Studentenleben

#vanlife – Social Media Phänomen oder Alternative zur WG?

Max sitzt in der Tür seines Vans "Marti"
Studentenleben

#vanlife – Social Media Phänomen oder Alternative zur WG?

Hinter #vanlife verbergen sich auf den sozialen Netzwerken gut gelaunte Menschen in ausgebauten Bussen an traumhaften Orten. Doch ist der Trend eine kostengünstige Alternative für den Uni-Alltag? Und entspricht das Bild überhaupt der Realität?

Um diese Frage zu beantworten, habe ich mit jemandem gesprochen, der bereits Erfahrung dazu gesammelt hat. Max* ist 24 Jahre alt und studiert aktuell in Freiburg. Nach seiner Zeit in Neuseeland erhielt er kurzfristig die Zusage für einen Studienplatz. Im nächsten Schritt stellte sich die Frage: Wo wohnen?

Vanlife statt WG-Leben?

Wer kennt sie nicht, die „ich koche gerne, bin sauber und ordentlich und immer für ein Glas Wein zu haben“ Bewerbungen auf WG Zimmer und die teils unangenehmen Castings. Darauf hatte Max keine Lust. Den Plan, sich einen Bus zu kaufen und nach eigenen Wünschen auszubauen, hatte er schon länger. Noch ein Grund mehr, den Bus zu optimieren und sein eigenes Ding zu machen. Die Anschaffung des Vans „Marti“ war beschlossen.

Was kostet der Spaß?

Der Mietpreis für ein WG-Zimmer in Freiburg lag 2020 im Schnitt bei 507 Euro monatlich. Damit liegt die Stadt hinter München, Stuttgart und Frankfurt auf Platz vier der teuersten Städte in Deutschland. Für Max waren die Kosten nicht der Hauptgrund sich für Marti zu entscheiden. Mit initialen Anschaffungs- und Ausbaukosten von ca. 3000 Euro kam er verhältnismäßig günstig davon. Neben den jährlich anfallenden Kosten für Steuer und Versicherung hat er mit monatlich ca. 300 Euro relativ geringe Kosten. Da er seine Ferienwohnung immer bei sich hat, fallen die Kosten für Unterkünfte im Urlaub weg. Außerdem entfällt die Suche für eine*n Zwischenmieter*in in den Semesterferien.

Max läuft mit Klappspaten und Klopapier in der Hand auf seinen Bus zu
Den Klappspaten immer dabei

Wie läuft das mit der Körperhygiene?

Auf den Bildern in den sozialen Netzwerken wird das Thema Körperhygiene meist nicht thematisiert. Im Alltag stellt sich vor allem die Frage: Und wenn ich duschen will? Max war hierzu bei seinen Freunden oder in der Boulderhalle. Wenn du „bouldern“ nicht kennst, kannst du dir diesen Artikel anschauen. Er beschreibt den Unterschied zwischen bouldern und klettern. Im Sommer können auch Seen oder Flüsse genutzt werden.

Ohne dabei näher darauf einzugehen, gehen wir jetzt einfach mal davon aus, dass für das „Geschäftliche“ die Uni oder der Klappspaten genutzt werden.

Reportagen wie das Video „So ist Vanlife wirklich“ zeigen, dass Körperhygiene ein zentrales Thema ist. Hier berichten zwei Studierende von ihrem Alltag im Van.

Wo den Van parken?

Die Nähe zur Natur und die Flexibilität sind nur zwei Gründe, warum Max das Leben im Bus gerne mag:

  1. Du lernst die Stadt auf eine eigene Art und Weise kennen.
  2. Mit dem Bus kannst du in jedem Viertel wohnen und so die Vorzüge genießen – vorausgesetzt du findest einen geeigneten Parkplatz.

Fakt ist aber: Du wachst nicht jeden Morgen auf dem schönsten Parkplatz mit dem tollsten Ausblick auf.

Hinweis: Zum Thema parken solltest du auch die rechtliche Situation in Deutschland kennen. Es gilt einige Regeln zu beachten, die ein Anwalt in dem Video „Darf ich in meinem Auto wohnen?“ erklärt.

Die Wohnform ist nichts für jede*n. Max stellt klar, dass du gut mit Einsamkeit klarkommen muss. Das ist Fluch und Segen zugleich. Für ihn überwiegen jedoch die positiven Aspekte. Der Alltag im Bus entschleunigt – statt digitaler Dauerstress greift er zu einem Buch, genießt die Natur, optimiert seinem Bus oder schraubt an seinen Fahrrädern. Der Alltag im Bus besteht aus viel Planung, Organisation und Geduld. Das zieht sich durch alle alltäglichen Aufgaben.

Es ist jetzt nicht so easy peasy Vanlife, alles chillig, es ist schon anstrengend!

