Studium

Prof. Dr. Oliver Schäfer: Einmal Baden – Berlin und zurück

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Prof. Dr. Oliver Schäfer: Einmal Baden – Berlin und zurück

Es ist ein kühler Donnerstagvormittag, an dem mich Prof. Dr. Oliver Schäfer in seinem Zoom-Raum empfängt. Die Bürowand hinter ihm ist u.a. mit goldenen Schallplatten von Alvaro Soler oder der Kelly Family geschmückt. Wieso das so ist und wie ihn TV-Juristin Barbara Salesch beim Jura-Studium unterstützte, lest ihr in diesem Porträt.

Als Studierende kennen wir Herrn Schäfer vor allem durch seine Vorlesungen IT-Recht oder Recht im E-Commerce und Online-Marketing. Dass es ihn irgendwann in die Rechtswissenschaft verschlägt, war allerdings nicht immer klar. Aufgewachsen ist Herr Schäfer am Kaiserstuhl, zur Schule ging er auf ein deutsch-französisches Gymnasium in Freiburg. Seine Abiturfächer deuteten noch nicht auf ein Jura-Studium hin, er belegte nämlich den naturwissenschaftlichen Zweig und schrieb Abiturprüfungen, neben Deutsch und Französisch, in Mathematik, Chemie und Physik. 

Die Mathematik gefiel ihm damals sehr gut und so lag der Gedanke nahe, ein Informatik-Studium zu beginnen. Letztendlich entschied er sich allerdings dagegen, erzählt er schmunzelnd: „Anfang/Mitte der 90er hieß es: ‚Informatik kannst du studieren, wenn du mal arbeitslos sein willst.‘“  

Nach dem Abitur absolvierte Herr Schäfer zunächst noch den zwölfmonatigen Wehrdienst in der deutsch-französischen Brigade. Danach war Informatik immer noch kein Thema, stattdessen sollte es in die Werbe- oder Musikbranche gehen. Da er sich für nicht musikalisch genug hielt, um den direkten Weg über ein Musikstudium zu gehen, begann er in Freiburg Jura zu studieren. 

Vom Breisgau in die Hauptstadt

Nach der abgelegten Zwischenprüfung an der Universität Freiburg wechselte Herr Schäfer 1998 nach Berlin an die Humboldt-Universität. Diese wurde zu der Zeit neu aufgebaut, sodass ein völlig anderer Hochschulbetrieb als in Freiburg herrschte. Keine großen Institute, sondern alle Studierenden und Institute in einem Gebäude bedeuteten, ähnlich wie jetzt an der Hochschule Offenburg, kurze Wege. „… und dann hat das da Spaß gemacht!“ schildert Herr Schäfer euphorisch. 

Die Juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin

Das Urheberrecht war dann das Rechtsgebiet, das ihm am meisten Freude bereitete, weshalb er sich darauf spezialisierte. Schon während des Studiums beschäftigte er sich mit der Schnittstelle zwischen Musik und Online-Vertrieb und veröffentlichte bereits vor dem Examen Publikationen zu Themen wie Music-On-Demand. Naheliegend also, dass es direkt nach dem ersten Staatsexamen mit der Promotion weiterging. 

„Man fühlt sich immer so unfassbar alt, wenn man von Musik-Kassetten erzählt, aber das war mal ‘n Ding!“ 

Prof. Dr. Oliver Schäfer

In seiner Promotion ging es um private Vervielfältigung, was zu der Zeit ein viel größeres Thema war, als es heute ist. „Damals hatten alle Angst, dass jeder kopiert und keiner mehr kauft“, schildert er. Und als dann noch Tauschbörsen aufkamen, in denen Nutzer*innen Filesharing betrieben, also Musikstücke untereinander über eine Plattform austauschten, war das Thema des Rechts auf private Kopien, ob auf CD oder online aktueller denn je. 

Der Weg in die Musikbranche

Anfang der 2000er folgte dann endgültig der schon zu Beginn des Studiums geplante Schritt in die Musikbranche und Herr Schäfer begann bei Universal Music zu arbeiten. Der Online-Vertrieb von Musik kam damals langsam ins Rollen und so landete er zu einer aufregenden Zeit in der Musikwelt. „Das war super spannend“, schildert Herr Schäfer begeistert, „weil man ganz viele neue Geschäftsmodelle mitangestoßen hat.“ Klingeltöne und Musik-Downloads seien damals das große Ding gewesen, ergänzt er und ich fühle mich kurz an die Werbespots zum Jamba-Spar-Abo auf Viva erinnert.

