Wenn du heute schon auf Social Media unterwegs warst, ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, dass du dich dabei mit anderen verglichen hast. Das Betrachten von Posts und Profilen anderer führt oft automatisch zu einem Vergleich mit uns selbst und geschieht häufig unterbewusst. In diesem Beitrag geht es darum, welche Folgen dieser ständige Vergleich auf das Leben von dir als Studi hat und welche Möglichkeiten es gibt, damit umzugehen.
Social Media und die Kultur des Vergleichens
Social Media ist zum integralen Bestandteil unseres Lebens geworden und verbindet Menschen aus allen Lebensbereichen miteinander. Studierende bilden hier keine Ausnahme und die Plattformen bieten hervorragende Möglichkeiten sich gemeinsam auszutauschen und zu vernetzen. Neben den vielen Vorteilen für Studis hat Social Media jedoch auch eine Kultur hervorgebracht, in der man sich – bewusst oder unbewusst – ständig mit anderen vergleicht.
Im Folgenden erfährst du wie diese Vergleichskultur auf Social Media-Plattformen entsteht, dein Selbstwertgefühl beeinflusst und welche Auswirkungen dies auf dein Wohlbefinden als Student*in haben kann. Außerdem bekommst du am Schluss fünf praktische Tipps an die Hand, um damit richtig umzugehen und deine mentale Gesundheit zu fördern.
Studierende: Besonders anfällig für Vergleiche?
Sich zu vergleichen liegt in der Natur des Menschen. Vergleiche dienen uns als Orientierung und können dazu motivieren unsere Ziele zu verfolgen. Wenn wir uns mit anderen messen, können wir erkennen, welche Fortschritte wir bereits gemacht haben und welche Bereiche wir noch verbessern sollten. Vergleiche können demnach als Ansporn dienen, uns selbst herauszufordern und unser volles Potenzial auszuschöpfen.
Dennoch bergen sie auch die Gefahr, dass man sich in einen ständigen Wettbewerb mit anderen begibt und sein eigenes Wohlbefinden von externen Maßstäben abhängig macht. Vor allem durch die ständige Verfügbarkeit von Vergleichsmöglichkeiten auf Social Media wird der Druck verstärkt, auf die anderen zu schauen. Insbesondere Studierende sind dafür aus den nachfolgenden Gründen besonders anfällig:
Überdurchschnittliche Social Media Nutzung
In einer Studie der Verbrauchs- und Medienanalyse kam 2020 heraus, dass fast 90 Prozent der Studierenden in Deutschland mehrmals in der Woche Social Media genutzt haben. In der gesamten deutschen Bevölkerung waren es dagegen gerade mal 60 Prozent.
Identitätsfindung
Studierende befinden sich in einer Phase der Identitätsbildung, in der sie ihre Stärken, Ziele und Interessen erkunden. In diesem Prozess stellen sie sich häufig Fragen wie „Wer bin ich eigentlich?“ und „Wo stehe ich im Vergleich zu anderen?“ Der Wunsch nach Orientierung und Einordnung führt zu vermehrtem Vergleichen.
Übergangsphase
Die Studienzeit markiert den Übergang vom Jugendlichen zum Erwachsenen und ist mit vielen Veränderungen und Herausforderungen verbunden. Das Streben nach Erfolg, sowohl akademisch als auch beruflich, verstärkt den Druck, sich mit anderen zu vergleichen und den eigenen Fortschritt zu messen.
Konkurrenzdruck
In einigen Studienfächern herrscht ein hoher Konkurrenzdruck, sei es um gute Noten, Praktikumsplätze oder zukünftige Karrieremöglichkeiten. Dies führt dazu, dass Studierende vermehrt ihre Leistungen mit anderen vergleichen, um zu sehen, ob sie „erfolgreich genug“ sind.
Soziales Umfeld
Das Studium bietet viele Gelegenheiten, um sich mit anderen Studierenden zu vergleichen. Ob in Vorlesungen, Seminaren oder sozialen Aktivitäten, die Interaktion mit Kommilitonen kann den Wunsch verstärken, sich mit ihnen zu messen und sich an ihrem vermeintlichen Erfolg zu orientieren.
Messbare Kriterien
Das Bildungssystem und die universitären Strukturen basieren häufig auf messbaren Kriterien wie Noten und Leistungspunkten. Diese objektiven Maßstäbe erleichtern den Vergleich unter Studierenden und fördern die Vergleichskultur.
Die Auswirkungen der Vergleichskultur auf dein Selbstwertgefühl
Kennst du das, wenn du durch deinen Social-Media-Feed scrollst und plötzlich auf Bilder von vermeintlich perfekten Körpern, luxuriösen Lebensstilen und scheinbar erfolgreichen Karrieren stößt? Du fängst plötzlich an, dich unzulänglich zu fühlen und dich selbst zu hinterfragen. Dein Selbstwertgefühl sinkt.
