Alle Beiträge, Studentenleben

Zwei Nummern zu groß – ein Abschlussfilm und andere Katastrophen

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Zwei Nummern zu groß – ein Abschlussfilm und andere Katastrophen

Es gibt diese seltenen Momente im Leben eines Produzenten, wenn man ein Drehbuch auf den Tisch bekommt, es liest und sofort weiß, dass der Stoff Potential hat. Genauso war es im Februar 2016, als mein Kumpel Simon Schneckenburger mit seinem Abschlussfilm „Am Tag die Sterne“ zu mir kam und mich fragte, ob ich mir nicht vorstellen könnte, diesen zu produzieren.
Ohne zu überlegen, stieg ich mit ein und begab mich auf eine Reise, von der ich noch nicht ahnte, wie fordernd sie sein würde. Schließlich war ich im fünften Semester und es ging um eine Abschlussarbeit, die es in sich hatte. Dank der zwei vorherigen Filme, die Simon an der Hochschule realisiert hatte, konnten wir ein Team für das Projekt schnell begeistern. Geplant war, den Film noch in 2016 zu drehen und vorher noch nach Sponsoren zu suchen. Also mussten wir schnell loslegen.

Wie alle m.gp Studenten konnten auch wir bei den Professoren jammern und nach Geld betteln, aber es gibt eben nicht unbedingt viel finanzielle Unterstützung in Relation zu unseren angepeilten Herstellungskosten. Zusammen mit einem Grafiker erstellten eine Sponsorenmappe: Nicht zu verspielt, eher so, als ob man einer regionalen Maschinenbaufirma etwas verkaufen möchte. Inhaltlich gingen wir auf die Story ein: Es gab eine Directors Note (die Intention des Regisseurs für den Film), eine kleine Crew & Cast Vorstellung und vor allem eine Kalkulation des Projekts (nicht zu detailliert), der man entnehmen konnte, welcher Posten wie viel kostet.

Die Sponsorenmappe mit einem Umfang von zwölf Seiten gaben wir bei einer kleinen Druckerei in Druck. Als nächstes besorgten wir uns eine Liste von Firmen mit Ansprechpartnern in der Geschäftsführung oder im Marketing. Die schicke Broschüre mit dem unterzeichneten Brief packten wir in einen großen Umschlag und schickten ihn an diese Firmen. Leider war die Rückmeldung eher eine traurige Geschichte. Von 70% der 120 Firmen kam keine Rückmeldung. Die meisten verbleibenden schickten eine kurze Absagemail. Unsere Idee bei dieser Aktion war es, auf den Heimvorteil von Simon zu bauen. Er hatte bereits den “Deutschen Jugendfilmpreis” gewonnen. In seiner Heimat kennen ihn die meisten Leute und daher adressierten wir auch nur Firmen im direkten Umfeld. Im Laufe der letzten Jahre hatten wir gelernt, dass Marketingleiter keinen Mehrwert im Unterstützen von studentischen Filmen sehen, und so gingen wir erst gar nicht auf einen potentiellen Marketing-Mehrwert ein, sondern versuchten es eher als Kunst- & Kulturförderung zu verkaufen, was bei den Firmen, die uns dann letzten Endes unterstützten, auch gelang.
Insgesamt sieben regionale Sponsoren waren interessiert. Die Beträge lagen zwischen knapp über hundert Euro und im vierstelligen Bereich. Ein persönliches Treffen wurde meist ausgeschlagen, Sponsoren wollen eher zur Premiere eingeladen werden, als zwei Stunden mit jemand über Filmvisionen zu reden. Angesichts der wenigen Rückmeldungen war das doch eine positive Wendung. Nur wie kommt man an das Geld? Nach einigem Hin und Her wurde klar: der einzige Weg war eine zweckgebundene Spende der Firma an die Hochschule. Der Marketingverantwortliche / Firmeninhaber verfasste eine Mail an das Produktionsbüro mit einer einfachen Erklärung, dass er gerne Betrag X an die Abschlussarbeit XY spenden möchte. Das Produktionsbüro leitete die Mail an die Finanzstelle der Hochschule weiter und die regelten dann mit der Firma den Rest. Schließlich benötigen Firmen für ihre Buchhaltung eine offizielle Spendenquittung. Und eine solche können nur gemeinnützige Vereine und Institutionen ausstellen.

Während ich mich um Sponsoren und Produktion kümmerte, klärte Simon alles mit dem Cast ab. Die Technik war bereits reserviert, der Drehzeitraum stand – im Juli sollte es losgehen. Trotz der wenigen Zeit und der großen Ambitionen funktionierte alles.

Eine Woche vor Drehbeginn, es war ein schöner, warmer Sommertag in Kirchzarten, im kleinen Team machten wir unsere dritte und finale Locationtour, als ein Anruf unseres Hauptdarstellers kam. Der Nachdreh der Netflix Serie Dark hatte sich verschoben. Er hatte jetzt nur noch ein dreitägiges Zeitfenster für unseren Dreh. Allen war klar, dass man ein 40 Seiten Drehbuch nicht an drei Tagen in den Kasten bekommt. Es war der GAU.
Dieser Anruf änderte alles. Wir mussten uns erstmal setzen und überlegen, wie es weiter gehen konnte. Das sind die Momente, die man als Produzent unbedingt vermeiden will, wenn Sie aber doch kommen, sind sie auch die größte Chance sich zu beweisen…

Der zweite Teil des Beitrages erscheint in Kürze hier im Newsroom.

von Fabian Linder