Nach dem zweiten Staatsexamen folgte der Schritt in eine Hamburger Kanzlei, die auf Musikrecht spezialisiert war und deren Berliner Standort er mitaufbaute. Universal behält er in guter Erinnerung, ist er doch weiterhin gut mit seinen ehemaligen Kolleg*innen befreundet. Die Entscheidung trotzdem in eine Kanzlei zu wechseln, begründete er damit, dass die Arbeit in großen Unternehmen ihm zwar Spaß gemacht hätte, jedoch nie so richtig sein Ding gewesen sei: „Ich habe es immer so erlebt, dass man doch immer einen relativ großen Anteil seiner Arbeit mit internen Grabenkämpfen verbringt (…) und das fand ich immer schade.“ Einleuchtend also auch der nächste Schritt in die Selbstständigkeit mit der Gründung einer eigenen Kanzlei in Berlin und damit auch der Beginn der Arbeit mit vielen Künster*innen sowie Platten- und IT-Firmen. 

Prof. Dr. Oliver Schäfer mit Sänger Alvaro Soler

Wer Zoom-Vorlesungen bei Herrn Schäfer besucht, hat sie sicherlich auch schon bewundert: Die goldenen Schallplatten von Alvaro Soler, Michael Patrick Kelly, Santiano oder der Kelly Family hinter ihm an der Wand. Angesprochen auf seine nicht ganz alltägliche Wanddekoration muss er schmunzeln und erzählt, dass das alles Projekte gewesen seien, an denen er beteiligt war und deswegen jeweils sein eigenes Exemplar erhalten hat, auf dem jeweils sogar sein Name steht. „Die sind aber nicht für Zoom aufgehängt worden“ beschreibt er seine „Arbeitsnische“ und ergänzt, dass er lediglich zu faul wäre, die Schallplatten umzuhängen.

Natürlich will ich wissen, wer der oder die beeindruckendste oder nervigste Künster*in war, den oder die er kennenlernen durfte. Doch leider darf er als Anwalt natürlich nicht so richtig aus dem Nähkästchen plaudern. Beeindruckend (und bunt gemischt) ist die Liste der prominenten Mandant*innen, mit denen er schon gearbeitet hat, trotzdem: Von Peter Maffay und Rammstein über Till Brönner und Ben Zucker bis hin zu Matthias Schweighöfer, dazu auch bekannte Architekten wie Jürgen Mayer H. und bildende Künstler. 

Von der Hauptstadt zurück in die Heimat 

Die beeindruckende Liste von Künstler*innen tauschte Herr Schäfer dann in Studierendenlisten ein und ist seit 2016 Professor an der Hochschule Offenburg. Einerseits weil es ihn und seine Familie zurück in Heimat zog, andererseits weil ihm die Lehre schon immer Spaß gemacht hätte. „Das ist eine ganz andere Form von Feedback, die man von Studierenden bekommt“, erzählt er von den Unterschieden zwischen Lehre und Praxis. Das Unterrichten von Nicht-Juristen als Jurist beschreibt Herr Schäfer augenzwinkernd als „einen Kampf bergauf“. Seine größte Motivation und Freude ist es, Studierende dazu zu bringen, das Fach am Ende des Semesters nicht mehr aus Zwang, sondern aus Interesse zu besuchen. Eine Studierende habe sogar mal das Studium abgebrochen, um Jura zu beginnen. „Das ist natürlich jetzt keine gute Werbung“, lacht Herr Schäfer, „die Leute sollen natürlich dableiben.“ 

Ich hatte schon immer Lust auf Lehre. Ich unterrichte gerne!

Prof. Dr. Oliver Schäfer

Abseits der Hochschule ist Herr Schäfer voller Familienmensch und verbringt sehr gerne Zeit mit seiner Frau und seinen beiden Kindern und in der Natur. „Ich bin froh, wenn ich mal rauskomme und mal was anderes sehe“, erklärt Herr Schäfer und erzählt von seinem nächsten geplanten Urlaub in der Toskana. Auf die Frage, ob er im Urlaub dann eher aktiv wird oder lieber in der Sonne entspannt, entgegnet er verschmitzt: „Ich hab‘ eine sehr aktive Frau, und das macht mich dann auch aktiv“. 