Max

Im Winter nachts von einer Party heimkommen und bei Minusgraden im Bus erst mal den Ofen anschmeißen. Es gibt mit Sicherheit Schöneres. Hier kam Max kurz der Gedanke „Warum tue ich mir das an?“. Aber letztlich überwogen für ihn dann doch die positiven Aspekte.

Wie ist das mit der Sicherheit?

Max hat wegen seiner Sicherheit keine Bedenken. Sicherheit ist wohl ein individuelles Gefühl. Manche Menschen fühlen sich in bestimmten Vierteln wohl, Andere bevorzugen den ruhigen, einsamen Platz am Stadtrand. Am besten hörst du auf dein Bauchgefühl und tauschst dich mit anderen aus. Wer länger im Bus lebt, entdeckt mit der Zeit seine Lieblingsplätze, an denen er sich wohlfühlt.

Hinweis: In jeder neuen Stadt, Region und vor allem im Ausland muss „Sicherheit“ neu eingeschätzt werden. Der Artikel „Sicherheit im Wohnmobil“ gibt einen Überblick, wie die Sicherheit im Van erhöht werden kann. Informiert euch am besten vor Reisen in Foren oder über offizielle Stellen, wie dem auswärtigen Amt über eure nächsten Wunschziele. So könnt ihr die Situation vor Ort besser einschätzen.

Vanlife in Offenburg?

Auch hier ist ein Leben im Van möglich. Offenburg lag 2020 mit 356 Euro für ein WG-Zimmer im Schnitt im oberen Mittelfeld. Ähnlich wie in Freiburg musst du als Vanlifer organisiert und unabhängig sein. Der Hochschulparkplatz kann zwischenzeitlich als Parkmöglichkeit dienen. Vorteil hier ist, dass das WLAN an manchen Plätzen bis auf den Parkplatz reicht. An der Stelle gilt allerdings: surfen ja, streamen nein.

Bei Camping Kuhn und an Wohnmobilstellplätzen in Durbach hast du die Möglichkeit deinen Wassertank aufzufüllen. Für Schmutzwäsche kannst du den Waschsalon in Offenburg nutzen. Wie in jeder anderen Stadt gilt auch hier: Oft den Parkplatz wechseln, keinen Müll hinterlassen und Planung, Planung, Planung. Aber: Durch die Pandemie ist momentan auch hier alles schwieriger oder gar nicht machbar.

Dann kam Corona…

Die Coronapandemie hat auch das Leben im Bus erschwert. Das Lernen in der Bibliothek und der Zugang zum Internet fehlen auf Dauer. Vorlesungen über Zoom und digitale Semester gestalten sich zäh. Soziale Kontakte sind nur eingeschränkt möglich. Dazu kommt, dass immer mehr Menschen auf diese Art ihren Urlaub verbringen und „Social Distancing“ betreiben. Aus diesem Grund werden auf Parkplätzen immer mehr Verbotsschilder aufgestellt und die Menschen reagieren sensibler.

Letztlich entscheidet sich Max doch dafür in eine WG zu ziehen. Marti nutzt er nun für seine Freizeit. Er genießt es vor allem in Zeiten von Corona unabhängig und flexibel zu sein. Für den Urlaub gilt es dann die coolsten Plätze ausfindig zu machen, dann ist auch die gute Laune vorprogrammiert.

Und ist es nun eine Alternative zur WG?

Wenn man sich mit einem minimalistischen Lebensstil wohlfühlt, selbständig und organisiert ist – vielleicht. Für Max mit seinen Hobbys und seinen Interessen abseits der Uni auf jeden Fall. Corona hat den Alltag von uns allen verändert. Wenn die Pandemie nicht gewesen wäre, hätte er das Leben im Bus in jedem Fall favorisiert. Natürlich schätzt er es vor allem in diesen Zeiten sein eigenes kleines soziales Netzwerk zu haben.

Fakt ist, Vanlife stellt man sich in dem meisten Fällen einfacher und cooler vor, als es tatsächlich ist – vor allem im Alltag. Das Gefühl von Freiheit, Unabhängigkeit und die Nähe zur Natur mit schönen Sonnenuntergängen ist eben nur eine Seite der Medaille. Ständige Platzwechsel und Tage ohne Dusche, gehören genau so zum Alltag, wie der begrenzte Platz. Wer die Möglichkeit hat, sollte es jedoch unbedingt mal für einen Urlaub oder ein Wochenende ausprobieren. Bleibt nur zu sagen: Go for it!

Tipps und Empfehlungen:

Interessanter Artikel inklusive Reportage wie „Corona den Vanlife-Trend anheizt“
– Mit der App park4night findest du die schönsten Orte und Plätze zum parken

Der Artikel „Das Leben in einer Wohngemeinschaft – so funktioniert das Zusammenleben garantiert“ als Inspiration für dein WG-Leben

*Name auf Wunsch geändert

Bildquellen

Roadtrip durch Norwegen – Aufnahme Max

Den Klappspaten immer dabei – Aufnahme Max