Studium

Auslandspraktikum in Shenzhen

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Auslandspraktikum in Shenzhen

1,34 Milliarden Menschen, 18 Klimazonen, 22 Anrainerstaaten. China gehört damit nicht gerade zu den Zwergstaaten dieser Erde.

Und wo bist du genau?

Ich bin zur Zeit in Shenzhen, einer 10 Millionen-Einwohner Stadt vor den Toren der ehemaligen Kronkolonie Hong Kong.

Noch nie davon gehört?

Kein Problem, ich auch nicht. Vor nicht mal 30 Jahren waren hier nur Reisfelder und eine 30.000 Einwohner-Stadt die man in China getrost als kleines Kaff bezeichnen kann. Shenzhen ist eine Planstadt, in wenigen Jahrzehnten für den Handel mit dem Westen aus dem Boden gestampft. Seit einiger Zeit ist es eine Sonderwirtschaftszone, wie Shanghai, Hong Kong und Macau. Für Ausländer ist es daher leichter, Firmen zu eröffnen Handel zu treiben, und besonders im produzierenden Gewerbe Fabriken zu eröffnen. Die Firmen in diesen Handelsenklaven werden regelrecht mit Subventionen gepäppelt. Alles um das für China so wichtige Wachstumsziel von 7% zu halten. Eine magische Marke die viel mit der politischen Stabilität des Landes zu tun hat.

Und was machst du jetzt eigentlich?

Ah, da war was. Ich arbeite für eine deutsche Firma aus der Nähe von Wiesbaden. Wir vertreiben IP-Kameras und Überwachungstechnik. Die Firma ist in Deutschland gelistet, zahlt dort Steuern, doch bis auf das Lager und die Werkstatt befindet sich nichts in Deutschland. Der Hauptteil der Mitarbeiter, sitzt im 19.Stock eines Bürohochhauses in Nan tou, Nanshan District, Shenzen. Von hier aus arbeiten wir werktags zwischen 18:00 Uhr und 2:00 Uhr morgens.

Wieso das?

Ganz einfach. Support, Support und nochmal Support. Man lernt sehr schnell was deutsche Kunden von anderen Ländern unterscheidet, viele sind der Ansicht, dass man mit einem Produkt gleich die ganze Firma und deren Arbeitszeit mitkauft. Neben dem Kundensupport stellen wir eine Weboberfläche, Firmware zusätzliche Software, eine App, einen SMTP und bald eine Cloud-Server zur Verfügung.

Wer jetzt denkt, hier arbeiten nur Vollblut-Programmierer der irrt sich. Einzig die App wird von einem studierten Programmierer erstellt. Ansonsten reicht das Spektrum von Hobby-Programmierer mit abgebrochenem Studium, Diplom Physiker, Diplom Chemiker, Elektrotechniker zu Asienwissenschaften und einem Kerl aus Indien, der eine Universität wohl noch nie von innen gesehen hat. Es ist nicht so einfach Mitarbeiter zu finden, die bereit sind in Europa ihre Zelte abzubrechen, um dauerhaft nach China zu kommen. Daher zählt es hier auch wenig, was du studiert hast, sondern was du bereit bist dazuzulernen! Die Firma wächst, will heißen, es funktioniert.

Mein Arbeitsbereich ist daher auch etwas gesplittet. Werbevideos, 3D-Animation, Tutorials, Logo- und CI-Design, Techniksupport, Webseite, Übersetzungen und ab und an mal eine Kamera zerlegen um zu wissen wovon man redet. Fehler sind hierbei selbstverständlich vorprogrammiert. Doch da wir bei jedem neuen Kameramodell ohnehin von vorn anfangen müssen, ist es besser wir machen die Fehler, bevor unsere Kunden dazu kommen sie vor uns zu machen.

„Und ja, in China essen sie Hunde!“

Leider verbessert sich mein Chinesisch dadurch eher mäßig bis gar nicht. Da ich ohne Vorkenntnisse nach China gekommen bin, ist mein Wortschatz auch noch nicht wirklich über ein paar Gerichte, die Zahlen und das Nötigste hinaus gekommen. Da die meisten Chinesen jedoch kein Englisch sprechen, und das auch bei den Jüngeren nicht selbstverständlich ist, würde ich wenn ich ein zweites Mal hierher kommen würde auf jeden Fall einen Basiskurs besuchen. Das bringt zwar nicht viel, da die Sprache sehr vielfältig ist, jedoch bewahrt es dich davor am Anfang wie ein Urmensch in der Höhle zu kommunizieren.

Da wir jeden Abend gemeinsam Essen gehen, bekommt man einen guten Überblick über die Asiatische Küche. Neben der sehr scharfen chinesischen Küche die sehr fettig und ungesund ist, gibt es hier von thailändisch, vietnamesisch bis japanisch und westlich alles was man sich wünscht. Zu empfehlen ist natürlich auch die sehr eigene regionale kantonesische Küche die in China einen eigenen Status genießt. Und ja, in China essen sie Hunde! Ich kam noch nicht dazu, bisher habe ich nur Taube genossen, sehr nussig. Wer sich nicht zu schade ist, kann auch 1000-jährige Eier, stinky Tofu, und allerlei gewöhnungsbedürftige Spezialitäten genießen.