Wissenschaftliche Studien konnten diesen negativen Zusammenhang zwischen Social-Media-Nutzung und dem Selbstwert bereits mehrfach belegen. So kam zum Beispiel in einer Befragung an der Hochschule Offenburg von über 1000 Personen zwischen 14 und 30 Jahren im Frühjahr 2022 heraus, dass Social-Media-Nutzer*innen mit einem geringen Selbstwert eher dazu tendierten, sich mit anderen zu vergleichen.
Aber hier ist etwas Wichtiges, das du dir dabei immer in Erinnerung rufen solltest: Die meisten Inhalte auf Social Media zeigen nur eine idealisierte Version des Lebens. Es ist wichtig zu erkennen, dass wir alle mit ähnlichen Sorgen und Problemen kämpfen. Daher solltest du nicht vorschnell andere beneiden, sondern vielmehr das Bewusstsein entwickeln, dass wir alle mit den gleichen Herausforderungen des Lebens konfrontiert sind.
Wenn du auf der Strasse bist,
Fred Ammon *1930, Aphoristiker
siehst du keinen, wie er ist.
Weil sich die Menschen dort verkleiden,
darfst du sie nicht gleich beneiden.
Besser ist, zu wissen:
sie alle leben
mit den gleichen Kümmernissen.
Die „gefährlichsten“ Plattformen: Wo lauert die größte Bedrohung für dein Selbstwertgefühl?
Unter den zahlreichen Social-Media-Plattformen gibt es bestimmte Apps, die ein besonders hohes Risiko für die Entstehung einer intensiven Vergleichskultur mit sich bringen. Instagram und LinkedIn gehören zu den sozialen Netzwerken, die in diesem Zusammenhang besonders erwähnenswert sind.
Instagram ist eine der beliebtesten Social-Media-Plattformen, insbesondere unter jungen Menschen und Studierenden. Während Instagram viele positive Aspekte bietet, wie das Teilen von Erinnerungen und die kreative Selbstdarstellung, kann es auch zu einer verstärkten Vergleichskultur führen.
Die sorgfältig ausgewählten Bilder und perfekt inszenierten Momente, die auf Instagram präsentiert werden, können bei Studierenden das Gefühl erzeugen, nicht genug zu sein oder das eigene Leben nicht in dem Maße zu genießen wie andere.
Durch den ständigen visuellen Vergleich mit vermeintlich glamourösen und erfolgreichen Lebensstilen von Influencern oder anderen Studierenden kann das Selbstwertgefühl negativ beeinträchtigt werden.
LinkedIn ist eine der führenden Karriereplattformen, die von Studierenden und Berufstätigen genutzt wird. Während es vielen Studenten dabei hilft, ihr professionelles Netzwerk zu erweitern und potenzielle Arbeitgeber zu finden, kann LinkedIn auch eine Quelle der Vergleichskultur sein.
Eine Fülle von Erfolgsgeschichten und Karrieren von anderen Personen, die ähnliche akademische Erfahrungen haben wie man selbst, kann bei einigen Studierenden ein Gefühl von Unterlegenheit auslösen und den Druck erhöhen, eine perfekte Karriere und Lebenslauf vorweisen zu müssen.
Insbesondere für Studierende, die sich in einer Übergangsphase befinden und noch keine klare Vorstellung von ihrem zukünftigen Karriereweg haben, kann das ständige Vergleichen mit anderen auf LinkedIn zu Stress und Unsicherheit führen.
Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass jeder Karriereweg unterschiedlich ist und dass es in Ordnung ist, eine eigene, einzigartige Reise zu machen.
Der Einfluss der Vergleichskultur auf dein Wohlbefinden
Aber jetzt mal Spaß beiseite. Der permanente Vergleich mit anderen auf Social Media und das dadurch ausgelöste, negative Selbstbild können auch ernsthafte Auswirkungen auf dein Wohlbefinden haben. Der ständige Druck, mithalten zu müssen und das Gefühl, nicht erfolgreich genug zu sein, können zu Unzufriedenheit, Angst und Frustration führen. Du fühlst dich beispielsweise gestresst, weil du denkst, dass du nicht genug Freizeit hast oder nicht genug unternimmst.
Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.
Søren Kierkegaard (1813-55), dän. Theologe u. Philosoph
Hier kommt nun eine weitere, wichtige Erkenntnis: Dein Wert und Glück hängen nicht davon ab, wie gut du mit anderen mithältst oder wie perfekt dein Leben auf Social Media aussieht. Es ist entscheidend, dass du dich auf dich selbst konzentrierst und das tust, was dich glücklich macht. Bewege dich weg von den Vergleichen und hin zu einem positiven, erfüllten Leben!