Um abzuschalten hört Herr Schäfer gerne Podcasts oder Musik: „Nicht als Hintergrund, sondern gerne bewusst“, erklärt er und empfiehlt mir das neue Album von Danger Dan: „Das läuft aktuell viel bei mir“.  Da auch Serien beliebt bei ihm sind, komme ich natürlich nicht drumherum, ihn auf Suits anzusprechen. Ob man sich das Leben als Anwalt so vorstellen kann, wie das turbulente von Harvey Specter, einer Hauptfigur der Serie, beantwortet er schmunzelnd mit einem kurzen und knappen: „Ja, selbstverständlich“. Nach einer kurzen Pause stellt er dann allerdings doch den Realitätswert der Serie in Frage: „Die Krawatten sind zu breit!“ 

Seit 1. Juni ist Prof. Dr. Oliver Schäfer (2. v. l.) Prorektor für Studium und Lehre

Als klugen Juristenspruch und Tipp für die Studierenden empfiehlt er den wohl klassischsten Juristen-Satz „Es kommt drauf an“. Damit könne man sich zwar nicht irgendwo durchmogeln, allerdings könne man damit ganz gut Zeit gewinnen, um ein gutes Diskussionsargument zu finden. Einen abschließenden Rat für die Studierenden hat er dann aber doch noch: Das machen, was einem*r Spaß macht und wofür man brennt. „Das ist zwar platt und klingt abgedroschen, aber so ist’s“, rät Herr Schäfer und ergänzt: „Alle externen Gründe eine Ausbildung zu machen können gut und richtig sein, aber letztendlich sind Sie es, die den Rest Ihres Lebens damit verbringen müssen.“

Einmal von Baden nach Berlin und wieder zurück – so verlief die Karriere von Prof. Dr. Oliver Schäfer. Seit dem 1. Juni 2021 ist er in neuer Funktion an der Hochschule tätig, als Prorektor für Studium und Lehre. Dass er von nun an selbst weniger in der Lehre aktiv sein kann, findet nicht nur er selbst schade. Auch Studierende, die nun auf Vorlesungen von Herrn Schäfer verzichten müssen, empfinden das so, verpassen sie doch einen spannenden Einblick in die Medien- und Musikbranche aus der Sicht eines Juristen. 

Vier schnelle Fragen an Prof. Dr. Oliver Schäfer

Offenburg oder Gengenbach?
„Das ist gemein! Das ist deswegen gemein, weil ich gerade nach Offenburg umziehe und Gengenbach sehr mag. (…) Ich mach’s mir einfach und sag: beides! Und zwar deswegen, weil wir eine Hochschule sind.“

Früh aufstehen oder ausschlafen?
„Ich find ausschlafen schon gut, ich machs nur nie… früh aufstehen!“

Online bestellen oder im Laden einkaufen?
„Kommt sehr auf’s Produkt an. Die meisten Sachen aber eher online.“

Barbara Salesch oder Alexander Hold?
„Wir haben das ein paar Mal geguckt als wir im Referendariat waren. Da hat man unter anderem eine Station bei der Staatsanwaltschaft und wird ins kalte Wasser geworfen. (…) In der Situation kriegen Sie eine Robe an und machen Sitzungsvertretung für den Staatsanwalt (…). Dann wird man in den Gerichtssaal gestellt und muss irgendjemanden anklagen. Und das erzählt einem vorher niemand, wie’s geht. Und wir haben uns damals dann Barbara Salesch angekuckt, (…) weil das zumindest damals prozessual alles richtig war. Und um das Gefühl zu kriegen, was macht man eigentlich als Staatsanwalt in einem deutschen Gerichtssaal, haben wir uns das ein paar Mal angeschaut. Deswegen Barbara Salesch, auch weil es das Einzige ist, was ich mal gesehen habe.“

Solltest Du jetzt Lust auf Einblicke in das Leben von Professor*innen bekommen haben, findest Du im Newsroom weitere tolle Portraits, unter anderem von

Prof. Dr. Ute Rohbock

oder auch von Prof. Dr. Andrea Müller.

Quellen
Bildquellen
  • Beitragsbild: Hochschule Offenburg, Prof. Dr. Oliver Schäfer (Eigene Bearbeitung)
  • Juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin: Humboldt-Universität
  • Prof. Dr. Oliver Schäfer mit Alvaro Soler: Prof. Dr. Oliver Schäfer privat
  • Neue Prorektoren der Hochschule Offenburg: Hochschule Offenburg