 Milliarden Menschen Facebook. Davon benutzen 308 Millionen Nutzer*innen aus Europa Facebook täglich. Die Werbeeinnahmen pro Nutzer*in sind in Europa von 10 auf 15 US-Dollar gestiegen. Im letzten Quartal (Q4/2020) machte Facebook über 28 Milliarden Umsatz. Im Jahre zuvor waren es 21 Milliarden (Q3/2020), welches einen deutlichen Zuwachs darstellt.

Facebooks drei Ziele

1. Aktivitätsziel

Mit dem Aktivitätsziel möchte Facebook, dass die Nutzer*innen so viel Zeit auf der Plattform verbringen wie möglich. Durch das Scrollen im Newsfeed werden in unserem Körper Endorphine ausgeschüttet. Durch diesen Glückszustand, den wir ausgesetzt sind, merken wir nicht, wie lange wir auf der Plattform aktiv sind.  Neurowissenschaftler*innen der Freien Universität in Berlin haben dies mit einer Studie belegt.

2. Steigende User Zahl

Das zweite Ziel von Facebook ist, so viele Menschen wie möglich auf die Plattform zu locken. Dies geschieht hauptsächlich, indem man Freunde auf die Plattform einlädt. 1,8 Milliarden Menschen nutzen Facebook täglich. In Europa sind im vergangenen Quartal(Q3/2020) eine Million tägliche Nutzer hinzugekommen.

3. Viel Geld durch Werbung

Dadurch das Facebook werbefinanziert ist, ist das dritte Ziel auch das wichtigste, welche die Plattform verfolgt. Indem Facebook Anzeigen vom Kunden schaltet, verdient das Unternehmen Geld.

Die Algorithmen und was sich dahinter verbirgt

Aber wie funktionieren jetzt die Facebook-Algorithmen? Zuerst nimmt Facebook jeden Beitrag genau unter die Lupe und bewertet ihn nach vorher festgelegten Ranking-Signalen wie zum Beispiel wie aktuell der Beitrag ist. Im nächsten Schritt werden Beiträge aussortiert, welche für den Nutzer*in nicht relevant sind. Unter anderem Inhalte, bei denen die Nutzer*innen signalisiert haben, dass sie kein Interesse mehr an diesem Beitrag haben. Danach lässt die KI ein „leistungsfähigeres neuronales Netzwerk“ über das Verhalten des Nutzers laufen, um sie individuell zu bewerten. Zum Beispiel könnte ein Nutzer*in mit 20-prozentiger Wahrscheinlichkeit Lifehack Videos anschauen, aber mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit gibt er einem Babykatzenvideo ein Herz als Reaktion. Die Beiträge werden in der Reihenfolge ihrer Wertigkeit angeordnet. Als Letztes stellt der Algorithmus einen Querschnitt von Benutzertypen zusammen, damit die Nutzer*innen eine interessante Vielfalt von Beiträgen zum durchscrollen erhalten.

Ranking-Signale der Facebook-Algorithmen 

  • Beziehungen
    • Mit wem und wie interagiert die Nutzer*in? Hier schaut die kI beispielsweise, welche Personen mit einem Unternehmen schreiben oder welche Tags bei einem Beitrag benutzt wurden.
  • Content-Typ
    • Welche Medientyp, zum Beispiel Bild, Video oder Link, wird im Post verwendet und mit welcher Medientyp interagiert der Nutzer*in am meisten?
  • Beliebtheit
    • Wie viele Likes und Engagements erhält ein Beitrag? Wie genau reagieren die Freund*innen darauf? Wird der Beitrag kommentiert oder ignoriert? Wie reagieren allgemein andere Nutzer*innen auf die Beiträge?
  • Aktivität
    • Wie neu ist der Beitrag? Desto neuer, desto höher die Platzierung.

Wenn du nicht für das Produkt bezahlst, dann bist du das Produkt.

Tristan Harris, Ex-Google-Mitarbeiter
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Facebook und der Einfluss auf uns

Die Konsequenzen sind anders als
erwartet. Durch das Zeigen von Werbespots, ändert
die KI das (Kauf-)verhalten der Nutzer*innen.