Damit dir das gelingt und du dich von der Vergleichskultur in den sozialen Medien ein Stück weit frei machen kannst, habe ich dir die nachfolgenden Tipps zusammengestellt.
5 Tipps zur Bewältigung der Vergleichskultur auf Social Media
Setze Grenzen
Lege klare Grenzen für deine Nutzung von Social Media fest. Bestimme, wie viel Zeit du täglich oder wöchentlich auf diesen Plattformen verbringen möchtest und halte dich daran. Denke daran, dass es noch viele andere spannende Dinge gibt, die du außerhalb der virtuellen Welt erleben kannst.
Hinweis: Nutze die Bildschirmzeit-Funktion deines Smartphones, um die Nutzungszeiten bestimmter Apps im Blick zu behalten.
Bewusster Konsum
Sei dir bewusst, wie bestimmte Inhalte auf Social Media auf dich wirken. Wenn du merkst, dass bestimmte Konten oder Themen negative Gefühle in dir auslösen, ist es ratsam, ihnen nicht zu folgen oder sie sogar zu blockieren. Folge stattdessen Konten, die dich inspirieren, motivieren und positive Inhalte teilen. Fokussiere dich auf Inhalte, die dich bereichern und dein Wohlbefinden steigern.
Stärken betonen
Jeder von uns hat einzigartige Stärken und Talente. Konzentriere dich auf deine eigenen Fähigkeiten und Ziele, anstatt dich ständig mit anderen zu vergleichen. Feiere deine Erfolge, auch die kleinen, und erkenne den Wert, den du der Welt bringst. Indem du deine Aufmerksamkeit auf deine Stärken lenkst, wirst du ein stärkeres Selbstwertgefühl entwickeln.
Hinweis: Häufig ist der Vergleich mit uns selbst bzw. unserem „früheren Ich“ deutlich motivierender als der mit anderen oder scheinbar objektiven Standards wie zum Beispiel Uni-Noten.
Offline-Aktivitäten genießen
Social Media ist nur ein kleiner Teil deines Lebens. Widme bewusst Zeit den Aktivitäten außerhalb der virtuellen Welt. Gehe raus in die Natur, treibe Sport, lies Bücher oder engagiere dich in Hobbys, die dir Freude bereiten. Nutze die Zeit abseits von Social Media, um dich zu entspannen, neue Erfahrungen zu machen und dich mit der realen Welt zu verbinden.
Unterstützung suchen
Sprich mit Freunden, Familie oder vertrauenswürdigen Personen über deine Gefühle in Bezug auf die Vergleichskultur auf Social Media. Oftmals können sie wertvolle Perspektiven bieten und dich unterstützen. Es gibt auch professionelle Beratungsangebote an unserer Hochschule, die dir helfen können, mit den emotionalen Herausforderungen umzugehen. Scheue dich nicht, Unterstützung anzunehmen!
Fazit
Du bist einzigartig und wertvoll, ganz unabhängig von den Vergleichen auf Social Media. Die Vergleichskultur kann dein Selbstwertgefühl und Wohlbefinden beeinflussen, aber du hast die Macht, damit umzugehen. Setze Grenzen, konzentriere dich auf deine Stärken, genieße das echte Leben und suche Unterstützung, wenn du sie brauchst. Denke daran, dass wahres Glück nicht von Likes oder Follower-Zahlen abhängt, sondern von deiner inneren Zufriedenheit. Sei du selbst, denn das ist das Schönste, was du sein kannst!
Hilfreiche & weiterführende Links ⬇️
Eine weitere Folge von Social-Media-Konsum kann FOMO – die Angst etwas zu verpassen – sein. Wenn du mehr darüber erfahren willst, wie diese Angst durch die sozialen Medien verstärkt wird und wie du sie überwinden kannst, empfehle ich dir die Beiträge von Leonie Schwall und Leo Sparenberg.
Hilfreiche Tipps zum Umgang mit Stress im Studium findest du im Artikel von Stefanie Rohrer zum Thema Achtsamkeit.
Wenn du wissen willst, warum Influencer nicht immer die richtigen Vorbilder sind, dann schau dir doch mal den Beitrag von Anna Wiltschek dazu an.
Textquellen
- Verbrauchs- und Medienanalyse (VuMA)
- Zeit Campus
- Armstrong, X., Dieterle, M., Weber, D., Schäfe, S., Kawasch, M. & Zerres, C. (2023). Social-Media-Content – Auswirkungen auf Fear of Missing Out und den Selbstwert junger Nutzer*innen. In C. Zerres (Hrsg.), Hamburger Schriften zur Marketingforschung: Band 101. Content-Marketing: Grundlagen – Strategien – Entwicklungen (1. Aufl., S. 373–396). Nomos Edition Rainer Hampp.
Bildquellen
- Beitragsbild und Icons: Eigene Illustrationen mit Canva
- Realität vs. LinkedIn: Lean Prinzip