Facebook wird immer häufig dafür kritisiert,
dass Menschen, insbesondere Jugendliche durch
das soziale Medium in Depressionen verfallen. Eine Studie, der Universitäten von Arkansas und Pittsburgh stellte heraus, dass nach sechsmonatigen intensiver Social Media Nutzung 990 von 1289 Menschen Symptome einer Depression entwickelten. Die neue Generation ist ängstlicher, aggressiver und zerbrechlicher als die Generationen zuvor.

Die Ex-Mitarbeiterin Frances Haugen kritisiert Facebook dafür, dass die Plattform die Gesellschaft spaltet und einen riesigen Einfluss auf Jugendliche hat. Frances erzählt in einem Interview, wie Facebook sich auf das Wachstum des Unternehmens konzentriert und die Auswirkungen auf die Nutzer*innen ignoriert. Facebook hat die Wahl im Interesse der Gesellschaft oder im Interesse des Unternehmens zu handeln. Jedoch entscheidet sich  die Plattform immer für Optimierung des Gewinns.

Manipulation durch Netzwerke

Eine weitere Ex-Mitarbeiterin, Sophie Zhang, wendete sich, nachdem sie von Facebook gefeuert wurde, an die Öffentlichkeit. Bis heute finden auf Facebook Manipulationskampagnen statt. Auch wenn Facebook von den Kampagnen erfährt, ist die Reaktion vom Unternehmen sehr halbherzig.

Letztlich trifft Facebook die Entscheidung, nichts zu tun, weil es den Beziehungen mit bestimmten Regierungen schaden könnte. Oder es könnte für schlechte Presse sorgen.

Sophie Zhang, Ex-Facebook-Mitarbeiterin

Der Präsident von Honduras sammelt Fake-Likes nicht von Accounts, sondern mit Facebook-Pages. Facebook-Pages sind eigentlich dafür gedacht, dass Unternehmen, Politiker und Promis, offizielle Präsenz auf der Plattform haben können. Normalerweise hat jede Person ein Facebook Account.Facebook-Pages sind Accounts von Usern, die mehrere Profile haben oder Fake-Profile erstellen. Genau das haben die Mitarbeiter vom Präsident von Honduras getan.

In Aserbaidschan, regiert vom autoritären Präsidenten Ilham Aliyev, entdeckte Zhang die größten Netzwerke von Fake-Accounts und -Seiten. Sie dienten primär dazu, Opposition und regierungskritische Medien mit negativen Kommentaren zu bombardieren. Das Netzwerk wurde im Sommer 2019 entdeckt, doch erst im Oktober 2020 gab Facebook Maßnahmen bekannt. Gelöscht wurden 589 Facebook-Accounts, 7.665 Seiten und 437 Instagram-Accounts, die alle mit der Aliyev-Partei, der Jugendabteilung der Neu-Aserbaidschan-Partei, in Verbindung standen. Aber warum reagiert Facebook so langsam? Das Unternehmen hat tatsächlich ein großes internes Sicherheitssystem gegründet, um falsche Likes und gefälschte Accounts zu bekämpfen. Es sollte auch große kollaborative Manipulationsnetzwerke aufdecken. Dennoch steht Facebook noch stark in der Kritik, dass sie Hassreden und Falschinformationen vernachlässigen.

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Diese Auswirkungen beziehen sich nicht nur auf Facebook. Alle andere Social-Media-Kanäle wie zum Beispiel Instagram, TikTok und Snapchat funktionieren nach dem gleichen Prinzip.

Das solltest du tun, um deinen Newsfeed selber zu kontrollieren.

  • Lösche die Apps, die deine Zeit in Anspruch nehmen oder setze dir ein Tageslimit.
  • Klicke nie auf Empfehlungen von Videos oder anderen Content.
  • Bevor du etwas glaubst oder mit deinen Freunden teilst, schaue dir die Fakten an. Ist diese Seite glaubwürdig?
  • Abonniere und folge auch Leuten, die andere Interessen haben oder eine andere Meinungen teilen wie du.
  • Wenn du Kinder hast, setze genaue Regeln, wie sie mit Social Media umzugehen haben.
  • Spreche über die Probleme, die durch soziale Medien entstehen und die möglichen Lösungen.

Quellen